Donnerstag, 5. September 2024

Bedrohliche Dreistigkeit macht sich breit

Es ist, wenn man dem Slogan der Plakatwerbung, die in den vergangenen Wochen für Aufsehen sorgte, Glauben schenken kann, die "Stimme Österreichs". Es ist, wie man nach langem Rätselraten mittlerweile weiß, die Kronen Zeitung, die sich anmaßt, das zu sein. Und das macht Sorgen. Zum einen, weil eine Zeitung ganz unverhohlen versucht, gleichsam mit einem eigenen Programm im Wahlkampf mitzumischen. Zum anderen aber, weil da Forderungen plakatiert werden, die es in dieser Deutlichkeit und Unverfrorenheit auch bisher nicht gab. Eine dieser Forderungen sorgte für ganz besonderes Aufsehen. "Schützen wir die Wiesen und Felder, nicht die Grundbesitzer" wird da in dicken Lettern plakatiert. Da können einem schon Bilder durch den Kopf gehen. Da braucht man gar kein Land- oder Forstwirt zu sein.

Das ist eine neue Qualität in der öffentlichen Diskussion, die durchaus Sorgen machen kann. Nicht mehr nur NGOs und Grüne stellen solche Forderungen. Das Denken und die Haltung, die hinter dieser Forderung stehen, kennt man ja aus den einschlägigen Kreisen schon seit längerem. Nun aber kommen sie auch von außerhalb dieser Kreise, von der größten Tageszeitung im Land, deren Herausgeber und Miteigentümer Christoph Dichand einer der Reichsten im Land ist. Arglos und ganz bewusst werden da Grenzen überschritten. Man macht Stimmung und hat auch keine Probleme Eigentum anzugreifen.

Was die "Krone" plakatiert, passt nahtlos zum Verständnis von Politik, das auch von NGOs immer unverfrorener und mit immer weniger Zurückhaltung vorgelebt wird. Was demokratisch nicht erreicht werden kann, versucht man immer dreister durchzusetzen. Unter dem Deckmantel des Klimaschutzes ist man bereit, weit über alle Grenzen zu gehen. Die Land-und Forstwirtschaft etwa, und nicht nur die, sieht man dort als Teil des Gemeinwohls. Der Wald, der Boden und das Wasser seien "allgemeines Gut" ist dort immer öfter ganz ungeschminkt zu hören. Da könne man "die Verantwortung nicht Einzelnen überlassen", da müsse man sich "nicht nur an Gesetze halten, sondern da müsse man alles größer sehen und denken".

Und da sei es nur recht und billig, dass die Gesellschaft mitredet - ganz so, als ob die Gesellschaft nicht schon jetzt mitreden würde. Und das gar nicht wenig. Gerade die Bauern und Forstwirte können ein Lied davon singen. Vorschriften und Kontrollen überall und bis zum Abwinken, die ihnen das Wirtschaften verleiden. Und immer noch kein Ende in Sicht, denkt man nur an die Diskussionen rund um Green Deal und Renaturierung oder an die Entwaldungsverordnung, die vielen regelrecht Existenzsorgen bereitet.

So viel Dreistigkeit, so viel Begehrlichkeit und so viel Unverschämtheit auch, war in diesem Land kaum je zu hören. Es ist zuweilen so, als würde etwas kippen in dieser Gesellschaft. Das Verständnis für andere schwindet rasant, ein Schwarz-Weiß-Denken greift in schier atemberaubendem Tempo um sich. Tabus waren gestern. Verantwortungsloser Populismus nicht nur aus den einschlägigen Ecken macht sich breit. Vom Grundbesitz über die bis zur Vermögensbesteuerung bis zur Erbschaftssteuer -ins Eigentum einzugreifen wird immer öfter für selbstverständlich gehalten.

Diese dreisten und simplen Forderungen überall, dieses Unverständnis für andere, dieses Negieren von Zusammenhängen greift immer weiter um sich. Längst muss man sich Sorgen machen, dass da die demokratischen Strukturen, das höchste Gut das wird haben, unter die Räder kommen. Und das nicht nur wegen Politikern wie Kickl, auf die alle zeigen. Politiker anderer Parteien, wie Babler, viele Grüne oder die Kommunisten, stehen dem Chef der Freiheitlichen um nichts nach, wenn es darum geht über Grenzen zu gehen und das System zu verändern und auch auszuhebeln. Und schon gar nicht manche NGO oder Aktivisten, die kein Problem damit hätten, Maßnahmen, etwa zum Schutz der Umwelt, auch mit Zwang und unter Beugung des Rechtes durchzusetzen, wenn sie nur die Möglichkeit dazu hätten.

Es macht Staunen, wie schnell man den Rechtsstaat vergisst und wie leichtfertig man mit ihm umgehen würde, wenn man nur die Gelegenheit dazu bekäme. Dahinter mag die Sehnsucht der Menschen nach einfachen Antworten und nach schnellen Lösungen stehen und vielleicht echte Sorge stehen. Dass freilich dieser Weg noch kaum je zum Ziel führte, sollte man nicht vergessen. Schon gar nicht, wenn er die Grenzen des Respektes und der Rechtsordnung überschreitet.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 5. September 2024

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