Dienstag, 31. Dezember 2024

Alles Gute & Guten Rutsch!

 


Ich danke allen Leserinnen und Lesern und allen Followerinnen und Followern für ihr Interesse und wünsche das Allerbeste fürs neue Jahr - drunter geht es diesmal wohl nicht, nach allem was wir heuer erleben, erfahren und mitmachen mussten ;-)

Guten Rutsch!

Freitag, 27. Dezember 2024

Bio will sich nicht unterkriegen lassen

Die heimische Biolandwirtschaft, lange erfolgsverwöhnt, hat zu kämpfen. Nun hofft man, dass die Talsohle durchschritten ist.

Hans Gmeiner 

Salzburg. Die heimischen Biobauern, jahrelang erfolgsverwöhnt, haben ein schwieriges Jahr hinter sich. Nach Jahren des Wachstums und dem Höhenflug während der Coronapandemie kam der Markt ins Stottern. Die Absatzzahlen gingen zurück und die Preise auch. Der Abstand zwischen den Preisen für Bioprodukte und konventionell erzeugte Waren schrumpft, der Handel verkaufte Bioprodukte zuweilen billiger als konventionelle Ware. Die Einkommen der Biobauern gingen deutlich zurück. Knapp 1000 Bauern stiegen sogar aus dem Biolandbau aus. Zudem geriet Bio Austria wegen Importen in die Schlagzeilen und man musste zusehen, wie die EU von ihren Green-Deal-Plänen, in die man große Hoffnungen setzte, abrückte.

Nun aber glaubt man, die Talsohle erreicht zu haben. „Die Stimmung der Bauern, die vor einem Jahr noch einigermaßen getrübt war, ist wieder am Besserwerden“, sagen Barbara Riegler und Susanne Maier, Obfrau von Bio Austria die eine und Geschäftsführerin des mit 12.500 Mitgliedsbetrieben größten Biobauernverbandes im Land die andere. „Wir sind positiv überrascht, wie sich der Markt entwickelt“, sagen sie.

Die RollAMA, die in regelmäßigen Abständen den Biomarkt analysiert, wies im ersten Halbjahr zumindest wieder mengenmäßige Zuwächse im Absatz aus. Auch der Bioanteil im Handel ist nach einem deutlichen Rückgang 2022 und 2023 im Jahr 2024 wieder gestiegen. Für die zweite Hälfte 2024 liegen zwar noch keine Zahlen vor, bei Bio Austria erwartet man aber, dass sich der Trend wieder gefestigt hat.

Riegler und Maier sind überzeugt, dass die Biolandwirtschaft auf einem guten Weg ist. Das bestätige sich immer wieder, gleich ob man mit jungen Konsumenten oder jungen Bauern rede. „Ich stelle fest, dass der gesellschaftliche Druck hin zu Bio und Ökologisierung größer wird“, sagt Riegler. „Die Leute erwarten, dass Grund und Boden für alle geschützt werden“, das zeigten auch Umfragen. „Die Leute wünschen, dass da mehr gemacht wird.“

Österreichs Agrarpolitik rühmt sich gern, dass der Anteil der Biolandwirtschaft in kaum einem anderen Land so hoch ist wie hier. Mehr als 24.000 Bauern, gut 23 Prozent aller Betriebe, wirtschaften nach den Grundsätzen des Biolandbaus. Der Anteil der Flächen beträgt sogar 27 Prozent. Der Biomarkt in Österreich ist knapp 2,99 Mrd. Euro groß und wird vom Lebensmittelhandel dominiert, auf den 79 Prozent davon entfallen. 13 Prozent des Bio-Umsatzes entfallen auf Direktvermarktung und den Bio-Fachhandel und acht Prozent auf die öffentlichen Versorgungseinrichtungen, Kantinen und die Gastronomie.

Die wichtigsten Hebel, die Absatzmärkte für die Bauern zu vergrößern, aber auch von den Exportmärkten unabhängiger zu werden, sind für die Bio-Austria-Führung die öffentliche Beschaffung, öffentliche und private Kantinenbetreiber und die Gastronomie und Hotellerie. Der Markt verspricht einiges, werden doch zumindest während einer Arbeitswoche rund 2,5 Millionen Mahlzeiten außer Haus eingenommen.

Vor allem Bioprodukte in der öffentlichen Beschaffung unterzubringen, erweist sich freilich als „Bohren in harten Brettern“, wie Maier das formuliert. „Die Zielvorgabe von 25 Prozent, auf die sich die Politik verständigte, wird nicht kontrolliert“, beklagt Maier. Dennoch gibt sie sich zuversichtlich, dass der Anteil der öffentlichen Beschaffung, der Kantinen und der Gastronomie und Hotellerie stark zulegt. „Ich hoffe, dass in absehbarer Zeit der Marktanteil dieses Bereichs auf 20 Prozent wächst.“

Die Agrarpolitik hat zwar vor wenigen Wochen bei der Förderung der Biolandwirtschaft mit einem 20-Millionen-Euro-Paket beim Umweltprogramm, das vor zwei Jahren bei seiner Einführung für Unmut sorgte, nachgebessert, dennoch wollen die Biobauern die Politik nicht aus der Pflicht entlassen. „Markt und Absatzmöglichkeiten müssen gemeinsam wachsen“, fordern Riegler und Maier unisono. „Wenn die Politik sagt, sie will die Ökologisierung der Landwirtschaft vorantreiben, dann muss man schauen, wie dieses Ziel zumindest im Inland unterstützt werden kann.“

Im Zentrum davon sieht man bei Bio Austria die Agrarmarkt Austria (AMA). Es gebe zwar „gute Zusammenarbeit“, gefordert wird aber, dass die AMA im Biobereich „mehr tut und Bioprodukte eigens beworben werden“. Auf den Märkten brauche es einen „ernst gemeinten Anschub“. Bio-Austria-Obfrau Riegler hat dabei sehr konkrete Vorstellungen. „Wenn der Anteil der Biobetriebe bei knapp einem Viertel liegt, dann müsste eigentlich auch der Anteil der Werbung für Bio bei knapp einem Viertel liegen.“

Alles, was die Biobauern vom Export unabhängiger mache, sei hilfreich, sagt Riegler. Denn dort droht Ungemach. Nicht nur, dass in Ländern wie Deutschland die Bioproduktion wächst und damit die Konkurrenz härter wird. Die großen Handelsketten schreiben dort die Mitgliedschaft bei nationalen Bioverbänden vor. Schon jetzt sind rund 2300 Bauern aus Österreich in Deutschland Mitglied bei Naturland, mit dem Rewe und Aldi zusammenarbeiten, um weiterhin – vor allem Milch – liefern zu können. Für Bio-Austria-Mitglieder gibt es zwar Doppelmitgliedschaften, mitzureden hat man bei Naturland, das dabei ist in Österreich eigene Strukturen aufzubauen und um Mitglieder wirbt,  allerdings kaum etwas, was die Position nicht nur auf den Exportmärkten  empfindlich schwächen kann.

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 27. Dezember 2024

Donnerstag, 19. Dezember 2024

Hoffen, dass man wieder hoffen kann - das zumindest

"Geschenkekauf bleibt krisenresilient", wurde dieser Tage von den Medien vermeldet. Na Gott sei Dank denkt man da, immerhin etwas ist stabil geblieben. Wiewohl -es ist nicht das Einzige. Bei vielem anderem freilich mag man nicht "Gott sei Dank" denken. Vor allem nicht an das, wogegen der Geschenkekauf resilient ist -die Krise. Sie hat das Land fest im Griff. Mehrere Jahre nun schon und mit bescheidenen Aussichten auf Verbesserung. Dass sie es ist, verwundert freilich nicht. Man tut ja nur wenig dagegen.

Und so bleibt vom ablaufenden Jahr eine eher bittere Bilanz zu ziehen. Auch wenn man dem Jahr gerne Positives abgewinnen würde. Aber, wie soll man es anders sagen -zum Besseren hat sich auch heuer kaum etwas gewendet. Es ist alles in allem das, was man wohl ein verlorenes Jahr nennen muss. Für das Land, für die Gesellschaft, für die Wirtschaft. Wenn man zynisch ist und der Partei anhängt, die die Nationalratswahlen gewonnen hat, könnte man sagen, nicht einmal die politische Wende ist gelungen, obwohl eigentlich alles aufbereitet war dafür. Es ist aber auch bisher nicht einmal gelungen, diese politische Wende abzuwehren. Und je mehr Zeit seit den Wahlen vergeht, desto größer werden die Zweifel dran.

In diese Stimmungslage passt, dass innerhalb der vergangenen Woche drei Visionäre verstorben sind. Drei, die Charisma hatten, das in diesem Land oft so vermisst wird. Deren Weitblick und deren Ansichten über Parteigrenzen und gesellschaftliche Schwellen hinweg geschätzt und gehört wurden und die sich nicht scheuten, sich auch in der Öffentlichkeit einzusetzen. Ihnen ging es darum, das Land und auch die Gesellschaft weiterzubringen, wie es in dem einen oder anderen der vielen Nachrufe hieß. Etwas, was man der heutigen Generation wohl kaum nachsagen wird. Leute wie Josef Taus, Hannes Androsch und Claus Raidl, die alle ihre Kanten und auch dunklen Ecken gehabt haben mögen, und zu denen man stehen kann, wie man will, sind es heute, die dem Land fehlen.

Stefan Pierer hätte auch das Zeug dazu gehabt. Vieles von dem, was er sagte, war richtig und notwendig in diesem Land, in dem so viele nichts oder nur Nichtssagendes sagen. Nun freilich ist die Pleite, die er mit seinem Motorradwerk hingelegt hat, für viele wohl nur eine weitere Bestätigung dafür, dass man keinem trauen darf, dass man sich auf keinen verlassen kann, und dass "die da oben" ohnehin nichts anderes im Sinn haben, als es sich zu richten.

Wenn solche Anker wie Pierer scheitern, tut das auch dem nationalen Ego weh. Es ist Gift für Zuversicht in die Zukunft, die alle im Land so dringend brauchen würden, in dem sich Orientierungslosigkeit breit gemacht hat. Die Schwierigkeiten bei den Koalitionsverhandlungen führen das tagtäglich vor. Da ist nichts davon, an einem Strang ziehen zu wollen, nichts davon, die Vergangenheit hinter sich und einen Neuanfang wagen zu wollen. Nein, man verheddert sich in alten Mustern wie eh und je. Man beschäftigt sich immer noch vorzüglich mit sich selbst und nicht mit großen Themen.

Man liefert sich, um nur ein Beispiel anzuführen, lieber ein peinliches, beschämendes und hartherziges Wettrennen darum, zu uns geflüchtete Syrer umgehend zurückzuschicken. Das freilich passt zu dem, was zum politischen Stil geworden ist -man glaubt, mit einfachen Lösungen davonzukommen. Dabei steckt das Land jetzt wirklich in einer veritablen Krise. "Kein weiter wie bisher", wie die Koalitionsverhandler das Ziel ihrer Verhandlungen mantra-artig vor sich hertragen, ist längst zu wenig. Da braucht es sehr viel mehr. Es braucht ein großes gemeinsames Ziel, eine Vision für die Gesellschaft und für das Land, eine Richtung, in die man mit vereinten Kräften gehen will. Das ist es, was seit Jahren fehlt. Es darf nicht mehr darum gehen, sich gegenseitig schlecht zu machen, klein-klein alles gegeneinander aufzurechnen und sich im Durchsetzen der eigenen Interessen zu verlieren. Es muss um das große Ganze gehen, darum, gemeinsam an der Zukunft zu arbeiten und etwas zu schaffen.

Das Land steht am Kipppunkt und die Gesellschaft auch. Dass auch in der Welt um uns so viel im Umbruch ist, macht die Herausforderung nicht kleiner. Rosig kann man die Aussichten nicht nennen. Aber was wir vom neuen Jahr erhoffen können sollen, soll zumindest die Erwartung sein, dass die Aussichten wieder rosig werden können. Das zumindest.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 19. Dezember 2024

Mittwoch, 18. Dezember 2024

Bauern naschen am Weihnachtsgeschäft mit

Gansl, Fisch und Geschenkboxen sind gefragt. Gepunktet wird auch mit Neuem, von Tofu bis Garnelen. Für Bäuerinnen und Bauern wird Direktvermarktung immer wichtiger.

Hans Gmeiner

Salzburg. Nicht nur im Handel herrscht in diesen Wochen vor Weihnachten Hochsaison. Auch für viele Bauernhöfe im Land ist das Weihnachtsgeschäft ein wichtiger Umsatzbringer. „Zu Weihnachten spielen natürlich Gansl und Fisch direkt vom Bauern eine große Rolle“, sagt Martina Ortner, die in der Landwirtschaftskammer Österreich für die bäuerlichen Direktvermarkter zuständig ist. „In den Bauernläden und auf den Märkten sieht man zudem aber immer öfter auch sehr schöne Geschenke, die von der Kundschaft auch immer mehr geschätzt werden.“ Die oft hochwertigen und sehr aufwendig gestalteten Geschenkboxen und -kisterl sind im Weihnachtsgeschäft zu einem Markenzeichen der bäuerlichen Direktvermarkter geworden. Mit eigenen Produkten wie Schnaps, Wein, Most, Speck, Würsten, Fruchtsäften bis hin zu Essigen, Kräutern und Tee gefüllt, erfreuen sie sich seit Jahren immer größerer Beliebtheit.

Die Direktvermarktung ihrer Produkte ab Hof, über Gemeinschaftsläden, über Märkte oder auch über das Internet, als Cateringangebote für Feste und Feiern oder über Selbstbedienungsboxen und Automaten wurde in den vergangenen Jahren zu einem immer bedeutenderen Einkommensstandbein für viele Bauern in ganz Österreich. Auch wenn der Hype der ersten Monate in der Coronakrise längst vorbei ist, ist man zufrieden. Das Vermarktungsniveau ist sehr professionell. Das Geschäft wächst. „Es ist der direkte Kontakt, der zählt“, ist Ortner überzeugt.

Daher verwundert es nicht, dass immer öfter Selbstbedienungsboxen und Automaten, die vor nicht allzu langer Zeit als die Zukunft schlechthin gegolten haben, wieder verschwinden. Dafür kommt Neues. So sind derzeit Kooperationsplattformen wie „Ja zu nah“ in Niederösterreich im Kommen, über die Landwirte Gastrobetriebe beliefern.

Die Direktvermarkter gelten als sehr innovativ. „Landwirte sind generell sehr kreativ und finden rasch Lösungen und neue Wege“, sagt Ortner. Bei den Direktvermarktern kommen seit einigen Jahren die Impulse vor allem von Jungen und Quereinsteigern. Ortner: „Die sind besonders innovativ und trauen sich, was Neues zu machen.“

Längst reicht das Angebot weit über die bekannten und geschätzten Produkte wie Fleisch, Milch, Käse oder Eier hinaus. Überraschungen sind dabei nicht ausgeschlossen. So liegen derzeit auch bei den Direktvermarktern pflanzliche Alternativprodukte voll im Trend.

„Die sind bei uns ein Schlager“, sagt Ortner. „Würzsoßen aus Soja, Eiweißprodukte, Hülsenfrüchte und selbst gemachter Tofu werden immer beliebter.“ Mitunter stoßen die Direktvermarkter in ganz neue Marktregionen vor. Fisch etwa gewinnt zunehmend an Bedeutung. Im oberösterreichischen Kremstal, in der Steiermark, aber auch in Tirol befasst man sich sogar mit der Produktion von Garnelen. Einige Bauern setzen auf die Zucht von Edelpilzen, andere haben sich auf die Produktion von Senf verlegt, spezielle Marmeladen und Säfte sind dabei längst zum Dauerbrenner geworden.

Längst ist die bäuerliche Direktvermarktung in der Landwirtschaft zu einer relevanten Größe geworden. Nach Angaben der Landwirtschaftskammer Österreich ist in diesem Geschäft ein Drittel der rund 100.000 landwirtschaftlichen Betriebe aktiv. Im Schnitt erwirtschaften sie dabei rund ein Drittel ihres Einkommens. Bis zu 7000 Betriebe, so Schätzungen, erwirtschaften sogar mehr als die Hälfte ihres Einkommens aus der Direktvermarktung ihrer Produkte. Laut Grünem Bericht erreichte der Produktionswert der Branche im Vorjahr knapp 260 Mill. Euro. Dazu kommen weitere 135 Mill. Euro, die von Heurigen und Buschenschanken erwirtschaftet werden. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass die Direktvermarktung vielen Bauern als mögliche Strategie für die Zukunft gilt. Laut einer Umfrage des Meinungsforschers Keyquest sehen 83 Prozent der Bäuerinnen und Bauern die Zukunft der Direktvermarktung positiv.

Dieser Optimismus freilich wird derzeit auf eine harte Probe gestellt. Die vorübergehend wieder aufgeschobene Entwaldungsverordnung, aber auch das Lieferkettengesetz und die Nachhaltigkeitsrichtlinie treiben auch den Direktvermarktern die Zornesröte ins Gesicht. Sie fürchten, in der Bürokratie zu versinken. „Es muss jedes Mal jedes Feld eingegeben und erklärt werden, dass es kein Wald ist, und vieles andere mehr, das ist ja absurd“, schimpft Martina Ortner. „All diese Verordnungen werden immer auch für die kleineren und mittleren Landwirtschaftsbetriebe schlagend, weil sie als Zulieferanten immer eine Rolle spielen, und seien sie auch noch so klein.“

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 18. Dezember 2024

Schon jeder dritte Bauer verdient im Direktverkauf

Salzburg. Ein bescheidener Zusatzverdienst ist es längst nicht mehr. Rund ein Drittel der 100.000 landwirtschaftlichen Betriebe in Österreich ist laut Angaben der Landwirtschaftskammer mittlerweile in der Direktvermarktung aktiv. 7000 Bäuerinnen und Bauern dürften bereits mehr als die Hälfte ihres Einkommens mit dem direkten Verkauf ihrer Produkte erzielen.

Gerade in der Vorweihnachtszeit zeigt sich das deutlich: Bäuerliche Produkte sind gefragt. Ob Gans oder Fisch direkt vom Bauern oder auch aufwendig gestaltete Geschenkboxen oder -kisterl, das Angebot sei vielfältig, sagt Martina Ortner, die in der Landwirtschaftskammer für die bäuerlichen Direktvermarkter zuständig ist. Die Ideen gingen dabei mittlerweile längst über Selbstbedienungsboxen und Automaten hinaus. Gerade die Jungen, aber auch Quereinsteiger seien besonders innovativ, sagt Ortner.

Überraschungen sind dabei nicht ausgeschlossen. So setzen mittlerweile auch bäuerliche Direktvermarkter auf pflanzliche Alternativprodukte, seien es Würzsoßen aus Soja oder selbst gemachter Tofu. Auch Fisch gewinne zunehmend an Bedeutung. So befassen sich bereits mehrere Betriebe mit der Produktion von Garnelen. Andere wiederum setzen auf ihren Höfen auf die Zucht von Edelpilzen oder stellen Senf, Marmeladen oder auch Säfte her.

Laut Grünem Bericht erreichte der Produktionswert in der Direktvermarktung im Vorjahr knapp 260 Mill. Euro. Dazu kommen 135 Mill. Euro, die von Heurigen und Buschenschanken erwirtschaftet werden. Vor dem Hintergrund verwundert es nicht, dass die Direktvermarktung vielen Bauern als mögliche Strategie für die Zukunft gilt. Mit Einschränkung: Denn zunehmende Bürokratie treffe kleine und mittlere Betriebe besonders hart. Seite 11

Salzburger Nachrichten - Seite 1, 18. Dezember 2024

Donnerstag, 12. Dezember 2024

Ach, wären die Politikerinnen und Politiker nur stiller

Der schwarze Landeshauptmann beim Kekserlbacken, der grüne Landesrat, der einen "Schönen 1. Advent (vulgo Bratwürstelsonntag)!" wünscht. Sie sind nicht die Einzigen. Politiker vom Bundespräsidenten, über den Bundeskanzler, bis hinunter zu den Gemeindechefs zünden Adventkerzen an, wünschen einen schönen Advent und posten davon Bilder auf Social Media. Selbst Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger und Herbert Kickl tun es.

Dabei stehen Weihnachten und der Jahreswechsel und das ganz große Wünschen erst bevor. Und, man mag es in all dieser Wünsch-Glückseligkeit gar nicht erwähnen, steckt das Land in einer der schwersten Krisen seit dem Zweiten Weltkrieg, in der man das wohl eher nicht als politische Arbeit erwartet.

Da ist wenig Trost, wenn ein Freund meint, das stehe "halt für Brauchtum und Tradition" und sei ein "wichtiger Orientierungsanker in schwierigen Zeiten". Da neigt man eher zur Meinung eines anderen Freundes, der flapsig verlangt, "bitte alle einsparen."

Man fragt sich, warum sich Politikerinnen und Politiker so produzieren, wie sie sich produzieren? Warum glaubt man wirklich, dass das Volk so etwas wie die Adventwünsche erwartet und das als Volksnähe empfindet? Es ist oft schwer nachvollziehbar. Nicht nur rund um Advent, Weihnachten und Jahreswechsel. Denn viele Politiker vermitteln in ihrem Eifer sehr viel eher das Bild, dass sie nichts anderes tun, als sich selbst darzustellen und das für politische Arbeit halten. Und das meist weitab von der Realität und von dem, was eigentlich von ihnen erwartet wird. Bilder von irgendwelchen Grußszenen da, Schnappschüssen von Reisen dort oder davon, wie man sich mit ernster Miene etwas erklären lässt, oder davon, wie sie leutselig Musikkapellen dirigieren. Und dazwischen ganz wenige, zumeist parteipolitisch geprägte Aussagen, die als politisch durchgehen sollen. Wenn überhaupt. Da darf nicht wundern, wenn man sich fragt: "Ja, wann arbeiten denn die eigentlich?"

Ein eindrückliches Beispiel brachte Susanne Dickstein, Chefredakteurin der OÖ Nachrichten, am Ende jener Woche, in der KTM Insolvenz anmeldete, in ihrem Leitartikel. "Ein Blick auf die Homepage von Oberösterreichs Wirtschaftslandesrat diese Woche spricht Bände", hub sie zur Schelte an. Da fand sie eine Aussendung zum "einzigartigen Wolfgangsee Advent", Fotos mit Parteifreunden und Prominenz und "unter der Überschrift Schwerpunkte", wie Dickstein spitz anmerkte, "Allgemeinplätze zu Oberösterreich auf dem Weg zur Spitzenregion in Europa". Es scheine "ein Paralleluniversum" zu existieren abseits der KTM-Insolvenz und drohenden Dominoeffekten im ganzen Land, schreibt die Chefredakteurin.

Oberösterreich freilich ist überall. Wenn man Politik vornehmlich so erlebt und erleben muss, verwundert nicht, dass längst breite Meinung ist, dass es dem Land an geeignetem Politpersonal fehlt. Bei allen Ausnahmen, die es natürlich gibt -viel zu viele sitzen auf ihren Sesseln offenbar nur, um ihre Parteilinie durch die Gremien zu tragen, viel zu viele, die sich nur darauf verstehen zu repräsentieren, die in der Sache, welche immer die auch sei, oft alles andere als firm sind, oder die gar eigene politischen Idee einbringen und auch vertreten können.

Dann halt lieber ein Bild mit einem Adventkranz und "Schönen Wünschen" oder eines vom Musikvereinskonzert mit dem sinnigen Text: "Wie still wäre es in diesem Land ohne unsere Musikvereine -danke für eure Musik."

Ach, wären die Politikerinnen und Politiker nur stiller, wünscht man sich da nur mehr.

Aber die Parteien wollen heute nur mehr Parteisoldatinnen und -soldaten. Mit jemandem, der oder die selbst denkt, kann man nicht mehr umgehen, und man will sich das auch gar nicht mehr antun. Nicht zuletzt deswegen fehlt es wohl an Charakteren in der heutigen Politik, die in all ihren Ausformungen vor allem stromlinienförmig daherkommt. Politikerinnen und Politiker werden oft nur mehr, man kann es nicht anders sagen, verwendet, um die Meinung von oben weiterzugtragen. Breite Diskussionen zu den großen Themen gibt es in den Parteien kaum mehr.

Und das ist es wohl auch, was man an der Qualität der Politik merkt. Dabei wäre die derzeit wichtiger denn je. Jetzt, wo das Land eine Wende in der Stimmung braucht, einen Aufbruch, eine neue Richtung, ein neues "Narrativ", wie das neudeutsch heißt. Dass es "Kein weiter wie bisher" geben dürfe, ist da zu wenig.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 12. Dezember 2024

Donnerstag, 5. Dezember 2024

Black Friday, Black Week - und unser aller Blackout

Die Briefträgerinnen und Briefträger stöhnten und die Paketdienstfahrer auch. Ihre Autos waren auch heuer wieder zum Bersten voll. Bis oben beladen mit dutzenden Paketen. Auch heuer sorgten die oft hoch-zweistelligen Rabatte im Internet, aber auch im stationären Handel dafür, dass gekauft wurde, als wäre das Geld abgeschafft -Black Friday, Black Week und bei den Konsumentinnen und Konsumenten das alljährliche Blackout sozusagen.

Alleine am vergangenen Freitag, dem eigentlichen Black Friday, dereinst in den Vereinigten Staaten von findigen Händlern erfunden, um den Absatz anzukurbeln, und inzwischen ein weltweites Phänomen, stellte die österreichische Post angeblich eine Million Pakete zu. Auf rund 600 Millionen Euro wird der Umsatz heuer geschätzt. Krise schaut anders aus. Da war nichts von fehlender Kaufkraft und nichts davon, dass die Leute das Geld zusammenhalten müssen. Und schon gar nichts von all dem, was man mitunter übers Jahr so gerne geißelt und anderen vorhält. Da ist alles wie weggeblasen. Von der Kritik am Konsumrausch angefangen, über Nachhaltigkeit bis hin zu Umweltbelastung und Ausbeutung von Menschen und Ressourcen, die wir mit unserem Kaufverhalten verursachen. Da herrscht Schnäppchenjagd, bei der es nur um eins geht - billig, billig, billig.

Was jährlich rund um den Black Friday zu erleben ist, erleben wir in vielen anderen Bereichen auch. Man tut, als gäbe es kein Morgen. Man schaltet die Vernunft aus, vergisst die Bedenken und die Sorgen, man pfeift auf die Verantwortung und auf alles, von dem man gerne vorgibt, einem so viel wert zu sein und was man so gerne von anderen fordert. Das Auto lässt kaum jemand stehen, unter drei bis vier Urlaubsreisen im Jahr scheint es kaum mehr jemand zu tun und das mit der Flugscham ist höchst relativ. Fliegen ist wieder ganz normal und die Prognosen zeigen steil nach oben. Lebensmittel kauft man nach dem Preis. Die Kleiderkästen sind nach wir vor übervoll, vorzugsweise mit Billiggewand, das irgendwo in einer armen Ecke der Welt, unter erbarmungswürdigen Bedingungen und um einen Bettel zusammengenäht wird. Und gar nicht zu reden von der Plastikflut, die die Welt schon langsam zu ersticken droht.

Überall wird viel geredet -und die Fortschritte bleiben dennoch sehr überschaubar, wenn es sie denn überhaupt gibt. Das Gute, auch das Erstrebenswerte, setzt sich nur schwer durch. Verantwortungsvoller Konsum? Ressourcenschonung? Abfallvermeidung? Rücksicht auf die Umwelt? Immer noch viel zu oft Fehlanzeige. Die Fortschritte, das zu ändern, sind überschaubar. Die Politik kämpft gegen Windmühlen. Und das nicht nur, weil sie, wie man gemeinhin meint, unfähig ist.

Die Gründe mögen vielfältig sein. Einer ist wohl, dass wir oft keine Scheu haben, Wasser zu predigen und Wein zu trinken. Man ist immer schnell mit Erklärungen bei der Hand, wenn es darum geht zu erläutern, warum Vorsätze und Handeln oft so weit auseinanderklaffen. Das gilt im Privaten, das gilt aber und vor allem auch in der Wirtschaft. Dort haben es sich viele Unternehmungen längst zu eigen gemacht, daraus ein Geschäftsmodell zu machen. Auf der eine Seite vermittelt man vorzugsweise in der Werbung den Eindruck, für nichts als Nachhaltigkeit, Umweltschutz und Verantwortung für Mensch und Natur zu handeln, während man auf der anderen Seite oft keine Scheu hat, genau das Gegenteil zu tun. Das beginnt im Lebensmittelhandel, geht über die Verpackungs-und Autoindustrie bis hin zur Ausgestaltung internationaler Handelsbeziehungen.

Freilich muss es nicht immer Nachlässigkeit oder gar Bosheit sein, warum man sich oft so schwer tut, Vorsätze mit dem tatsächlichen Handeln in Einklang zu bringen. Gerade rund um den Black Friday weiß der Handel ein Lied davon zu singen. Während die einen die übergroße Konkurrenz und die Rabattschlacht beklagen, sagen andere, der Black Friday sei für sie alternativlos, um im Geschäft zu überleben. Den alljährlichen Tanz um die Preise zu verweigern sei für ihn wie die Wahl "zwischen Pest und Cholera", wird dieser Tage ein Unternehmer in einer Zeitung zitiert. Für viele ist so ein Tag auch eine Chance, und sei es nur die, mit hohen Rabatten neue Kunden zu gewinnen.

Für viele freilich ist es eine zusätzliche Belastung. Und das nicht nur im Handel. Glaubt man der Post, stehen den Briefträgerinnen und Briefträgern im Land bis Weihnachten noch einige Tage bevor, an denen sie rund eine Million Pakete zustellen müssen.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 5. Dezember 2024
 
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