Donnerstag, 16. Januar 2025

Klimaschutz hat bei Populisten schlechte Karten -zu Unrecht

Das Klima zu schützen hat in diesem Land wohl in den nächsten Jahren keinen besonders hohen Stellenwert mehr, wenn man liest, was einer Koalition von FPÖ und ÖVP zugetraut wird. Man fürchtet um die CO2-Besteuerung, um den Klimabonus, um die Förderungen für den Umstieg auf neue Energieformen für Wirtschaft und Private, um die Förderung von E-Autos, um das Klimaticket und vieles andere mehr, und man geht davon aus, dass das Ziel, Österreich bis 2040 klimaneutral zu machen, wohl auch fallen wird. Wohl nicht ganz zu Unrecht, gehört doch der Begriff "Klimahysterie" seit langer Zeit zum Standardrepertoire des vielleicht zukünftigen Bundeskanzlers und ließ auch der neue Parteiobmann der ÖVP schon hören, dass sich seine Partei gegen den "Verbotswahn im Klimaschutz" einsetzen wolle. Da fügt es sich nur, dass man in Kärnten gegen den Ausbau der Windkraft stimmte und Oberösterreich erst kürzlich entsprechende Pläne einstampfte. 

International ist es, und das wiegt wohl noch schwerer, nicht anders. Mit dem Schlachtruf "drill, baby, drill" macht der künftige Präsident der USA keinen Hehl daraus, dass er die Förderung fossiler Energieträger wie Öl und Gas massiv ankurbeln will. Und nicht nur das. Auch die Rücknahme von Umweltauflagen und der neuerliche Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaabkommen gehören zum fixen Programm von Donald Trump. 

Die Kickls und Trumps dieser Welt haben Rückenwind. Wohl auch, weil viele Gut-Meinende ihre Forderungen überzogen haben und zu wenig Wert darauf legten, die Menschen mitzunehmen. Nicht zuletzt deswegen freuen sich viele darüber und können viele gar nicht erwarten, dass von den Populisten dieser Welt umgesetzt wird, was da versprochen wird. 

Manches mag durchaus nachvollziehbar und sogar sinnvoll sein, aber verständlich wäre dann doch etwas anderes. Gerade jetzt. Und gerade in diesen Wochen, wo neuerliche Rekordwerte von der Erderwärmung gemeldet wurden. "Die Welt hat Fieber" schrieb eine Zeitung, dass die globale Durchschnittstemperatur 2024 so hoch wie noch nie zuvor war und damit jedes der vergangenen zehn Jahre seit 2015 zu den zehn wärmsten seit Beginn der Aufzeichnungen gehörte. Nicht nur die Landflächen, heißt es etwa laut einem Report des EU-Programms Copernicus, auch die Ozeane waren im Vorjahr im Jahresmittel so warm wie nie zuvor. 

Auch in Österreich war das Vorjahr das wärmste Jahr der Mess-Geschichte. So viele Hitzetage gab es noch nie zuvor. Und so viele Niederschläge wie in diesem Jahr, das in vielen Regionen genau deswegen zum Katastrophenjahr wurde, wurden auch noch nie gemessen. Die Schäden in Niederösterreich und in der Steiermark gingen in die Milliarden. Allein für die Landwirtschaft beziffert die Hagelversicherung die Schäden durch Überschwemmungen, Frost, Dürre, Hagel und Sturm mit rund 260 Millionen Euro. 

Anders als die Politik ist sich die Wissenschaft sehr einig. "Die Fakten sind längst bekannt", sagt etwa die in der Vorwoche zur Wissenschaftlerin des Jahrs gekürte Ökonomin Sigrid Stangl. "Fossile Brennstoffe tragen massiv zur Erderwärmung bei und bedrohen damit unsere Lebensgrundlage." 

Der Ausstieg aus Öl und Gas gilt der Wissenschaft als der Königsweg. Der freilich ist immer mehr Menschen zu holprig, vor allem aber zu teuer. Wissenschaftler verstehen das nicht. In Interviews nannte Stangl "durchwursteln" und "wegschauen", was in Österreich angesichts der Klima-Herausforderungen betrieben wird. Den Widerstand breiter Teile der Bevölkerung kann sie nicht nachvollziehen. Sie hält ihn für das "Ergebnis eines jahrzehntelangen Politikversagens". 

Für Stangl geht es darum, auch die Chancen zu sehen und neue Technologien zu nutzen. "Klimaschutz macht uns widerstandsfähiger", sagt sie. Studien zeigten, dass innovatives und nachhaltiges Wirtschaften nicht nur möglich, sondern auch sinnvoll sei. Die Kosten für Klimaschutz sind für sie keine Kosten im ökonomischen Sinn. "Klimaschutz ist ja eine Investition in die Zukunft", ist Stangl überzeugt. "Und wenn wir es klug machen, dann nützt uns das Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte, und sichert uns unsere Lebensgrundlage." 

Angesichts solcher Sätze ist zu wünschen, dass zumindest ein paar der Populisten -auch die an den Koalitions-Verhandlungstischen in Österreich -doch nachrechnen. Wenn schon nicht die Sprache der Wissenschaft das ihre sein mag, die Sprache des Geldes ist doch immer noch das ihre gewesen.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 16. Jänner 2025

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