Donnerstag, 13. Dezember 2012

Griechenland? Das können wir auch





Österreich ist aus dem Häuschen. In Salzburg hat eine Landesbeamte 340 Millionen Euro verzockt, ohne dass - angeblich - irgendjemand davon etwas bemerkt hätte. In Linz sind‘s mehr als 400 Millionen. Und mit allem, was in den anderen Städten und Gemeinden und in manchem Bundesland dazukommt und noch dazukommen könnte, könnten es bald, so die jüngsten Schätzungen, irgendetwas zwischen acht Milliarden und zehn Milliarden Euro sein, die da in den öffentlichen Haushalten auf dem Spiel stehen.

Über Griechenland und seine Folgen braucht da hierzulande niemand mehr zu schimpfen. Sowas machen wir uns schon selbst. Und ohne Not. Wir haben ja keine Sorgen.

Im Stundentakt schier kommen seit Montag dieser Woche Forderungen und Ratschläge, wie man solche finanziellen Desaster, wie sie sich in den Kommunen dieses Landes zutragen, verhindern und in den Griff kriegen könnte. "Warum erst jetzt?“, ist da nur zu fragen. Es ist ja nicht so, dass man nichts geahnt und nichts gewusst hätte. Viele von denen, die sich jetzt so in den Vordergrund spielen und mit ihren Ratschlägen hausieren gehen (und nicht nur jenen, die in der konkreten politischen Verantwortung stehen), ist vorzuhalten, dass auch sie weggeschaut haben.

Das Spekulationsdesaster der österreichischen Kommunen ist ohne Frage nicht nur ein politisches Thema, sondern auch ein Thema der Kontrolle und des Kontrollwesens. Das hätte sich nicht deutlicher darstellen können, als dadurch, dass just am gleichen Tag, als in Salzburg die Bombe hochging, der Wiener Rechnungshof dem Land Salzburg bescheinigte, dass mit seinen Finanzierungsinstrumenten alles in Ordnung ist. Kein Wunder ist da, dass die Frage "Wie gibt es das, dass niemand etwas bemerkte?“ die ist, die die Menschen am meisten bewegt und erzürnt.

Noch nie wurde in diesem Land so viel kontrolliert wie heutzutage. Und dennoch werden die Skandale immer größer. Interne Kontrollen, externe Kontrollen, Revisionen, Prüfungen, Beurkundungen, Unterschriften da, Unterschriften dort, Zustimmungen, Abstimmungen. Die Ämter, Banken und Unternehmen leiden längt unter dem, was ihnen, zusätzlich und parallel zum Tagesgeschäft, abverlangt wird. Die Kosten sind enorm, der Zeitaufwand auch - und dennoch gibt es keine Sicherheit.

Den heutigen Anforderungen, den Mechanismen und der Komplexität in den öffentlichen Haushalten und in der Wirtschaft wird das Kontrollwesen oft nicht mehr gerecht. Die langen Hebel, die vielen Geschäften heute zu eigen sind, die Vielschichtigkeit, die Dimensionen der rechtlichen Konstruktionen und die großen Summen tun ihr Übriges. Dabei scheitert man nicht nur - Salzburg kann als Beweis dafür dienen - an der Entdeckung krimineller Machenschaften im Sinne von Bereicherung einzelner. Noch gefährlicher ist, dass man immer öfter auch daran scheitert, die Grundlagen für das Handeln von öffentlichen Einrichtungen oder Unternehmungen korrekt zu durchleuchten und nachzuvollziehen und damit die nötigen Entscheidungsgrundlagen abzusichern und außer Streit zu stellen.

Die fehlenden Millionen und Milliarden allein mit mangelnder Kontrolle zu erklären und gar zu entschuldigen, wäre freilich grundfalsch. Denn tatsächlich stehen dahinter Eigenschaften wie präpotente Dummheit, Nichtwissen und Gier. Allerorten geht man ans Äußerste, man verspricht zu viel und man verspricht wider besseres Wissen. Man steht unter Druck und will nicht blöd dastehen. Vor allem in den öffentlichen Haushalten. Heute genauso wie damals. Damals erst recht. Ende der 1990er, Anfang der Nuller Jahre, wurde müde belächelt und für einen Hinterwäldler gehalten, wer ein Projekt nicht mit einem Fremdwährungskredit finanzierte, wer Tilgungsträger scheute und wer sich nicht auf die immer neuen Produkte, mit denen der Finanzmarkt wundersame Aussichten versprach, einließ.

Die Zeit war verlockend. Mit einem Mal schien so vieles möglich und so relativ leicht wie schnell erreichbar. Paradiesische Zustände für allzu viele Politiker. Zumal solche, die sich schon damals in Nöten befanden und natürlich für solche, die sich zu profilieren suchten. Die Beamtenschaft, auch der Anwürfe, die ewigen Bremser zu sein, müde, richtete ihnen die Steigbügel - wie es scheint sehr oft für den Ritt ins Desaster.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 13. Dezember 2012

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