Dienstag, 4. Dezember 2012
Molkereien im Investitionsrausch
Die heimischen Molkereien wappnen sich mit neuen Anlagen und Produkten gegen die wachsende Konkurrenz.
HANS GMEINER Salzburg (SN). Der Chef der Gmundner Molkerei, Michael Waidacher, ist zufrieden. „Auf unserer Baustelle liegen wir eine knappe Woche vor dem Zeitplan“, erklärt er stolz. Im April 2013 sollen der neue Käsefertiger, die neue Käseverpackung, die H-Milch-Abfüllung und das Lager fertig sein. Knapp 25 Mill. Euro hat der oberösterreichische Milchverarbeiter, die Nummer drei unter den heimischen Herstellern, dafür budgetiert.
So wie die Gmundner Molkerei arbeiten derzeit viele heimische Milchverarbeiter an Projekten, um nach Auslaufen der Milchquoten im Jahr 2015 für den freien Markt gerüstet zu sein. Sie gehen davon aus, dass sie in Zukunft mehr Milch zu vermarkten haben werden und die Konkurrenz steigt. „Wir wollen stärker in die Produktveredelung, etwa die Käseproduktion, kommen und damit die Wertschöpfung erhöhen“, sagt Josef Braunshofer, Generaldirektor der Berglandmilch. Als Branchengrößte vermarktet sie 1,2 Millionen Tonnen pro Jahr, knapp die Hälfte der heimischen Milch.
In den vergangenen Jahren hat die Berglandmilch die Landfrisch-Molkerei, die Tirolmilch und die Stainzer Molkerei übernommen. Jetzt will sie in eine zentrale Verpackung in Geinberg und in die Käseproduktionen in Wörgl und Feldkirchen einen zweistelligen Millionenbetrag investieren. In Salzburg nimmt die Alpenmilch, die erst vor zwei Jahren den 25 Mill. Euro teuren neuen Milchhof in der Stadt Salzburg eröffnet hat, 45 Mill. Euro für den neuen Käsehof in Lamprechtshausen in die Hand. Die Obersteirische Molkerei investiert in ein neues Lager, die Kärntnermilch will die Käseproduktion erhöhen und auch in der Pinzgauer Molkerei denkt man an eine Ausweitung der Kapazitäten.
Beobachter sind skeptisch. „Mit den derzeitigen wirtschaftlichen Ergebnissen geht sich das nicht aus“, sagt ein Kenner der Szene. „Da brauchen die Molkereien schon bessere Erträge.“
Die sollen, so das Kalkül, die Investitionen bringen, denn Molkereien haben wenig Alternativen. In ganz Europa rüsten derzeit die Milchverarbeiter auf. „Arla, Friesland, Campina und Lactalis kaufen alles zusammen“, sagt Braunshofer. Es entstehen immer größere Unternehmen, gegen die sich selbst Berglandmilch als Zwerg ausnimmt.
Der europäische Markt ist ausgereizt. Zudem machen die EU-Krisenländer – für die heimischen Molkereien wichtige Exportziele – zunehmend Sorgen. Drittlandsmärkte in Osteuropa und Fernost, aber auch in Nordamerika werden interessant. Berglandmilch will in den USA und in Russland die Käsemärkte stärker bearbeiten. Gmundnermilch ist seit Kurzem in China. „Der frühe Vogel fängt den Wurm“, sagt Waidacher, der in Schanghai eine Handelskette beliefert, die auf europäische Lebensmittel spezialisiert ist.
Der Druck, unter dem die Molkereien stehen, bedeutet auch für die Milchbauern Umstellungen. Um Kosten zu sparen und den Fuhrpark besser auszunutzen, gibt es bei Verarbeitern wie Berglandmilch inzwischen auch abends Milchsammeltouren. Gearbeitet wird ebenfalls an neuen Liefermodellen, die für die Zeit nach Ende der Quote den Molkereien die Milch und den Bauern die Abnahme sichern sollen.
Auch wenn sich der Markt zuletzt erholt hat und die Bauern wieder mehr verdienen, bleibt der Milchmarkt schwierig. „Man sollte sich keine übertriebenen Hoffnungen machen“, sagt Michael Wöckinger von der Landwirtschaftskammer Oberösterreich.
Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 4. Dezember 2012
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