Samstag, 1. Dezember 2012
Berlakovich schmiedet Allianzen
Trotz absehbarer Kürzungen im EU-Budget versuchen die Agrarier, Ruhe zu bewahren, und schmieden Allianzen.
HANS GMEINER Brüssel (SN). Auch wenn der Gipfel in der Vorwoche gescheitert ist: Dass im EU-Budget in Zukunft weniger Mittel für die Landwirtschaft vorgesehen sind, scheint ausgemachte Sache zu sein. Die Agrarier versuchen dennoch, Ruhe zu bewahren. Mitunter fällt das aber sogar beherrschten Menschen wie Georg Häusler schwer, der Tiroler ist Kabinettschef von EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos. „Was die geplanten Kürzungen in der Ländlichen Entwicklung anlangt, sind wir mehr als unglücklich“, sagt Häusler. Diese zweite Säule der Agrarpolitik sei bisher von allen Seiten als modernes Instrument gelobt worden, das den zielsicheren Einsatz von Steuergeldern ermögliche. „Und wenn es dann ums Geld geht, ist das der Steinbruch“, kann er seinen Ärger doch nicht verbergen.
Während die Direktzahlungen um weniger als fünf Prozent gesenkt werden sollen, sollen die Mittel für die Ländliche Entwicklung aus den Sonderprogrammen gegenüber der derzeitigen Budgetperiode um 30 Prozent zurückgefahren werden. In Österreich werden aus diesem Topf die Umweltprogramme, die Biobauernförderung und die Ausgleichszahlungen für die Bergbauern gezahlt.
„Viele Programme brauchen eine kritische Masse, um weitergeführt werden zu können“, sagt Häusler. Was das im Klartext heißt, formuliert Österreichs Landwirtschaftsminister Niki Berlakovich so: „Ohne Geld ka Musi.“ Fielen die Kürzungen zu groß aus, sei die Reform insgesamt gefährdet. „Dann ist die Ökologisierung so nicht aufrechtzuerhalten.“ Berlakovich versucht nun, für die Ländliche Entwicklung Allianzen zu schmieden. Beim EU-Agrarministerrat in der abgelaufenen Woche konnte er zehn Länder auf ein gemeinsames Forderungspapier einschwören.
Anders als die finanzielle Ausstattung ist die inhaltliche Konzeption der Agrarreform weitgehend unter Dach und Fach. Die offenen Details haben es in sich. Vor allem die von Ciolos geplanten „ökologischen Vorrangflächen“ sind für die Bauern ein rotes Tuch. Die sieben Prozent der Fläche, die der Agrarkommissar dafür vorsieht, werden als Flächenstilllegung empfunden. Dass noch viele Diskussionen nötig sind, was man auf diesen Flächen machen darf und was nicht, gibt auch Häusler zu. Zum Knackpunkt kann auch die Zusammenführung bereits praktizierter, aber freiwilliger Öko-Maßnahmen mit den für Direktzahlungen geforderten Umweltmaßnahmen („Greening“) werden.
Indes wächst der Zeitdruck. Im günstigsten Fall kann die Agrarreform für die Periode 2014–2020 im Mai kommenden Jahres verabschiedet werden. Ob dann noch genug Zeit bleibt, die nationalen Programme wie das Umweltprogramm und die Bergbauernförderung rechtzeitig aufzustellen, oder ob es wieder eine provisorische Lösung geben wird, ist indes ungewiss. „Die Chance, dass 2014 die neuen Programme kommen, ist noch da“, sagt Berlakovich.
Salzburger Nachrichten, Wirtschaft, 1. Dezember 2012
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