Freitag, 31. Januar 2014

Agrarpolitik - eine Altherrenpartie




Mit Andrä Rupprechter ist ein Tiroler Landwirtschaftsminister, mit Hermann Schultes ist bald ein Niederösterreicher Österreichs höchster Bauernkämmerer. Und mit dem kürzlich wiedergewählten Jakob Auer hält ein Oberösterreicher im Bauernbund die Zügel in der Hand. Österreichs Landwirtschaft hat sich binnen weniger Woche eine neue Führung verpasst, regional fein austariert und mit jeder Menge Erfahrung. Gestandene Politiker alle drei, die ihre Meriten verdient haben. Ausgebufft im verhandeln, gestählt in vielen Auseinandersetzungen und vertraut selbst mit den finstersten und undurchsichtigsten Winkeln der Agrarpolitik.

Man kann diese neue Konstellation an der Bauernspitze durchaus begrüßen, zumal in den alles andere als einfachen Zeiten für die Landwirtschaft, und nur alles Gute wünschen. Diese Konstellation kann aber kaum verbergen, dass die heimische Agrarpolitik ganz offensichtlich ein Nachwuchsproblem hat. Der 65-jährige Jakob Auer konnte sich ohne Diskussion, geschweige denn einen Gegenkandidaten, für weitere vier Jahre zum Bauernbund-Präsidenten wählen lassen. Und dass an der Kammerspitze der 60-jährige Schultes dem 65-jährigen Wlodkowski folgt ist auch nicht das, was man einen Generationswechsel nennen könnte.

"Wenn ich in China wäre, wäre ich in meinem Alter in der Jungen ÖVP", sagt Auer gerne, um allfälligen Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen. Österreichs Agrarier klatschen und schmunzeln gerne dazu. Für sie scheint das ganz normal zu sein, handelten sie doch selbst Schultes bis zu seinem 60. Lebensjahr als "Nachwuchshoffnung", ehe sie ihn nun an die Kammerspitze aufrücken ließen.

Dass diese Konstellation so ist, wie sie ist, hat zum einen damit zu tun, dass Bauernfunktionäre ihren Job in der Regel als Lebensjob verstehen, der erst so richtig attraktiv wird, wenn sie daheim übergeben haben und die Enkelkinder die heimatliche Küche in Beschlag genommen haben. Da tut sich "Nachwuchs" - siehe Schultes, seinen oberösterreichischen Kollegen Reisecker (56) und manch anderen Agrarier - der ob des Wartens auf den Aufstieg grau und Großvater geworden ist, einfach schwer. Da braucht es einen langen Atem und viel Geduld, bis man an die Schalthebeln kann, um seine Vorstellungen von Agrarpolitik umzusetzen. Dass den immer weniger aufbringen, nimmt da nicht Wunder.

Diese Konstellation ist aber auch bezeichnend für die jüngere Funktionärskaste der heimischen Agrarpolitik. Sie hat damit zu tun, dass der nachfolgenden Generation der gesunde Zug zur Macht fehlt und oft auch die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. Und oft fehlt es auch an den nötigen Ellbogen und am Willen, sich mit Haut und Haaren auf das Wagnis Agrarpolitik einzulassen. Viele von denen, die das Zeug hätten, meiden heute die Agrarpolitik. Und die meisten, die sich darauf einlassen, machen ihre Karrieren viel eher durch Parteigehorsam, brave Parteiarbeit und gefälliges Abstimmungsverhalten, als deswegen, weil sie durch besondere Konzepte oder Forderungen aufgefallen wären. Da ist nur wenig von eigenen Ideen zu spüren, von Sturm und Drang und davon, dass man neue Ideen hat und etwas durchsetzen will. Da scheint alles brav und bieder und ohne Esprit, der die heimische Landwirtschaft voranbringen könnte.

Ein Satz wie "Wir wollen eine Zukunftsdiskussion, die weh tut" wäre aus dieser Funktionärsgeneration längst überfällig. Gekommen ist er aber von Jakob Auer bei der Wiederwahl zum Bauernbundpräsidenten.

Solange das so ist, muss man froh sein, Leute wie Auer oder Schultes zu haben. So lange das so ist, und niemand nachdrängt, sollte man sich aber große Sorgen um die Zukunft der Agrarpolitik machen.
 
Gmeiner-meint - Blick ins Land 2/14 - 31. Jänner 2014 
 
 

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