Mit Andrä Rupprechter ist ein Tiroler Landwirtschaftsminister, mit Hermann Schultes ist bald ein Niederösterreicher Österreichs höchster Bauernkämmerer. Und mit dem kürzlich wiedergewählten Jakob Auer hält ein Oberösterreicher im Bauernbund die Zügel in der Hand. Österreichs Landwirtschaft hat sich binnen weniger Woche eine neue Führung verpasst, regional fein austariert und mit jeder Menge Erfahrung. Gestandene Politiker alle drei, die ihre Meriten verdient haben. Ausgebufft im verhandeln, gestählt in vielen Auseinandersetzungen und vertraut selbst mit den finstersten und undurchsichtigsten Winkeln der Agrarpolitik.
Man kann diese neue Konstellation an der Bauernspitze
durchaus begrüßen, zumal in den alles andere als einfachen Zeiten für die
Landwirtschaft, und nur alles Gute wünschen. Diese Konstellation kann aber kaum
verbergen, dass die heimische Agrarpolitik ganz offensichtlich ein
Nachwuchsproblem hat. Der 65-jährige Jakob Auer konnte sich ohne Diskussion,
geschweige denn einen Gegenkandidaten, für weitere vier Jahre zum
Bauernbund-Präsidenten wählen lassen. Und dass an der Kammerspitze der
60-jährige Schultes dem 65-jährigen Wlodkowski folgt ist auch nicht das, was
man einen Generationswechsel nennen könnte.
"Wenn ich in China wäre, wäre ich in meinem Alter in
der Jungen ÖVP", sagt Auer gerne, um allfälligen Kritikern den Wind aus
den Segeln zu nehmen. Österreichs Agrarier klatschen und schmunzeln gerne dazu.
Für sie scheint das ganz normal zu sein, handelten sie doch selbst Schultes bis
zu seinem 60. Lebensjahr als "Nachwuchshoffnung", ehe sie ihn nun an
die Kammerspitze aufrücken ließen.
Dass diese Konstellation so ist, wie sie ist, hat zum einen
damit zu tun, dass Bauernfunktionäre ihren Job in der Regel als Lebensjob
verstehen, der erst so richtig attraktiv wird, wenn sie daheim übergeben haben
und die Enkelkinder die heimatliche Küche in Beschlag genommen haben. Da tut
sich "Nachwuchs" - siehe Schultes, seinen oberösterreichischen
Kollegen Reisecker (56) und manch anderen Agrarier - der ob des Wartens auf den
Aufstieg grau und Großvater geworden ist, einfach schwer. Da braucht es einen
langen Atem und viel Geduld, bis man an die Schalthebeln kann, um seine
Vorstellungen von Agrarpolitik umzusetzen. Dass den immer weniger aufbringen,
nimmt da nicht Wunder.
Diese Konstellation ist aber auch bezeichnend für die
jüngere Funktionärskaste der heimischen Agrarpolitik. Sie hat damit zu tun,
dass der nachfolgenden Generation der gesunde Zug zur Macht fehlt und oft auch
die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. Und oft fehlt es auch an den
nötigen Ellbogen und am Willen, sich mit Haut und Haaren auf das Wagnis
Agrarpolitik einzulassen. Viele von denen, die das Zeug hätten, meiden heute
die Agrarpolitik. Und die meisten, die sich darauf einlassen, machen ihre
Karrieren viel eher durch Parteigehorsam, brave Parteiarbeit und gefälliges
Abstimmungsverhalten, als deswegen, weil sie durch besondere Konzepte oder
Forderungen aufgefallen wären. Da ist nur wenig von eigenen Ideen zu spüren,
von Sturm und Drang und davon, dass man neue Ideen hat und etwas durchsetzen
will. Da scheint alles brav und bieder und ohne Esprit, der die heimische
Landwirtschaft voranbringen könnte.
Ein Satz wie "Wir wollen eine Zukunftsdiskussion, die
weh tut" wäre aus dieser Funktionärsgeneration längst überfällig. Gekommen
ist er aber von Jakob Auer bei der Wiederwahl zum Bauernbundpräsidenten.
Solange das so ist, muss man froh sein, Leute wie Auer oder
Schultes zu haben. So lange das so ist, und niemand nachdrängt, sollte man sich
aber große Sorgen um die Zukunft der Agrarpolitik machen.
Gmeiner-meint - Blick ins Land 2/14 - 31. Jänner 2014
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