Donnerstag, 23. Januar 2014
Genug gebangt
Die Zukunft kann man sich schlechtreden. Man muss es aber nicht. Immer mehr Österreicherinnen und Österreicher denken offenbar so. "Die Optimisten sind wieder in der Mehrheit", melden die Zeitungen. Seit vier Jahren sei der Anteil der Menschen in Österreich, die mit Zuversicht in die Zukunft sehen, nicht mehr so hoch gewesen, ermittelte das Linzer Imas-Institut. 48 Prozent gegen 46 Prozent Pessimisten steht es. Das gab es schon lange nicht mehr. Vor allem Junge und höher Gebildete fürchten sich nicht mehr vor der Zukunft, sondern sehen ihr erwartungsvoll entgegen.
Sie sind nicht alleine. Nach Jahren der Krise und Ängste festigt sich der Optimismus nicht nur bei ihnen. Die internationalen Wirtschaftsprognosen überschlagen sich zuweilen, die Prognosen für die Aktienmärkte genauso. Die Zeiger stehen nach oben. Für alle Wirtschaftsregionen dieser Welt gibt es für heuer Wachstumsprognosen, frohlockt man. Eine seltene Konstellation, aber eine die Mut machen kann.
Wenn man diesen Mut denn zulässt respektive zulassen kann. Und vor allem wenn man versteht, diesen aufkeimenden Mut zu nutzen. Und genau das ist in Österreich zuweilen schwierig. Da braucht es einen dicken Schädel, eine große Portion Selbstbewusstsein und eine dicke Haut. Denn, jeder weiß es, hierzulande ist die Unterstützung für Zuversicht rasch enden wollend. Man weiß immer sehr viel eher, warum etwas nicht gehen kann, als warum etwas gehen soll. Man baut viel lieber Hindernisse auf, als sie zu beseitigen. Und man muss hierzulande in einem politischen Umfeld leben, das sich selbst durch allzu exzessive Ausgaben seiner Möglichkeiten beraubt und jeden Spielraum verspielt hat, so sie denn überhaupt Mut und Ideen hätte, diesen zu nutzen.
Letzteres wird ohnehin gerne in Zweifel gezogen. Und diese Zweifel werden immer wieder bestätigt. Das Schicksal der GmbH-Light, eine der eher seltenen guten Ideen, ist so ein Beispiel dafür. Diese Gesellschaftsform, die Mitte vergangenen Jahres eingeführt wurde, um jungen Unternehmen auf die Sprünge zu helfen, wird nun schon wieder eingemottet. Ein anderes Beispiel dafür ist die Abschaffung des Gewinnfreibetrags ab 30.000 Euro.
Aber das ist offenbar Österreich.
Da bleibt man lieber beim Raunzen. Darauf versteht man sich ohnehin nicht erst seit Qualtinger besser. Das "Geht nicht","Hamma nicht", "Brauchma nicht" haben hierzulande allzu viele im Blut. Es ist zur Hochkultur geworden und schallt von überall allen entgegen, die etwas Neues schaffen wollen, die neue Wege gehen wollen. Da suhlt man allemal lieber in der Angst um den Euro und der Furcht vor einer Wirtschaftskrise, da verteufelt man das gemeinsame Europa und steigert sich mit großer Verve hinein in eine nebulose Angst vor Immigranten.
Optimismus hat es da schwer. Und damit auch die Aussichten, die Stimmung auf den internationalen Märkten zu nutzen.
In Bankerkreisen kursiert, wann immer die Rede auf das vergangene Jahr kommt, der Satz: "Das Teuerste im Vorjahr war die Angst vor einem Rückschlag." Was man sagen will: Weil man sich in Angst erging, weil man zauderte, weil man sich fürchtete, statt zu agieren und die Möglichkeiten und die Entwicklung zu nutzen, hat man an den Börsen Riesengewinne liegen gelassen.
Parallelen zur Entwicklung des ganzen Landes drängen sich auf. Die Ängste und Sorgen, die mitunter vielmehr beschäftigungstherapeutischen Charakter als nachvollziehbare Gründe haben, verstellen viel zu oft den Blick auf die Wirklichkeit und die Möglichkeiten, die sie bietet. Chancen bleiben ungenutzt, Zeit wird verschwendet und Geld gleich mit dazu.
Es sind alle in diesem Land gefordert, sich aufzuraffen. Die ganz oben, die ganz unten und die dazwischen auch. Die gute alte Zeit hat's nie gegeben, und früher waren die Gefahren noch viel größer und sehr viel realer. Es ging uns kaum je so gut wie jetzt. Aber die Gesellschaft hat, alimentiert vom Anfang bis zum Ende, verlernt damit umzugehen und davon zu profitieren.
Sie sollte alle Kraft darein setzen, es wieder zu lernen. So, wie die Prognosen derzeit liegen, waren die Voraussetzungen selten so gut dafür. Dass das erstmals seit langem auch die Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher so sieht, sollte Mut machen - jenen, die es noch nicht so sehen, und der Politik. Sie ist gefordert, den Mutigen und Zuversichtlichen den nötigen Spielraum zu verschaffen.
Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 23. Jänner 2014
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