Donnerstag, 2. Januar 2014

Die Landwirtschaft zwischen zwei Welten



 Bio hält sich für den einzigen Weg in die Agrarzukunft. Dabei ist in diesem Bereich nicht alles so golden, wie es glänzen soll. Und in der konventionellen Landwirtschaft ist nicht alles so schlecht wie oft dargestellt.

Hans Gmeiner Salzburg (SN). Die heimische Biolandwirtschaft tritt sehr selbstbewusst auf. „Leitbild für eine neue Agrarkultur kann nur eine biologische Landwirtschaft sein“, sagt Rudi Vierbauch, Obmann von Bio Austria, gern. Die allgemeinen Folgekosten seien geringer und bio sei in Bereichen wie Bodenerosion, Artenvielfalt oder Nachhaltigkeit der konventionellen Landwirtschaft überlegen. Dabei liegen die Fakten gar nicht so klar. Längst hat bio vielfach mit ähnlichen Problemen zu kämpfen wie die konventionelle Landwirtschaft. Umgekehrt ist diese, zumal in Österreich, bei Weitem nicht so schlecht und verantwortungslos, wie sie gern dargestellt wird.

„Biolandbau steht unter ökonomischem Druck und geht in eine ähnliche Richtung wie der konventionelle Landbau“, sagt Michael Groier von der Bundesanstalt für Bergbauernfragen. Der Co-Autor der Studie „Wie weit darf bio gehen?“ sorgt sich um die Zukunft des Biolandbaus. Er verfolgt mit Kopfschütteln, wie Handelsketten den Biobauern ihre Strategien aufdrücken und sie immer weiter von einstigen Idealen wegbringen. „Wenn die Entwicklung so weitergeht, wird das Profil bald völlig abgeschliffen sein und der Konsument kaum mehr höhere Preise für Bioprodukte zahlen wollen.“ Zu ähnlich seien sich Bio- und konventionelle Landwirtschaft bereits oft.

In der Grünlandwirtschaft etwa gebe es hinsichtlich Intensität und Schutz der Artenvielfalt nur mehr relativ geringe Unterschiede, sagt er. Längst gebe es auch Biomilcherzeuger, die auf einen Stalldurchschnitt von 9000 Kilogramm Milch pro Kuh und Jahr stolz sind, der selbst von konventionellen Milcherzeugern selten erreicht wird. Auch im Biogemüsebau werde sehr intensiv gearbeitet.

Wie bei den Biobauern nicht alles Gold ist, was gern glänzend dargestellt wird, ist umgekehrt im traditionellen Landbau nicht alles so schlecht, wie mitunter glauben gemacht wird. Viele Vorhaltungen lösen sich bei näherer Betrachtung in Luft auf. „Bei den Humusgehalten etwa liegt die konventionelle Landwirtschaft zu 90 Prozent im grünen Bereich“, sagt Experte Christian Krumphuber von der LK Oberösterreich. „Maßnahmen wie die Winterbegrünungen im Rahmen der Umweltprogramme haben in den vergangenen 20 Jahren die Humusgehalte tendenziell erhöht.“ Nicht gelten lässt er Vorwürfe, konventionelle Landwirtschaft begünstige die Bodenerosion. „Dass bio da besser dasteht, hat vor allem damit zu tun, dass es kaum Biomais und Biozuckerrüben gibt“. Keinen Zusammenhang sieht er zwischen Biolandbau und Wasserpufferkapazität von Böden, auch der Verbrauch von Düngemitteln sei klar gesunken. Die Risikodiskussion beim Thema Pflanzenschutz sei überzogen. „Da geht es nur um Emotionen.“ Wissenschaftlich seien die meisten Vorwürfe nicht haltbar, der konventionelle Landbau müsse sich nicht verstecken.

Selbst Rudi Vierbauch will den konventionellen Landbau nicht pauschal verurteilen. „Es gibt eine große Bandbreite, aber je intensiver er betrieben wird, desto größer sind die negativen Effekte.“ Martina Hörmer, bei Rewe zugleich für konventionelle Eigenmarken und die Biomarke ja!natürlich zuständig, sieht das pragmatisch. „Hinter bio steht die Grundidee eines Kreislaufs des Respekts, hinter konventioneller Landwirtschaft dagegen ein egozentrischer Ansatz, bei dem es um Verfügbarkeit, geringe Kosten und Wohlstand für möglichst viele geht.“ Aber auch da sei die Qualität sehr gut.

Entscheiden muss der Konsument. Der tut sich schwer – zumal, wenn wenig Geld im Börsel ist. Laut Untersuchung der steirischen Arbeiterkammer ist ein Biowarenkorb um gut 70 Prozent teurer als ein vergleichbarer mit konventionell erzeugten Produkten.

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 2. Jänner 2014

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