Postenbesetzungen sorgen mit einem Mal wieder für Aufregung in diesem Land. Die Art und Weise, wie Sonja Klima bei der Hofreitschule in die Steigbügel geholfen wurde, die Ränkespiele rund um eine Nachbesetzung im Direktorium der Nationalbank, die Vorgehensweise, wie bei den ÖBB der neue Aufsichtsratschef zum Amt kam oder wie der Linzer Vizebürgermeister mit einem Job im Innenministerium versorgt werden soll. Das wäre nichts Besonderes, hat doch diese Art der Postenvergabe nicht nur in der Verwaltung, sondern auch in öffentlichen Einrichtungen und staatsnahen Unternehmungen eine lange und, wie nicht wenige meinen, unheilvolle Geschichte. Rot und Schwarz teilten sich über Jahrzehnte die Posten und Pöstchen. Da gab es kein Genieren. Die Opposition, namentlich die Freiheitlichen, konnten sich mitunter gar nicht einkriegen in ihrer Empörung über diesen zur Unkultur gewordenen Postenschacher und verstanden es im Lauf der Zeit daraus politisches Kapital zu schlagen.
Nun scheinen aber ausgerechnet die Freiheitlichen, die sich so gerne als die Saubermänner schlechthin gaben, dieser Unkultur zu neuen Höhenflügen zu verhelfen. Da scheint völlig vergessen, was früher galt und was den Roten und den Schwarzen vorgehalten wurde.
An den Hebeln der Macht kann man der Versuchung offenbar nicht widerstehen. Da ist weg, was man über Jahre kritisierte und postulierte. Da will man nichts auslassen und, so mitunter der Eindruck, alles auf einmal nachholen. Und weil die Freiheitlichen so lange die "Heiligen" gaben, müssen sie sich umso schneller den Vorwurf besonderer Dreistigkeit gefallen lassen.
Freilich kann man sagen, wann, wenn nicht jetzt sollen sie ihre Leute in Positionen bringen, damit die dann in ihrem Sinn wirken und ihre politischen Ideen in die Praxis umsetzen.
Das kann man sagen, ja. Aber es überrascht schon, mit welcher Nonchalance man mit dem Thema umgeht, zumal vor dem Hintergrund der letzten Jahre und dem Getöse, das man um genau diese Art von Postenschacher machte. Und es frappiert, wie man sich geforderte Qualifikationen zurechtbiegt und wie man Expertenmeinungen, die freilich oft auch politisch gefärbt sind, übergeht. Der Widerspruch könnte größer nicht sein.
Das alles fügt sich in die Linie, wie sich die Freiheitlichen die Dinge richten. Man denke nur an all das, was Strache vor den Wahlen zum Thema Volksbefragungen sagte und versprach. Und man erinnere sich, was dann, nur ein paar Monate später, beim Nichtrauchervolksbegehren daraus wurde.
Das hat Methode. Viel zu oft vergisst man, was man früher sagte, lässt Grundsätze, auf die man einst schwor und die man von anderen einforderte, Grundsätze sein und man hat immer weniger Scheu selbst an die Grundpfeiler des Staates, respektive des Rechtsstaates, zu gehen.
Der Innenminister selbst lieferte erst Ende vergangener Woche ein Beispiel dafür. "Da heißt es ein bisserl kreativ sein", sagte er, als die Rede von der Abschiebepolitik war, die nach den Frauenmorden der vergangenen Wochen in die Kritik geriet. Im Umgang mit Gesetzen kreativ sein, war es, was er meinte. Und er tat es am Dienstag dieser Woche wieder als er die Menschenrechtskonvention und den Umgang damit in Diskussion brachte.
Wenn ein Regierungspolitiker so etwas sagt, noch dazu der Innenminister, sollten freilich die Alarmglocken schrillen. Denn da spielt ein Regierungsverantwortlicher mit bestehendem Recht und versucht Bestimmungen für seine Bedürfnisse auf die Schnelle zurechtzubiegen und durchzusetzen. Jetzt einmal bei Geflüchteten, die in der öffentlichen Meinung ganz unten stehen. Aber, so ist zu fragen, was kommt als Nächstes? Und was als Übernächstes?
Das kann Angst machen, zumal es nicht neu ist. Schon vor Monaten hat Österreichs Rechtsanwaltskammertag öffentlich seine Sorge um die Qualität der Gesetzgebung geäußert. Zu kurze oder gar keine Begutachtungen wurden kritisiert, verspätete Kundmachungen und zahlreiche aufgehobene Gesetze. Und "besorgniserregend" sei, "wenn Kritik in einer Demokratie nicht offen geäußert werden kann".
Da ist zweierlei zu fragen. Warum lassen Kanzler Kurz und seine Türkisen das den Blauen durchgehen? Und es ist freilich auch zu fragen, ob nicht viele von denen, die jetzt türkis und blau so heftig kritisieren, nicht auch so handeln würden, wenn sie an die Macht kämen. Die Sozialdemokraten haben das schon oft, wenn auch zuweilen in anderer Form, bewiesen. Die anderen freilich sind noch nie in diese Position gekommen, die vielleicht auch für sie rasch zur Versuchung werden könnte.
Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 24. Jänner 2019
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