„Am Ende einen
Kompromiss zu finden ist keine Schwäche, sondern zeichnet uns aus“. Das sagte
der deutsche Bundespräsident Frank Walter Steinmeier in seiner
Neujahrsansprache. Und vom deutschen Kabarettisten Dieter Nuhr stammen die
Sätze „Kompromisse
sind das Wichtigste überhaupt. Weil wir nicht alleine sind auf der Welt. Den
Zustand, Kompromisse auszuhalten, nennt man Zivilisation."
Es ist selten
geworden, dass der Kompromiss gelobt wird. Diese Suche nach einem Ausgleich von
Interessen und Ansprüchen, nach Lösungen, die für alle verträglich sind und die
keine Verlierer machen. Die getragen sind von der simplen Idee des „leben und
leben lassen“.
Der Kompromiss
gilt derzeit nicht viel in der Gesellschaft. Auch nicht in der politischen
Diskussion und in der Politik. Nicht ohne Grund finden wir uns gerade in einer
immer breiteren Diskussion über eine mögliche Spaltung der Gesellschaft, die
inzwischen nicht nur von Parteien geführt wird, die damit oft nicht mehr als
politisches Kleingeld machen wollen, sondern sogar vom Bundespräsidenten.
Der Kompromiss,
Kompromissbereitschaft auch, sind in den vergangenen Jahren in Verruf geraten.
Aus der Mode gekommen als Haltung, sogar als Zeichen der Schwäche. Wer dem
Kompromiss und dem Ausgleich anhängt, wird mittlerweile von vielen oft als
„Kompromissler" verunglimpft. Denn anerkennend ist dieses Wort nicht, eher
gilt es vielen als Schimpfwort. Als Synonym für Weichling, für Schwächling
auch.
Wer Kompromisse
sucht und für den besseren Weg hält, passt im Moment nicht recht in die Zeit,
die scheinbar vor allem schwarz und weiß kennt und nichts mehr dazwischen. In
der immer mehr nach dem Freund-Feind-Schema leben und in der viele meinen vor
allen „klare Kante“, wie die Deutschen sagen, zeigen zu müssen und Härte auch.
Kompromisslosigkeit eben.
Aus der
Geschichte der vergangenen Jahre ist das durchaus verständlich. Zumal aus der
österreichischen Geschichte. Klarheit war in den vergangenen Jahrzehnten nie
etwas, was die Politik auszeichnete, aber auch das Denken und Handeln des
Volkes. Schon gar nicht eine klare Linie und eine klare Richtung. Vor lauter
Rücksichtnahmen und Ausnahmen verzettelte man sich viel zu oft und bliebt in
der Entwicklung stecken. Zu oft wurde wohl der Kompromiss und die Suche danach
überstrapaziert. Allzu oft waren die Kompromisse wirklich nichts denn faule
Kompromisse. Mit allen negativen Folgen. Ideen, Konzepte und Lösungen blieben liegen,
selbst Notwendiges wurde auf die lange Bank geschoben. Zu oft wohl wurde
Kompromiss damit verwechselt, nötige Entscheidungen nicht zu treffen.
Es gibt nicht
wenige, die meinen, damit sei viel angerichtet worden und dass deswegen erst
allzu viele Dinge so sehr ins Schleifen gekommen sind, dass viele das ganze
Land in eine Schieflage gekommen sahen.
Aber, so ist
angesichts der Entwicklung zu fragen, rechtfertigt das, den Kompromiss und die
Suche danach aus der politischen Werkzeuglade auszusortieren? Ihn gering zu
schätzen und schlecht zu machen?
Man sollte es
nicht tun. Auch wenn es in Vergessenheit geraten zu sein scheint, ist der
Kompromiss die höchste Kunst in der Politik. Denn einen guten Kompromiss zu
finden, macht gute Leadership aus. Und die hat nichts mit dem Durchdrücken von
Interessen zu tun, ohne groß auf die andere Seite Rücksicht zu nehmen und
darauf, was man damit bewirkt und oft auch anrichtet. Die hohe Kunst ist es
vielmehr nach Ausgleich zu suchen und Lösungen zu finden, mit denen alle leben
können und die eine Sache dennoch weiterbringen.
Österreichs
Politik ist dabei sich davon zu entfernen, gemeinsam nach Lösungen zu suchen.
Die Regierung macht es sich immer öfter zur Gewohnheit ihre Interessen im
Schnelldurchgang durchs Parlament zu bringen ohne die Opposition zu hören. Aber
auch die Opposition lässt bei all dem, was sie oft vernehmen lässt, Verständnis
und Respekt für das vermissen, was die Mehrheit der Österreicherinnen und
Österreicher will.
Es ist an der
Zeit, das wieder zu ändern. Auch wenn in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten
viel schief gelaufen sein mag und der Kompromiss in Verruf geriet – man sollte
ihn wieder zu Ehren und Ansehen kommen lassen. Wie sagte Dieter Nuhr? „Kompromisse
sind das Wichtigste überhaupt. Weil wir nicht alleine sind auf der Welt.“ Und :
„Den Zustand, Kompromisse auszuhalten, nennt man Zivilisation."
Meine Meinung, Raiffeisenzeitung, 10. Jänner 2019
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