Berlin-Kreuzberg. Die Markthalle ist an diesem Samstag im Jänner proppenvoll. Und mitten drin, man staunt, ein Stand, an dem Käse aus dem Bregenzerwald feilgeboten wird. Laib-weise und von tollem Geschmack. Man ist als Österreicher, zum wenn man gerade von der Grünen Woche kommt, ein bisschen stolz. Der junge Bursch, der dort steht, ein Vorarlberger, freut sich über die Anerkennung. „Gehört ihr nicht zur Käsestraße Bregenzerwald unter der die Bauern gemeinsam ihren Käse verkaufen?“ „Nein, unsere Käse ist besser, die sind zu groß. Zu unseren Bauern kommen die nicht hin“, plaudert er frei von der Leber weg und denkt sich wohl nichts dabei. Man staunt.
Ähnlich das
Muster bei der tüchtigen Biobauernfamilie aus dem steirischen, die einen tollen
Betrieb mit einem tollen Angebot aufgebaut hat, und meint, in ihrem Kalender
für die Kunden gehöre unbedingt der Hinweis hinein, dass die Biobauern
fleißigere Bauern seien. Man staunt wieder.
Die Bauern haben
offenbar keinerlei Probleme damit, sich gegenseitig schlecht zu machen, um
selbst besser dazustehen – und man denkt sich meist nicht einmal mehr etwas
dabei. Die zwei Beispiele sind nicht die Einzigen. Jeder kennt solche, zumal in
der Landwirtschaft.
Warum ist das
bloß so? Warum hat ein Berufsstand, in dem alle ums Leiberl rennen müssen und
der schon fast zur Bedeutungslosigkeit geschrumpft ist, das nötig? Warum fehlt
es so oft an der Wertschätzung untereinander und am Respekt? Warum schwingt so
oft Neid und Abschätzigkeit für das mit, was der andere tut? Warum fällt es
so schwer anzuerkennen, dass sich auch die anderen ernsthaft bemühen und beste
Arbeit zu machen versuchen? Und warum kann man sich nicht darauf verstehen,
dass es unterschiedliche Wege gibt, Landwirtschaft zu betreiben und dass jeder
seine besonderen Herausforderungen zu meistern hat?
So viele Fragen.
Man mag es nicht glauben. Aber die Erfahrungen häufen sich wieder. Die
Biobauern stellen sich gegen die Konventionellen als die Besseren dar. Und
umgekehrt die Konventionellen als die Wichtigeren. Die Grünlandbauern und die
Ackerbauern leben ihre gegenseitigen Vorbehalte aus, die Flachlandbauern und
die Bergbauern und die Großen und die Kleinen auch. Verständnis füreinander ist
zuweilen selten.
So viele glauben,
sie kämen zu kurz, weil die anderen zu viel hätten und problemlos verzichten
könnten. Und so viele glauben, nur sie seien es, die es richtig machten.
Anwürfe von der Arbeiterkammer oder von NGO sind da oft nichts dagegen, wenn
Bauern aufeinander losgehen.
Mag sein, dass
das mit den laufenden Verhandlungen zur Agrarreform zusammenhängt. Der Sache
der Bauern tut es nicht gut. Sie splittern sich damit nur auf, sie und ihre
Unternehmen unterbieten sich oft sogar gegenseitig und lassen sich ausspielen,
statt zu zeigen, dass Landwirtschaft in allen Formen gebraucht wird.
Selbst
Landwirtschaftsministerin Köstinger macht sich offenbar bereits Sorgen.
Geradezu leidenschaftlich appellierte sie Berlin und auch bei der Wintertagung
in Wien an die „Einheit der Bauern“, wie sie das nannte. „Wir sitzen doch in
einem Boot“, sagte sie.
Bei dieser
Einschätzung ist ihr ohne jede Einschränkung recht zu geben.
Gmeiner meint - Blick ins Land 2/18
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