Bilder können sehr mächtig sein. Oft viel mehr und viel rascher ausdrücken, was viele Worte nicht zu sagen vermögen. Mehr als die sprichwörtlichen "1.000 Worte". Zwei solcher Bilder sorgten in den vergangenen Tagen und Wochen für Aufsehen.
Da war dieses Luftbild von einem abgeholzten Wald in Oberösterreich. Dicke Holzstämme, aufgeschlichtet entlang einer Forststraße, Bagger, ein paar Autos, dahinter in der Morgensonne eine kahle Fläche. 18 Hektar groß dem Vernehmen nach. Gekauft von einem ehemaligen Großunternehmer, der mit der Umwidmung im Handstreich Millionen machte und Geschäfte wie diese als sein Hobby bezeichnet. Das Setting erinnert an bayerische Vorabendserien inklusive eines zuständigen Landesrates, der im legendären Landrat Toni Rambold, dem Gegenspieler des "Bullen von Tölz", sein Vorbild haben muss. "Obwohl substanzielle Rechtsakte fehlen, genehmigen die Behörden in Oberösterreich die Umwidmung und erlassen den Rodungsbescheid," tobte es in den Leserbriefspalten der Tageszeitungen im Land ob der Enns. "Eine unerträgliche Zustimmung des Landesrates, entgegen forstlichen Gutachten und Stellungnahmen" war zu lesen. Und so sehe es auch aus in diesem Bundesland -"ungebremster Bodenverbrauch, Zersiedelung, Zerstückelung, solange sich's Politiker und Hobbyinvestoren offenbar richten können".Eine ähnliche Wirkung hatten auch Bilder von der täglichen Vernichtung von Supermarktfleisch. Die Schwenks der Kamera über Berge von abgepackten Fleischstücken, aufgeschüttet zur Vernichtung in einer Entsorgungsanlage, gingen vielen direkt ans Gemüt. Die Kamera zoomte über perfekt wirkende Steakstücke, über lange Karrees, auf Ablaufdaten, die keine zwei Tage zurücklagen, auf AMA-Gütesiegel-und auf "-25 Prozent"-Pickerl und auf Aufkleber wie "Lebensmittel sind wertvoll -minus 50 Prozent". Auch da war die Aufregung groß. "Das waren ja Tiere, Lebewesen, da bricht es einem das Herz," hieß es. Als "haarsträubend" galten vielen diese Bilder und als "Schlag ins Gesicht einer jeden Bäuerin und eines jeden Bauern".
Die Bilder zeigen, wie groß der Handlungsbedarf ist, wie willfährig die Politik sein kann, wie leichtfertig all das geschehen kann und wie wenig bisher noch erreicht wurde. Wenn Kurt Weinberger, Chef der Hagelversicherung, und der Mann, der in Österreich den Bodenverbrauch zum Thema gemacht hat, die Waldrodung in Oberösterreich geißelt und sagt, "eine gigantische Naturfläche wird unwiederbringlich und fahrlässig mit Beton und Asphalt versiegelt und damit Lebensraum für Mensch und Natur zerstört", ist ihm nur beizupflichten. Genauso wie dem Präsidenten der Landwirtschaftskammer, der die Fleischvernichtung auch als "gesellschaftliches Problem" sieht.
Beide Bildbotschaften werfen aber auch ein Schlaglicht auf die Realität und damit einhergehende Zwänge, die viele nicht so gerne sehen wollen und auch nicht wahrhaben und mit der sie auch nichts zu tun haben wollen. Die Wirtschaft braucht Flächen, und Lebensmittel können nicht endlos gelagert werden.
Da mag schon zu verstehen sein, wenn der Unternehmer in Oberösterreich sein Wald-Geschäft damit rechtfertigt, dass das Grundstück ohnehin bereits umringt von Industrie-und Gewerbetreibenden sei und die Westautobahn "mittendurch" führe. Immerhin wird offenbar nicht wieder irgendwo abgelegen ein Gebiet im Grünen erschlossen. Und es mag auch zu verstehen sein, wenn der Lebensmittelhandel die tägliche Vernichtung von tonnenweise Fleisch mit dem Verweis auf die Bürokratie und Hygienevorschriften rechtfertigt.
Aber blenden sollte man sich davon nicht lassen. Denn Heilige sind da allesamt nicht zugange. Und es ändert sich daher auch nichts daran, dass der Handlungsbedarf groß ist und vieles besser gemacht werden muss. Angefangen von der Politik, die sich allzuoft willfährig zeigt und nachgerade ungustiös ist.
Seit Jahren gelingt es bei Themen wie diesen freilich nicht wirklich, Fortschritte zu erzielen. Die Initiativen mögen inzwischen zahllos sein in Sachen Bodenverbrauch oder Lebensmittelverschwendung, die Erfolge sind dennoch sehr überschaubar geblieben. Die Aufregung wirkt immer noch viel eher wie ein Strohfeuer ohne Konsequenzen. Und sie ist symptomatisch für den Umgang mit großen Herausforderungen - man schiebt die Probleme vor sich her statt sie anzugehen.
Wie so vieles in Österreich.
Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 27. Jänner 2022
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