Dienstag, 25. April 2023

Totschnig lässt bei Mercosur nicht locker

Nicht nur in Österreich, auch in anderen EU-Ländern gibt es in der Landwirtschaft Widerstand gegen das Freihandelsabkommen.

Hans Gmeiner

Linz. Obwohl der Druck vonseiten der Wirtschaft und Industrie immer größer wird, denkt die österreichische Landwirtschaft nicht daran, den Weg für den Abschluss des Mercosur-Handelsabkommens zwischen der EU und den vier südamerikanischen Staaten Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay freizugeben, für den in der EU Einstimmigkeit vorgeschrieben ist.

„Wir sind mit unserer ablehnenden Haltung nicht allein in Europa“, sagt Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig im Gespräch mit den SN. „Wir haben im letzten Agrarministerrat das Thema auf die Tagesordnung gebracht und waren selbst überrascht von der Reaktion.“ Im Mittelpunkt dabei standen mögliche Begleitmaßnahmen, Schutzklauseln, Unterstützungen, aber auch die Herkunftskennzeichnung.

Laut Totschnig haben sich zumindest zwölf der 27 EU-Mitgliedsstaaten „unterstützend“ gezeigt. „Das zeigt, dass man sich auch in anderen Mitgliedsstaaten in der Landwirtschaft der Auswirkungen bewusst ist.“ Die Bauern befürchten durch einen Abschluss des Mercosur-Abkommens nicht nur Wettbewerbsverzerrungen und Preiseinbußen auf dem Rindfleischmarkt und in anderen Bereichen wie bei Bioethanol. Zumindest ebenso große Sorgen macht den Landwirten, dass weder Themen wie Nachhaltigkeit und Klimaschutz noch Biodiversität ihrer Ansicht nach ausreichend berücksichtigt sind. Die sind aber gerade in Europa große Herausforderungen, denen sich die Landwirtschaft stellen muss.

„Mercosur ist im Vergleich zu neueren Abkommen wie etwa dem Neuseeland-Abkommen ein altes Abkommen, bei dem diese Themen noch nicht entsprechend berücksichtigt sind“, sagt Totschnig. Das steht seiner Ansicht nach in krassem Gegensatz zu dem Weg, den die EU gehen will. Darum hält der Minister auch den Vorwurf, dass ausgerechnet die österreichische Landwirtschaft blockiert, die doch selbst in hohem Maß von Exporten lebt, für ungerechtfertigt.

„Themen wie etwa Nachhaltigkeit müssen unserer Meinung nach bei derartigen Abkommen schon relevant sein, weil wir ja in Europa mit dem Green Deal genau diese Richtung einschlagen.“ In Europa werde die Frage diskutiert, wie viele CO2-Äquivalente bei der Produktion von Lebensmitteln anfielen, „und auf der anderen Seite soll das dann nicht relevant sein, wenn es um Importe geht?“, fragt Totschnig. „Also das passt für uns nicht zusammen.“

Weil in all diesen Fragen keine Änderungen absehbar seien, sehe er auch für die Landwirtschaft keine Möglichkeit, die Position zu ändern, sagt Totschnig. Ganz abgesehen davon, dass ein Nein zu Mercosur nicht nur im aktuellen Regierungsabkommen festgeschrieben sei, sondern es nach wie vor einen gültigen Nein-Beschluss im Nationalrat aus dem Jahr 2019 gebe. „Die Bundesregierung ist sich in dieser Frage einig.“

Und wenn es, wie in Diskussion steht, zu einer Abtrennung des handelspolitischen Teils des Abkommens und damit zu so etwas wie einem Freihandelsabkommen durch die Hintertür käme, bei dem in der EU keine Einstimmigkeit erforderlich wäre? Auf diese Frage gibt sich Totschnig abwartend. „Wie das die Kommission letztendlich in der formalen Beschlussfassung vorlegen wird, wissen wir nicht.“

Salzburger Nachrichten, Wirtschaft - 25. April 2023

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