Donnerstag, 27. März 2014

"Wir müssen den Gürtel enger schnallen"



Auf teils heftige Einbußen müssen sich die Bauern einstellen. Umweltprogramme und Ausgleichszahlungen für Bergbauern werden kräftig zusammengestrichen. Nur die Biobauern gewinnen.

HANS GMEINER Wien (SN). „Obmann Rudi Vierbauch hat sich bedankt“, sagte Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter Mittwochmittag. Erst am Morgen hatte er sich mit den Biobauern geeinigt. „Die geplante Staffelung der Prämie im Bioackerbau nach Tierbesatz kommt nicht, die einheitliche Prämie wird 230 Euro pro Hektar betragen“, sagt Rupprechter. „Statt wie bisher knapp 98 Mill. Euro werden für die Biobauern in den nächsten Jahren 112 Mill. Euro jährlich an Förderungen zur Verfügung stehen, 15 Prozent mehr als bisher.“ Damit ist das Programm Ländliche Entwicklung, die zweite tragende Säule der Agrarpolitik, nach zuletzt sehr hitzigen Diskussionen endgültig unter Dach und Fach. Die Biobauern zählen dabei praktisch als einzige Gruppe zu den Gewinnern. Alle anderen bäuerlichen Gruppen müssen mitunter sehr deutliche Kürzungen bei Prämien und Ausgleichszahlungen hinnehmen.

So wird etwa das Agrar-Umweltprogramm, an dem auch konventionell wirtschaftende Landwirte teilnehmen können, um 20 Prozent auf 330 Mill. Euro pro Jahr gekürzt. Heftig sind die Einschnitte auch bei den Ausgleichszahlungen für Wirtschaftserschwernisse (AZ), die vor allem Bergbauern zugutekommen. Da werden die Mittel um sechs Prozent auf 242 Millionen reduziert.

Die neuen Richtlinien dafür orientieren sich künftig an der Einstufung gemäß dem Berghöfekataster und der Bodenklimazahl. Das bringt vor allem für Bauern in den Bergbauernzonen eins und zwei, aber auch in den sogenannten sonstigen benachteiligten Gebieten kräftige Einbußen. Tendenziell besser gestellt werden die Bauern nur in den Zonen drei und vier. Nach Einschätzung von Rupert Lindner vom Ministerium wird sich die Zahl der AZ-Bezieher dadurch um rund zehn Prozent auf 80.000 reduzieren.

Dennoch glaubt Lindner, dass die Salzburger Bauern „in Summe pari aussteigen“. Die Siloverzichtsprämie wird zwar gekürzt, dafür fällt die Gebietsbeschränkung. Reduziert wird auch das Salzburger Regionalprojekt und in ein neues Grundwasserkonzept integriert, Einbußen wird es auch bei der Steilmahdförderung geben. Dafür profitieren die Salzburger Bauern vor allem im Berggebiet von der österreichweiten Angleichung der Hektar-Zahlungen, die direkt von der EU-Kommission aus Brüssel kommen.

Insgesamt stehen für die nächsten sieben Jahre pro Jahr für die Maßnahmen im Programm Ländliche Entwicklung 1,1 Mrd. Euro zur Verfügung, um 2,2 Prozent weniger als bisher. 562,5 Mill. Euro davon kommen von der EU, 537,5 Mill. Euro vom Bund und 214 Mill. Euro von den Ländern.

„Wir müssen sparen und den Gürtel enger schnallen, da führt kein Weg herum“, hofft Rupprechter auf Verständnis bei den Bauern. Er hält das neue Programm dennoch für „innovativ, professionell und wettbewerbsfähig“. Dafür sorgen seiner Meinung nach vor allem die höhere Dotierung der Investitionsförderung und die verstärkte Berücksichtigung der Förderung von sozialen Diensten auf dem Land. „Die Förderung von Sozialprojekten bietet auch auf Bauernhöfen interessante Möglichkeiten“, sagt Rupprechter.

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 27. März 2014

"Liaba Uli"



Das Bild war in fast allen Zeitungen zu sehen. Ein Prachtbayer in vollem Ornat inklusive rotkariertem Hemd und Gamsbart hielt ein Transparent in die Kameras. "Liaba Uli, mia sog'n vergelt's Gott für ois".

28,5 Millionen Euro, die der Bayern-Präsident ans Steuern hinterzogen hat, sind da nichts. Auch nicht bei denen, die sonst am liebsten jeden kleinen Ladendieb oder Wurstsemmelräuber für Jahre hinter Gittern verschwinden lassen würden. "Vergelt's Gott für ois". Der Mann ist nicht hoch genug zu achten, verzichtet er doch auf Berufung und geht ins Gefängnis! Ein Mann in dieser Position! Alle Hochachtung!

Man staunt über die Honneurs, die Hoeneß in den vergangenen Tagen entgegengebracht wurden. Ein Mann hinterzieht 28,5 Millionen Steuern und geht ohne Widerspruch und ohne Muskeln spielen zu lassen ins Gefängnis - und schon steht die Gesellschaft Kopf. Nicht nur die stramm-bayerische, die Fußballwelt insgesamt und weite Kreise darüber hinaus. Selbst österreichische. Gesinnungsfreunde - da hält man zusammen und findet nur anerkennende Worte. Dabei tut der Mann doch nur, was eigentlich das Normalste der Welt ist. Er hat wissentlich Gesetze gebrochen, übernimmt die Verantwortung dafür und stellt sich der Strafe.

Als Alice Schwarzer beim Steuerhinterziehen erwischt wurde, war das noch ganz anders. Viele von denen, die heute Hoeneß verklären, hätten die deutsche Parade-Emanze am liebsten auf dem Scheiterhaufen gesehen. Dabei ging's bei ihr gerade einmal um einen Bruchteil der Hoeneß-Malversation.

Das Muster ist immer das gleiche. Geht es um das eigene Umfeld, macht man die Augen zu, geht es um andere, weiß man alles ganz genau und findet jedes Haar in der Suppe. Das gilt ganz unten genauso wie ganz oben, das gilt privat und in der Öffentlichkeit, zumal in der politischen Öffentlichkeit. Als Putin die
Krim kassierte, gab es nirgendwo auf der Welt Demonstrationen. Man mag sich nicht ausmalen, was gewesen wäre, hätten die Amerikaner irgendwo in Mittelamerika Ähnliches getan.

Was ist los in dieser Gesellschaft? Es scheint keine unbeeinflusste und unvoreingenommene Meinung und Einschätzung zu geben. Gerechtigkeitssinn schon gar nicht. Und auch kein Tun und kein Handeln, das von lauteren Motiven, wie der Suche nach Gerechtigkeit und Objektivität getragen wäre. Alles scheint nur mehr ideologischen Haltungen und irgendwelchen - und seien sie noch zu krude - Interessen untergeordnet zu sein. Es geht kaum mehr um die Wahrheit, sondern nur mehr um die Durchsetzungsfähigkeit. Es geht um Lagerinteressen. Und wenn nicht um die, dann um die Durchsetzung der Bedürfnisse von Pressure Groups oder von Einzelinteressen. Und wenn um die auch nicht, dann darum, dem Kontrahenten zumindest ordentlich und wo immer es geht ans Zeug zu flicken und madig zu machen.

Die Lautesten setzen sich durch, die Gerissensten, die Durchtriebensten und die mit dem besten Netzwerk, wie Klungelei heute gerne verharmlosend genannt wird. Die Ehrlichen, die Abwägenden und die Sorgsamen hingegen sicher nicht.

Da ist nur logisch, dass man überrascht ist, wenn jemand wie Hoeneß das Normalste tut und für seine Fehler die Verantwortung übernimmt. Aber den Hut vor ihm zu ziehen oder gar auf die Knie zu fallen, ist deswegen noch lange nicht notwendig. Es ist ein alarmierendens Zeichen, dass es dennoch derart viele tun.

Die Gesellschaft hat wohl längst die klare Sicht verloren. Längst sind die Maßstäbe aus dem Lot geraten. Es fehlt an den großen moralischen Linien und Instanzen, die dafür verantwortlich wären. Und es fehlt an denen, die sie einfordern.

Die Politik ist damit längst überfordert und auch die Kirchen und andere Instanzen wie etwa die Wissenschaft. Da verwundert nicht, dass sich Gesellschaftsgruppen ihre Moral selbst machen. Die einen jagen am liebsten mit schweren Geschoßen Hendldiebe und lassen die Großen gewähren, die anderen verbeißen sich in die Großen und vermuten überall dunkle Mächte und haben jedes Gefühl für die Bedürfnisse ihrer unmittelbare Umgebung verloren. Und wieder andere, wie etwa NGOs oder manche Medien, plustern sich in diesem Klima zu neuen moralischen Instanzen auf, um diese Lücken zu füllen. Und dabei geht's doch oft um nichts als um's Geld.

In dieser Gemengelage nimmt freilich nicht Wunder, wenn einer von denen, dann - endlich - doch tut, was zu tun ist, gleich als "liaba Uli" verehrt wird - auch wenn er vorher fast 30 Millionen Euro verräumt hat.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 27. März 2014

Donnerstag, 20. März 2014

Gnade für die Bauern auf der Alm



Der Groß­teil der Alm­bau­ern, die we­gen der strit­ti­gen Grö­ßen ih­rer Flä­chen in Ge­birgs­la­gen zur Kas­se ge­be­ten wur­den, darf auf Auf­he­bung der Sank­tio­nen hof­fen.

HANS GMEI­NERWien(SN).Im Streit um die Ver­mes­sung der Almf­lä­chen und die da­mit ver­bun­de­nen Sank­tio­nen für Tau­sen­de Bau­ern in Ös­ter­reich gibt es es nun ei­ne Lö­sung. „Bei den lau­fen­den Ver­fah­ren kön­nen mit­hil­fe ei­ner Be­stä­ti­gung der Land­wirt­schafts­kam­mer, dass die Flä­chen nach bes­tem Wis­sen und Ge­wis­sen er­mit­telt wor­den sind, die Sank­tio­nen weit­ge­hend zu­rück­ge­nom­men wer­den“, kün­dig­te am Mitt­woch Land­wirt­schafts­mi­nis­ter And­rä Rup­prech­ter an. „Es gibt aber kei­ne Ge­ne­ral­ab­so­lu­ti­on für al­le Fäl­le.“
Vo­raus­set­zung für die Be­frei­ung und Rück­ga­be von be­reits ver­häng­ten Straf­zah­lun­gen ist al­ler­dings, dass die Be­stä­ti­gun­gen der Kam­mer auch der Über­prü­fung durch die Ag­rar­markt Aust­ria (AMA) stand­hal­ten. Auf all­fäl­li­ge we­gen neu be­mes­se­ner Flä­chen er­for­der­li­che Rück­zah­lun­gen von För­der­gel­dern hat die Ei­ni­gung frei­lich kei­nen Ein­fluss.
Rup­prech­ter rech­net da­mit, dass rund 80 Pro­zent der Bau­ern die Straf­gel­der zu­rück­be­kom­men. Für Här­te­fäl­le wollen Bund und Län­der ei­nen Exis­tenz­si­che­rungs­fonds ein­rich­ten. Völ­lig un­klar ist vor­läu­fig, um wie viel Geld es geht, das die Bau­ern zu­rück­be­kom­men sol­len. Das hat da­mit zu tun, dass die Vor­schrei­bung der Sank­tio­nen nicht zwi­schen Un­ge­reimt­hei­ten bei der Ver­mes­sung der Al­men oder an­de­ren Ver­stö­ßen un­ter­schei­det.
Sank­tio­nen gab es ab dem Jahr 2009 vor al­lem in der Stei­er­mark und in Kärn­ten, Ti­rol, Vor­arl­berg und Salz­burg. Bei rund 4000 Al­men (von rund 8400 in ganz Ös­ter­reich) gab es in die­sen Bun­des­län­dern Be­an­stan­dun­gen. Be­trof­fen sind rund 12.000 Bau­ern.
Im Bun­des­land Salz­burg gab es bei 700 der ins­ge­samt 1800 Al­men Prob­le­me, be­trof­fen sind rund 2500 Bau­ern. „Für 500 Al­men ha­ben sich die Bau­ern Be­stä­ti­gun­gen von uns ge­holt“, sagt der Prä­si­dent der Land­wirt­schafts­kam­mer, Franz Essl. Sie dür­fen nun auf Be­frei­ung von Sank­tio­nen hof­fen. „150 bis 200 Al­men wer­den aber nicht um Sank­tio­nen um­hin­kom­men“, er­war­tet Essl. Für ihn ist die nun­mehr ge­fun­de­ne Lö­sung „ein ver­nünf­ti­ger An­satz“, aber kein Grund zum Ju­beln. „Das tun wir erst dann, wenn die end­gül­ti­gen Be­schei­de da sind.“ Auch Lan­des­rat Jo­sef Schwai­ger zeig­te sich er­leich­tert. „Da­mit ist ein Ka­pi­tel be­en­det, in dem Sys­tem­feh­ler viel an­ge­rich­tet und das Image der Bau­ern ge­schä­digt ha­ben.“
Sol­che Prob­le­me soll es in Zu­kunft nicht mehr ge­ben. Die AMA ver­misst die Flä­chen neu, die Alm­prä­mi­en sol­len sich in Zu­kunft an der Zahl der auf­ge­trie­be­nen Rin­der ori­en­tie­ren.

Ziel unerfüllter Wünsche



Neos in allen Ecken und aus allen Richtungen. Nach dem Wahlerfolg in Salzburg gilt die pinke Partei, die es schon im Herbst auf Anhieb in den Nationalrat schaffte, endgültig als Shooting-Star der heimischen Politszene. Die Zeitungen gehen über vor Analysen, Umfragen weisen den Polit-Neulingen aus dem schwarz-liberalen Umfeld ausgezeichnete Werte aus. Von einer mit abschätzigem Lächeln bewerteten Parteiinitiative sind die Neos rasch zu einem respektierten Player in der heimischen Innenpolitik geworden. Alles scheint in ihre Richtung zu laufen, nichts scheint sie stoppen zu können.

Für immer mehr Menschen vor allem aus dem konservativ-liberalen Lager sind die Neos Zielhafen ihrer oft jahre- und jahrzehntelang unerfüllten Wünsche an die Politik. Man traut ihnen zu, was man anderen Parteien, namentlich der Volkspartei, die sie jahrelang frustrierte und von der sie sich entfremdeten, nicht mehr zutrauen. Offenheit, Dialog, Wertschätzung, Verständnis für Umstände und Positionen, die sich nicht in das schwarz-weiß von miefigen Parteiprogrammen pressen lassen. Da fühlt man sich Leuten, wie dem hemdsärmeligen und zuweilen schrulligen Matthias Strolz allemal näher, als den so steifen wie glatten Krawattentypen etablierter Parteien, die als Gralshüter oft überholter Traditionen vorgeben, die Familien, die Bildung, die Wirtschaft und vieles retten zu können - was von immer mehr freilich als abseits der Wirklichkeit und der tatsächlichen Bedürfnisse in den Familien, in den Schulen und in den Unternehmen empfunden wird.

Strolz und seine Neos brauchen nichts zu tun, als diesen suchenden, verärgerten und enttäuschten Leuten Heimat zu bieten. Und genau das tun sie. Sehr erfolgreich.

Sie tun freilich um keinen Deut mehr. Nach fast zwei Jahren auf dem politischen Parkett sind die Neos immer noch damit beschäftigt, sich zu organisieren und aufzustellen. Von politischer Arbeit, von politischem Einfluss gar ist freilich weit und breit nichts zu sehen.

Die Neos können sich das leisten. Es wird von ihnen nichts anderes erwartet. Auch nicht von denen, die sich mitunter lautstark, kritisch und nörgelnd von ihrem bisherigen politischen Umfeld verabschiedeten. Bei den Neos legen sie andere Maßstäbe an. Und das macht es leicht, auf Wolke sieben zu schweben und dort gleich in der Politik mitzureden.

Wie lange das funktioniert, wird sich weisen. Weil die ÖVP derzeit nach allen Seiten ausrinnt, ist wohl davon auszugehen, dass es noch länger funktionieren wird. Ohne viel zu tun und ohne viel Arbeit. Denn um den Erfolg braucht man sich nicht selbst zu kümmern, für den sorgen andere.

Der Erfolg der Neos ist bezeichnend für den politischen Zustand des Landes. Die Leute sehnen sich nach etwas anderem, immer dringlicher. Man hat die Hilflosigkeit an der Staatsspitze satt, die Starrheit und die Ideenlosigkeit. Man kann mit den Parteiprogrammen nichts mehr anfangen und man will es auch nicht mehr. Die Ideologien, die dort festgeschrieben und hochgehalten werden, werden immer öfter als untauglich für Alltag und Leben und die gesellschaftlichen Strukturen am Beginn des 21. Jahrhunderts empfunden. Als nichts, denn als teurer und schwerfälliger Ballast, der der Zukunft entgegen steht.

Frank Stronach verstand es, diesen Missmut zu nutzen, eher er sich selbst mit hanebüchenen politische Anschauungen und bizarren Auftritten in der Öffentlichkeit abmontierte. Strache und seine FPÖ verstehen sich darauf. Und auch die Neos.

Fehler sind den Pinken bisher nicht unterlaufen. Nur böse Zungen fragen, wie denn auch? Sie stehen nirgendwo in einer Verantwortung, sie haben sich für nichts zu rechtfertigen und sie müssen für nichts gerade stehen. Die Nagelprobe steht ihnen noch bevor. Wann sie kommen wird ist ungewiss, dass sie kommen wird indes nicht.

Erst dann wird sich zeigen, was die junge Partei taugt, wie sich die vielen Querköpfe und Querdenker, die sich dort versammeln, auf einen gemeinsamen Nenner verständigen können und wie es ihnen gelingt, ihre Ideen auch umzusetzen. Und es wird sich zeigen, was all die, die jetzt Sympathie für die neue Partei zeigen, davon wirklich halten. Ob sie sich und ihre Vorstellungen wiederfinden werden, ob sie sich geschätzt und vertreten fühlen und ob sie Strolz und seinen Leuten glauben, was sie versprechen.

Diese Nagelprobe könnte freilich sehr bald kommen -wenn sich der Zulauf tatsächlich so entwickelt, wie Umfragen vorhersagen.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 20. März 2014

Samstag, 15. März 2014

Wieder Geld für Investitionen der Bauern



Nach zwei Jahren können Bauern wieder Förderungen beantragen

Linz (SN-gm). Weil die Fördertöpfe vorzeitig leer geräumt waren, gab es in den vergangenen zwei Jahren für die Bauern keine Gelder von der öffentlichen Hand, wenn sie in Ausbau und Modernisierung ihrer Betriebe investieren wollten. Ab kommender Woche soll das wieder anders werden. „Nach der grundsätzlichen Einigung über die Gestaltung der ländlichen Entwicklung können wieder Anträge gestellt werden“, kündigte am Donnerstagabend Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter in Linz an. „Wir erwarten nächste Woche grünes Licht von der EU-Generaldirektion Landwirtschaft.“

Der Investitionsrückstau auf den Bauernhöfen ist enorm. Eine Umfrage ergab, dass nach Freigabe der Mittel und Klarheit über die Förderbedingungen für die neue EU-Budgetperiode allein in den kommenden zwei Jahren in der heimischen Landwirtschaft bis zu 5,5 Mrd. Euro investiert werden. In den vergangenen Jahren stellten die Bauern jährlich bis zu 10.000 Anträge auf Investitionsförderung. In der abgelaufenen EU-Budgetperiode standen rund 80 Mill. Euro pro Jahr dafür zur Verfügung. Wie viel es in Zukunft sein werden, wollte Rupprechter nicht sagen. Laut informellen Quellen sollen es zumindest 90 Mill. Euro sein.

Auch zu anderen Details der Einigung zur künftigen Gestaltung der ländlichen Entwicklung, die auch die Agrar-Umweltprogramme und die Bergbauernförderung beinhaltet, zeigte sich der ansonsten so gesprächige Minister schweigsam. „Kommenden Donnerstag wird das Konzept veröffentlicht.“

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 15. März 2014

Donnerstag, 13. März 2014

Wirkliches Leben



Die Erfahrungen, die dieser Tage der Salzburger SP-Landesparteiobmann Walter Steidl, vom Sessel des Landeshauptmann-Stellvertreters auf die harten Oppositionsbänke verbannt, in einem Interview schilderte, möchte man gerne weiter empfehlen. Sie könnten der heimischen Politik gut tun, sie könnten dem Land gut tun. Und sie könnten den ewig gleichen Trott endlich einmal durchbrechen. Aus dem offiziellen Leben von Stadt und Land sei man ausgeschlossen, gab er zu Protokoll, dafür gebe es wieder mehr Kontakt zum "wirklichen Leben der Leute".

Das hört man gerne, das lässt sich ausbauen und man ist geneigt, das als fixe Verpflichtung zu fordern. Zumal, wenn man all das Revue passieren lässt, was einem so im Laufe der Legislaturperioden der diversen Gebiets- und anderen Körperschaften unterkommt. An Unsinnigkeiten, die an den wirklichen Bedürfnissen der Leute vorbeigehen, an Weltfremdheiten und an Weichenstellungen für diese Lobby und jene und an Gefälligkeitsgesetzen für Parteifreunde. Teuer meist, wirkungslos oft, und ärgerlich zuweilen. Die Liste wäre wohl lang, die ausschließlich darauf zurückzuführen ist, dass die Damen und Herren in der Politik, in den Gemeinden genauso, wie in den Ländern und im Bund, bei ihrer Arbeit das "wirkliche Leben der Leute", wie Steidl es nennt, nicht immer im Auge haben, weil sie es schlicht und einfach nicht mehr kennen.

Auch wenn das gerne zur Häme verleiten mag, für die Damen und Herren in der Politik ist es in der Tat oft alles andere als einfach, das "wirkliche Leben der Leute" zu kennen. Und das nicht so sehr, weil sie im fernen Wien oder in der fernen Landeshauptstadt arbeiten und dort ihre Zeit in Sitzungen und Ausschüssen versitzen und, abgeschlossen im Dienstwagen, von einem Termin zum anderen hetzen. Das mag, das sei zugegeben, seinen Anteil daran haben, dass manche den Boden der Realität unter den Füssen verlieren, zumal dann, wenn sie über lange Zeit auf dem politischen Parkett tanzen, und nicht dort, wo sie herkommen. Am Arbeitsplatz im Industriebetrieb, an der Kassa im Handel, in den verwinkelten Räumen des kleinen Gewerbetriebes oder im Kuhstall auf dem Berghang weit über dem Tal.

Das ist nur die eine Seite. Denn dass es für die Damen und Herren Politiker mitunter schwierig ist, das "wirkliche Leben der Leute" kennen zu lernen, hat auch mit denen zu tun, die sie vertreten wollen und sollen. Wie zeigen die ihr "wirkliches Leben"? Ist es der Bittsteller, der mit seinem ganz speziellen eigenen Anliegen zum Sprechtag kommt, der das "wirkliche Leben der Leute" repräsentiert. Ist der repräsentativ, der den Mumm hat, bei einer Veranstaltung aufzustehen und etwas zu sagen? Oder die, die mit einem um ein Kompliment heischenden Lächeln an der Bar um den Politiker herumscharwenzelt, um auf sich aufmerksam zu machen? Sagen die Leute, was sie wirklich denken, oder lieber das, von dem sie glauben, dass es gehört werden will? Ist das überhaupt bei jedem von Relevanz oder ist es bloß Wichtigtuerei fern der Realität? Wer unterscheidet und wie? Und wie ist das Bild, das dabei herauskommt? Zumal in Österreich, wo dem Bürgerinnen und Bürgern immer noch eine gewisse Unterwürfigkeit und vorauseilender Gehorsam im Umgang mit Obrigkeiten, zumal politischen, eigen ist.

In diesem Umfeld erstaunt nicht, dass Weichenstellungen oft kaum nachvollziehbar sind und als wirklichkeitsfremd empfunden werden. Denn viel zu oft scheinen es die besonders Lauten zu sein, die sich durchsetzen, oft die besonders gut Organisierten und oft sind es auch die ganz Stillen, bei denen man sich das Publikum fragt, wie die das gemacht haben.

Aber repräsentieren all diese Prozesse "das wirkliche Leben der Leute"? Was ist mit denen, die weder laut sind noch gut organisiert, noch sich besonders auf die heimlichen Wege verstehen?

Der Verdacht liegt nahe, dass die oft zu kurz kommen. Und der Verdacht liegt nahe, dass dieses Zu-Kurz-Kommen bei vielen längst in das gemündet ist, was das Land als Politikverdrossenheit beschäftigt.

Salzburgs ehemaliger Landeshauptmann-Stellvertreter hat, niemandem etwas schuldig und von niemandem mit Begehrlichkeiten angebaggert, wohl tatsächlich in seiner neuen Position die besseren Chancen, "das wirkliche Leben der Leute" kennen zu lernen. Ihm macht niemand etwas vor, weil niemand etwas von ihm erwartet. Nicht in die eine und nicht in die andere Richtung.

Und genau das ist die Position, die vielen anderen Politikerinnen und Politikern in diesem Land auch gut täte.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 13. März 2014

Samstag, 8. März 2014

Krim-Krise trifft Schweinebauern



Derzeit zahlen nur die Fleischproduzenten drauf. Auf Sicht könnte die Krim-Krise die Lebensmittelpreise steigen lassen.

HANS GMEINER Salzburg (SN). Gebannt verfolgt man in der heimischen Landwirtschaft die Vorgänge rund um die Krim-Krise. Zum einen ist Russland ein wichtiger Markt vor allem für die österreichische Fleischwirtschaft, zum anderen bestimmt die Ukraine als einer der größten Produzenten weltweit maßgeblich die Entwicklung nicht nur der Preise für Getreide, sondern auch für Futtermittel. Auch international beobachtet man daher die Entwicklung mit Argusaugen. Die FAO lässt keinen Zweifel daran, dass sich die Krim-Krise nicht nur auf die Preise für die Bauern, sondern in der Folge auch auf die Lebensmittelpreise auswirken könnte.

Am meisten zittern derzeit die heimischen Schweinebauern. „Uns trifft die Krise auf dem falschen Fuß“, sagt Hans Schlederer von der österreichischen Schweinebörse. Wegen zweier verendeter Wildschweine in Lettland, bei denen im Jänner die für Menschen ungefährliche Afrikanische Schweinepest festgestellt wurde, sperrte Russland über Nacht alle EU-Importe. „Nun wären gerade Gespräche mit Russland über eine Lockerung der Sperre in Gang gekommen“, sagt Schlederer. „Jetzt steht aber wieder alles und damit auch die Hoffnung auf Entspannung auf den Märkten.“

Russland ist für die europäischen Schweineproduzenten der wichtigste Exportmarkt. 600.000 bis 700.000 Tonnen Schweinefleisch liefert die europäische Landwirtschaft jährlich dorthin. „Das ist ein Viertel der gesamten Schweinefleisch-Exporte der Union“, sagt Schlederer. „Die drängen jetzt in Europa auf den Markt.“ Entsprechend groß sind die Marktverwerfungen, seit nicht mehr geliefert werden kann. „Derzeit versucht man über Lager abzupuffern, aber irgendwann wird auch das nicht mehr reichen“, sagt Schlederer.

Der russische Importstopp kam die heimische Schweinebranche, die pro Jahr rund 11.000 Tonnen nach Russland liefert, teuer zu stehen. Die Preise rutschten in den vergangenen Wochen um fünf Cent auf 1,65 Euro pro Kilogramm Schweinefleisch ab. „Dabei hatten wir wegen der kleineren Schweinebestände und der guten Marktentwicklung mit einem Ansteigen auf 1,80 Euro je Kilogramm und mehr gerechnet“ sagt Schlederer. „Wir hätten diese Erhöhung wegen der hohen Futtermittelpreise dringend gebraucht.“

Nach Einschätzung Schlederers kostete der Importstopp in Russland die heimischen Bauern und die Verarbeiter bisher insgesamt rund acht Millionen Euro. So wie es aussieht, werden noch viele Millionen dazukommen. Auf konkrete Prognosen mag sich Schlederer nicht einlassen. „Solange es zu keiner politischen Entspannung kommt, wird der Druck auf den Märkten anhalten.“

Aber nicht nur in der Schweinebranche zittert man. Verunsichert sind auch viele Unternehmungen aus dem agrarischen Umfeld, die in Russland und in der Ukraine engagiert sind. Dazu gehören Saatgutproduzenten genauso wie Landesproduktenhändler, Dünger- und Pflanzenschutzmittelhersteller und Unternehmen wie die Agrana, die sowohl in Russland als auch in der Ukraine Fruchtzubereitungen erzeugt.

Gespalten sind hingegen die Erwartungen auf den Getreidemärkten. Während die Tierproduzenten steigende Preise befürchten, liebäugeln die Getreideerzeuger auch in Österreich damit, dass die Preise für ihre Produkte nach den Tiefs der beiden vergangenen Jahre wieder in Höhen kommen, die ihre Arbeit lukrativ macht.

Einstweilen geht es aber weder markant in die eine noch in die andere Richtung. Abwarten ist auf den Getreidemärkten die Devise. Preissprünge blieben bisher aus.

Salzburger Nachrichten  - Wirtschaft, 8. März 2014

Donnerstag, 6. März 2014

Kaufen wir bald nur noch im Netz?



Kaum zwei Prozent der Lebensmittel werden in Österreich per Mausklick gekauft. Das könnte sich rasch ändern, doch die Probleme sind groß.

Regina Reitsamer Hans Gmeiner salzburg (SN). Der Siegeszug des Onlinehandels wirbelt die Welt des Einzelhandels durcheinander. Ein Bereich blieb bisher verschont: Lebensmittel. Doch die Schonfrist ist vorbei, glaubt der Chef des deutschen Handelsriesen Rewe, der in Österreich mit seiner Tochter – zu der Billa, Merkur, Adeg und Penny zählen – Marktführer bei Lebensmitteln ist. „Ich bin überzeugt, dass die Zeit des Massengeschäfts im stationären Handel vorbei ist“, sagte Alain Caparros im Gespräch mit der dpa. „Der Tagesbedarf wird bald online eingekauft werden.“

Marktforscher sehen den Trend ähnlich. Auch im Lebensmittelhandel werde 2020 bereits jeder zehnte Euro im Internet ausgegeben, so eine Studie von Ernst & Young. „Die Entwicklung wird rasant sein“, sagt auch Wolfgang Richter von RegioPlan. Prognosen für Österreich will er keine abgeben, denn die Entwicklung hänge nicht zuletzt vom Verhalten der Marktteilnehmer ab – und die reagieren höchst unterschiedlich.

Die Erwartungen bestätigt auch eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Keyquest unter Experten aus der Lebensmittelbranche. „85 Prozent der Befragten rechnen damit, dass die Bedeutung des Internethandels in den nächsten zehn Jahren wachsen wird, das sind um sieben Prozent mehr als noch vor drei Jahren“, sagt Keyquest-Chef Johannes Mayr. Er gibt sich vorsichtig. „Weil die Leute immer weniger daheim sind, wird die Umsetzung der Onlinepläne ein schwieriges Thema bleiben.“ Bei Lebensmitteln werde das Onlinegeschäft daher über einen gewissen Anteil nicht hinauskommen.

Rewe hat bereits im Vorjahr in Österreich seinen Onlineauftritt ausgeweitet. 5000 Produkte bietet man an, fast so viele wie in einer Filiale, für knapp sechs Euro wird an die Haustür geliefert, vorerst nur in Wien, andere Städte sollen folgen. Die Tiroler Supermarktkette MPreis hat mit „TanteM“ einen eigenen Onlineshop eröffnet. Anders als bei Billa gelten hier auch alle Angebote des stationären Handels, und das bei insgesamt 8000 Produkten, erklärt Sprecherin Ingrid Heinz. Geliefert wird in Innsbruck und Umgebung für drei Euro, bei Bestellung bis Mittag noch am selben Tag in einem gewünschten Zeitfenster von zwei Stunden. Das werde von vielen angenommen, sagt Heinz: „Ein blinder Kunde hat erzählt, dass er jetzt über Internet endlich seine Einkäufe ohne Hilfe erledigen kann. Es gibt aber auch Familien, die sich den Wocheneinkauf liefern lassen, weil sie ihn dann nicht nach Hause schleppen müssen. Ins Geschäft kommen sie nur, um Gemüse oder Frischfleisch selbst auszusuchen.“

Kritischer sieht man das bei Spar. Getestet werde an allen Ecken und Enden, bisher gebe es aber keine befriedigenden und kostendeckenden Lösungen, sei es bei den Kosten für den Transport, beim Thema Kühlung oder bei simplen Problemen, etwa dass bei der Lieferung niemand zu Hause ist. Es gebe viele Kinderkrankheiten und „wir müssen hier nicht die Ersten sein“, sagt Spar-Sprecherin Nicole Berkmann. Wein freilich verkauft man bereits erfolgreich über das Internet.

Die wirkliche Konkurrenz komme nicht vom bestehenden Lebensmittelhandel, sondern von reinen Onlineanbietern, sagt Handelsexperte Richter. „Das war bei Büchern oder im Elektrobereich ähnlich, der stationäre Handel hat das lange übersehen.“ Auch im Lebensmittelbereich würden bestimmte Produkte bereits erfolgreich über Internet verkauft. Zuletzt wurden Pläne bekannt, dass auch der Internet-Gigant Amazon bis Herbst in Deutschland und Österreich in das Geschäft mit frischen Lebensmitteln einsteigen will.

„Das ist wie ein Bazillus“, meint Rewe-Chef Caparros. Die ersten Symptome spüre man kaum. Doch schon jetzt werde das Sortiment „scheibchenweise von den Onlinern attackiert“. So würden bald 20 Prozent des Tierfutters online gekauft. Punkten will Rewe künftig mit der Kombination aus stationärem und Onlinehandel. Immer mehr Supermärkte haben eine Form von Gastrobereich: ob Sushibar, Café oder Weinecke. „Der Supermarkt der Zukunft wird ein Ort der Begegnung sein“, sagt Caparros.

Ob mit oder ohne Online – schon jetzt ist klar, dass sich die Ernährungsgewohnheiten in den kommenden Jahren deutlich verändern. Snacks statt klassischen Mahlzeiten und mehr Fertig- und Halbfertigprodukte – das sind die großen Trends in der Ernährung in den kommenden zehn Jahren, die Mittwoch bei einer Tagung der AMA-Marketing in Salzburg präsentiert wurden. Gemüse, Obst, Fisch, Geflügel und Käse werden zu den Gewinnern zählen, Fleisch von Rindern und Schweinen, aber auch Milch zu den Verlierern.

Das hat auch mit einem rasanten Zuwachs der Vegetarier und Veganer zu tun. Vor allem in den Altersklassen bis 40 Jahre geht der Fleischkonsum bereits massiv zurück. Vernünftige Ernährung bleibe wichtig, noch viel wichtiger sei, wie sie im täglichen Leben unterzubringen sei, sagt Keyquest-Chef Mayr. Das zu organisieren gewinne an Bedeutung.

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 6. März 2014

Kollateral-Versagen



Noch im vergangenen November empfing Österreichs Bundespräsident Heinz Fischer den nunmehr in aller Welt als gierigen, korrupten und brutalen Despoten verachteten und geschmähten Viktor Janukowitsch als Präsident der Ukraine mit allen militärischen Ehren. Und vor drei Wochen kriegte man sich schier gar nicht mehr ein, als Russlands Präsident Putin im Österreicher-Haus in Sochi einkehrte.

Heute tut man entrüstet und aufgeregt und wer auf sich hält, hat "eh immer gewusst, wie es kommen wird".

Heinz Fischer und das restliche Österreich sind nicht die einzigen, die die politischen Vorgänge rund um die Ukraine schlecht aussehen lassen. Statt sich ernsthaft zu interessieren, malte man sich allerorten mit im Westen bekannten Figuren wie dem Boxweltmeister Vitali Klitschko oder der ehemaligen Freiheitsheldin Julia Timoschenko ein Bild zusammen, das freilich wenig mit der Wirklichkeit zu tun hatte. Mangels Wissen um Zusammenhänge und Fakten waren es die Muster der Seitenblicke-Gesellschaft und des Boulevards, die die Beurteilung der Lage in Kiew bestimmten. Ganz so, als wäre die Welt ein Groschenroman.

In den westlichen Regierungsstuben und Redaktionen bog man sich die Interpretation der Vorgänge in der Ukraine schier nach Belieben und viel zu oft den Erfordernissen der Auflagen und Einschaltquoten entsprechend zurecht. Die tatsächlichen Verhältnisse und die Zusammenhänge in dem Land, die vielschichtigen Wechselwirkungen mit Russland und die Winkelzüge des Herrn im Kreml hingegen spielten kaum eine Rolle.

Wie sollten sie auch, es wusste auch kaum jemand Bescheid darum. Die Folgen sind dramatisch. Selten wurde die Situation in einem Land so falsch eingeschätzt, wie die Entwicklung der Ukraine in den vergangenen Monaten. Diplomatie, Wissenschaft und Medien versagten auf der ganzen Linie.

Man war ganz offensichtlich auf beiden Augen blind. Und das nicht nur, weil man unter allen Umständen den Spagat zwischen wirtschaftlichen Interessen und politischen Erfordernissen hinbringen wollte, ohne es sich mit irgendjemandem zu verscherzen. Die Wirklichkeit der Politik, zumal jener von Leuten eines Kalibers von Janukowitsch oder gar Putin, wurde einfach negiert, weil sie im Westen niemand in den Kram passte und auch als nicht statthaft gilt.

Um so größer war die Betroffenheit, als die sich in eine freie Ukraine hineinträumende Welt am vergangenen Wochenende in aller Brutalität von Putin zurückgeholt wurde. Spätestens damit mussten auch die letzten Ukraine-Romantiker zur Kenntnis nehmen, dass Politik sehr viel mehr ist als simple fette Schlagzeilen, anrührende Geschichten und ein paar harsche Worte - nicht nur in der Ukraine, sondern überall.

Die Ukraine-Krise zeigt, dass die Welt nicht so einfach ist, wie wir sie gerne hätten. Und sie ist schon gar nicht so einfach, wie sie vom Boulevard und von populistischen Politikern dargestellt wird. Einfache Interpretationen führen viel zu schnell zu falschen Schlüssen und von dort geht es unmittelbar in Richtung falsche Entscheidungen. Am Ende stehen, wie jetzt in der Ukraine, oft desaströse Zustände.

Nicht nur die Ukraine und die Menschen dort leiden darunter. Unter diesem Mechanismus, der sich längst in unser aller Leben eingeschlichen hat, leiden wir alle. Im öffentlichen, wie im privaten Leben. Wissen zählt nicht mehr, Geduld auch nicht, Fakten nicht und auch nicht Bedacht. Alles muss schnell und laut gehen. Wer zögert, gilt als Verlierer, wer Informationen auf den Grund geht, als Bremser, wer nachfragt, als Pedant. Was den Wünschen entgegensteht, wird ignoriert. Etwas schön zu reden gilt als Tugend. Was zählt sind Umfrageergebnisse und Quoten. Charakter ist längst keine Kategorie mehr.

Der Druck wächst allerorten. Immer weniger können und wollen sich ihm entziehen. Man ergibt sich den einfachen Lösungen und scheut sich, den Dingen auf den Grund zu gehen.

Eine taugliche Basis ist das freilich nicht. Nicht im privaten und beruflichen Leben und schon gar nicht in der Politik. Da wie dort geht es zumeist ganz anders und viel differenzierter zu, als man es haben möchte. Da ist mit Seitenblicken, billigem Populismus und Boulevard wenig anzufangen. Das steht man schnell so da wie unser Herr Bundespräsident mit dem ukrainischen Despoten und das ganze Land mit dem russischen Präsidenten.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 6. März 2014

Dienstag, 4. März 2014

Eine böse Überraschung für die Bauern



Mit Hochdruck wird derzeit an der Umsetzung der EU-Agrarreform in Österreich gearbeitet. Auf die Bauern kommt dabei viel Neues zu und nicht nur Gutes.

 HANS GMEINER Salzburg (SN). Zuerst die gute Nachricht: Für die ländliche Entwicklung, aus der auch das Umwelt- und das Bergbauernprogramm finanziert werden, wird in der EU-Budgetperiode bis 2020 in Österreich fast so viel Geld zur Verfügung stehen wie bisher. Die schlechte: Für Zigtausende Bauern könnte es dennoch dick kommen, weil für flächenbezogene Ausgleichszahlungen wie Umweltprogramme und Bergbauernförderung deutlich weniger Mittel zur Verfügung stehen werden als bisher. Noch gibt es keine offiziellen Zahlen, aber intern geht man davon aus, dass für die beiden zentralen Elemente von Österreichs Agrarpolitik jährlich um bis zu 150 Mill. Euro, damit rund ein Fünftel, weniger zur Verfügung stehen werden.

Verantwortlich dafür ist nicht nur die Kürzung der EU-Mittel um 3,4 Prozent, sondern auch neue Programmschwerpunkte wie die Umschichtung in die verstärkte Förderung von Hofübernehmern. Zudem gehen, wie von Arbeiter- und Wirtschaftskammer gefordert, mehr Mittel aus der ländlichen Entwicklung in den nicht agrarischen Bereich. Künftig soll mehr Geld für regionale Wirtschaftsprojekte, für den Tourismus, aber auch für Sozialprojekte wie Pflege- und Kinderbetreuungseinrichtungen oder ambulante Gesundheitsdienste zur Verfügung stehen.

Derzeit fließen knapp 800 Millionen Euro aus Mitteln der EU, des Bundes und der Länder in die Umwelt- und Biobauernförderung und in Ausgleichszahlungen für Bauern in Erschwerniszonen. Rund 250 Millionen davon entfallen allein auf die Bergbauernförderung. Weil erklärtes politisches Ziel ist, die Bergbauern in den beiden höchsten Erschwernisgruppen besserzustellen als bisher, müssen sich vor allem die Bauern, deren Höfe in die Kategorien eins und zwei oder in sonstige benachteiligte Gebiete fallen, auf deutliche Kürzungen einstellen. Sie müssen mit Prämieneinbußen von 40 bis 60 Prozent rechnen. Die Ausgleichszahlungen werden sich in Zukunft wesentlich stärker als bisher auf tatsächliche Bewirtschaftungserschwernisse beziehen und weniger auf Parameter wie geografische Lage oder Klima. „Viele Bauern im Waldviertel und im Mühlviertel sind stärker benachteiligt als manche Regionen, wie etwa die rund um Innsbruck“, sagt Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter, „da werde ich Maßnahmen setzen.“

In Salzburg werden neben den Bauern in den Erschwerniskategorien eins und zwei auch die Bauern im Flachgau betroffen sein, die vielerorts dank ihrer Lage in einem der so definierten „sonstigen benachteiligten Gebiete“ bisher Ausgleichszahlungen bezogen. Sie müssen sich in Zukunft auf kräftige Kürzungen einstellen, wenn sie nicht überhaupt Opfer der neuen Richtlinien werden und leer ausgehen. Das wird nach Einschätzung von Experten bei vielen Bauern zumindest einen Teil der Besserstellung, die sich durch die geplante Angleichung der Hektarprämien ergibt, wieder wegfressen.

Unter die Räder zu kommen, fürchten auch die heimischen Biobauern. Bio Austria fürchtet um 30 Prozent der Fördermittel. „Die Umweltleistungen der heimischen Biobauern können damit nicht mehr ausreichend abgegolten werden“, sagt Biobauern-Obmann Rudi Vierbauch. „Es wird daher zu einem Rückgang der Biolandwirtschaft kommen.“ Rupprechter hält diese Ängste und Vorwürfe für absurd. „Es stimmt einfach nicht, dass wir den Biolandbau schwächen wollen“, lehnt der Minister zusätzliche Begehrlichkeiten ab, „ich muss nicht nur mit den Biobauern zusammenkommen, sondern auch mit den anderen Bauern.“

Und das ist ohnehin schwer genug. Angesichts der gekürzten Budgets ist der Minister mit Begehrlichkeiten von allen Seiten konfrontiert. Dazu gehört die Forderung, er solle die geplante Beschränkung der Steilmahdförderung auf Flächen jenseits von 35 Prozent Hangneigung nochmals überlegen, ebenso wie jene, Trockengebiete in der Förderung verstärkt zu berücksichtigen, und viele andere Wünsche. „Es steht leider nicht mehr, sondern weniger Geld zur Verfügung“, sagt der Landwirtschaftsminister den Bittstellern. Sein Ziel sei es angesichts dieser Verhältnisse, „mit weniger mehr zu machen“. Die Zeit drängt ohnehin. Spätestens Anfang April soll das neue Programm für ländliche Entwicklung in Brüssel zur Genehmigung vorgelegt werden. Grünes Licht soll es im Mai geben.

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 4. 3. 2014

Samstag, 1. März 2014

Mit Hü und Hott ins Image-Abseits




In Oberösterreich läuft dieser Tage eine breit angelegte Kampagne an, die das Verständnis für die Arbeit der Bauern und die Produkte, die sie erzeugen, verbessern sollen. Da stehen einzelne Produkte im Mittelpunkt. In Niederösterreich wirbt für Nämliches seit Jahren eine ganz anders gestrickte Kampagne. "Landwirtschafft's" stellt bäuerliche Initiativen vor, auf dass sich das Verständnis verbessere. Im vergangenen Herbst versuchte der Bauernbund unter dem Slogan "Dahoam" Stimmung zu machen. Wieder auf ganz andere Art. Eine eigene Linie verfolgen auch all die anderen, die für die Landwirtschaft werben wollen. Die AMA-Marketing hält den Tag des Apfels, den Tag des Eis und den Weltmilchtag hoch. Die Hagelversicherung glaubt mit der Warnung vor unmäßigem Bodenverbrauch dem Bauernimage dienlich sein zu können. Und die Milchwirtschaft glaubt das zu tun, indem sie handmelkende Bauern und mit Kälbern schmusende Bäuerinnen zeigt. 
Hü und Hott, dort ein bisserl und da ein bisserl. Und von da drüben auch noch etwas. Einmal in diese Richtung, dann in die andere. Manchmal lange nichts, dann vieles auf einmal. Jeder pflegt mit Inbrunst sein kleines Schrebergärtchen. Ein gemeinsames Ziel, eine abgestimmte Strategie gar, sind indes in diesem Plakat- und Broschürenwald kaum zu erkennen. Der Auftritt der heimischen Landwirtschaft und ihrer Organisationen in der Öffentlichkeit stellt sich als zusammenhangsloses Sammelsurium von Konzepten dar, getragen oft von Eitelkeiten der jeweiligen Organisationen und Proponenten und planlos in den Werbekosmos geschossen vor allem der eigenen Befriedigung willen.
Da nimmt nicht Wunder, dass die Bauern trotz der Vielzahl der Bemühungen unglücklich damit sind, wie sie und ihre Arbeit von der Öffentlichkeit gesehen werden. "Unsere Arbeit wird zu wenig realitätsnah dargestellt", hadern sie mehr denn je mit dem Bild, das sich die Gesellschaft von ihrer Arbeit macht. Denn das wird bestimmt vom sprechenden Schweinderl des Handelskonzerns, vom huldvoll über Wiesen schreitenden Öko-Guru und von NGOs, die auch einmal in Ställe einbrechen, wenn sie nur der Landwirtschaft ans Zeug flicken können.
Die Landwirtschaft indes wirkt hilflos. Artig, brav, zuweilen bieder und korrekt bis über beide Ohren in der Darstellung der eigenen Welt ist man längst die die Defensive geraten.
Auf der heurigen Wintertagung sorgte eine Präsentation aus der Schweiz für viel Aufsehen. Dort werden die Werbemittel für die Landwirtschaft gebündelt und dort wird die Bauernarbeit wie aus einem Guss dargestellt. Auch in Österreich ist es höchste Zeit in diese Richtung zu gehen.
Auch bei uns sollten sich endlich alle beteiligten Institutionen vom Ministerium über die Bauernkammern, die Länder bis hin zur AMA-Marketing, aber auch die großen Agrarunternehmen des Landes an einen Tisch setzen und in eine Richtung arbeiten. Am Geld sollte es, betrachtet man nur die Vielfalt der Aktivitäten, nicht liegen. In einen gemeinsamen Topf eingebracht, würde es für die Bauern wohl mehr bringen, als derzeitige planlose Nebeneinander.
Dafür ist freilich nicht nur ein Umdenken in dem PR-Abteilungen nötig. Dafür ist es vor allem nötig, dass die Chefs der jeweiligen Institutionen und Unternehmungen umdenken und ihre eigenen Eitelkeiten hintanstellen. Weil vielen von ihnen bekanntermaßen genau das schwer fällt, sollte man sich freilich nicht in zu viel Optimismus ergehen.
Es wäre aber schön, wenn sich der gelernte Österreicher auch einmal täuscht.
 
Gmeiner meint - Blick ins Land, 1. März 2014 
 
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