Mittwoch, 21. Juli 2010

Chaos bei den Biobauern




HANS GMEINER Salzburg (SN). Der Markt für heimisches Biogetreide versinkt im Chaos. Tausende Bauern, die derzeit mitten in der Ernte stehen, wissen angesichts der Probleme rund um die bisher marktbeherrschende Agentur für Biogetreide immer noch nicht, wer ihnen das Getreide abnimmt. Viele lagern es entweder auf eigene Kosten ein und warten, bis sich eine Lösung abzeichnet. Viele haben dafür aber nicht die Nerven oder die nötige Finanzkraft und verkaufen zu wesentlich niedrigeren konventionellen Preisen. Nun will Bio Austria, die bisher eng mit der ums Überleben kämpfenden Agentur zusammenarbeitete, mit einer eigenen Vermarktungsorganisation retten, was zu retten ist.

In den vergangenen drei Wochen überschlugen sich auf dem Biogetreidemarkt die Ereignisse. Die Situation war wegen eines enormen Überangebots bereits extrem angespannt. Die Ankündigung der Biogetreide-Agentur, den Bauern einen Großteil der Gelder für die vorjährige Ernte schuldig bleiben zu müssen, um die Bilanz zu retten, wirkte wie ein Schock.

Eine in der Vorwoche präsentierte Lösung rund um ein Unternehmen eines ehemaligen Geschäftsführers von Bio Austria wurde in der Branche schnell als „alter Wein in neuen Schläuchen“ abgelehnt. Zu eng waren die Verbindungen mit dem Geschäftsführer der Agentur für Biogetreide, der bereits einmal wegen eines Schwindels mit Biogetreide eine Haftstrafe verbüßt hatte und auch in der neuen Gesellschaft die Vermarktung maßgeblich mitgestalten sollte.

Dazu kamen rechtliche Bedenken gegenüber dieser Konstruktion. Man befürchtete, dass sich die Agentur auf Kosten der Biobauern retten wollte. „Diese Bedenken sind immer noch nicht ausgeräumt“, erklärte am Dienstag Bio-Austria-Obmann Rudi Vierbauch und zog die Reißleine. Er kündigte die Gründung einer neuen Organisation für eine Vermarktung „in bäuerlicher Hand und mit starken Partnern“ an.

Wie die Lösung wirklich aussehen und wann sie kommen wird, bleibt er vorerst schuldig. „Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren“, heißt es wenig verbindlich. Dem Vernehmen nach dürfte die Raiffeisen Ware Austria, die mit ihren Lagerhäusern über die meisten Lager verfügt, eine wichtige Rolle spielen.

Wie es für die Tausenden Bauern weitergeht, die noch auf mehr als die Hälfte des von der Agentur versprochenen Erntegeldes aus dem Vorjahr warten, ist weiter ungewiss. Für viele geht es um fünfstellige Beträge.

Ob sie zu ihrem Geld kommen, ist alles andere als sicher. In der Branche rechnet man nach dem Bruch zwischen Bio Austria und der Agentur mit einem Konkurs des bisher wichtigsten Vermarkters von heimischem Biogetreide.


Salzburger Nachrichten - Wirtschaft / 21.07.2010

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