Donnerstag, 10. Mai 2012
Hinter den Fassaden der politischen Lüftlmalerei
Die Lüftlmalerei, diese Kunst, mit der man im Tirolerischen und im Bayerischen gerne Hausfassaden aufpeppt, ist eine volkstümliche Variante der Scheinmalerei aus dem Barock und imitiert Architekturelemente. So heißt es bei Wikipedia. Die oft riesigen Malereien sollen Eindruck machen und die Häuser mächtiger erscheinen lassen, als sie sind.
Das ist eine Kunst, auf die man sich auch in der Politik versteht. Nicht nur im Tirolerischen, wo das naheliegend wäre, sondern in allen Bundesländern des schönen Österreich. In Vorarlberg genauso wie im Burgenland, in Salzburg und in der Steiermark, in Wien, in Oberösterreich und von Kärnten und von Niederösterreich gar nicht zu reden. Und überall weit besser, fantasievoller und auch effektiver als in den Wiener Zentralen, wo oft just Landespolitiker politische Lüftlmalerien verschmieren.
Lauter Weltmeister und Vorbilder möchte man meinen, wenn man die lokalen Zeitungen durchblättert, in die lokalen Fernseh- und Radiosender hineinhört und die vielen Jubelpostillen, die der Briefträger tagaus tagein ins Haus trägt, nicht gleich ungesehen wegwirft.
Da gibt es kein Entkommen. Nirgendwo wird ein derart großer Aufwand betrieben, um sich in Szene zu setzen und sich selbst darzustellen. Sie lachen von Plakaten und aus Inseraten, sie entern Themen und Veranstaltungen. Man lässt sich allerorten loben und tut das zu allem Überfluss auch noch selbst. Dafür sorgt das millionenteure Bombardement des Wahlvolkes mit zahllosen Zeitschriften und Aussendungen, dafür sorgen die Pressedienste und diverse Medien und dafür sorgen die ständige Präsenz der Landespolitiker bei allen möglichen und unmöglichen Veranstaltungen und ihre Meinungsäußerungen zu allen möglichen und unmöglichen Themen.
Man hat das Handwerk zur Perfektion getrieben. Um sich Gewicht zu verleihen, werden Statistiken oft so schamlos genutzt wie atemberaubend verdreht. Da stellt man Umfragen in die Auslage, um gegenüber dem Bund oder anderen Bundesländern aufzutrumpfen, und rühmt sich gerne großartiger Leistungen, die meist eines gemeinsam haben - sie fallen in die Kategorie "weltberühmt in Österreich“. Das freilich spielt keine Rolle. Hauptsache man ist toll und super und kann sich als bedeutend darstellen.
Da lassen sich seit Monaten zwei Landespolitiker dafür feiern, dass sie nach Jahren des Streits wieder miteinander reden und gemeinsam ein paar Weichen stellen. Dass der geneigte - in diesem Fall steirische - Bürger das längst erwartet hatte, davon ist genauso wenig die Rede, wie davon, dass all die Gemeinde- und Bezirkszusammenlegungen und anderen Verwaltungsmaßnahmen in anderen Bundesländern längst umgesetzt ist.
Besonders beliebt ist es, die Bundesregierung als unfähig hinzustellen, um sich selbst besser und als Macher darstellen zu können. Keine Rede davon, dass man die ohnehin am Gängelband hat.
Das dröhnende Selbstbewusstsein in den Landhäusern von Eisenstadt bis Bregenz bringt mancherorts monarchistische Zustände hervor. Nicht ohne Grund ist von Landeskaisern und Landesfürsten die Rede. Die Verehrungskultur, die in den Ländern von der Politik gepflegt und gepflogen wird, lässt sich durch nichts erschüttern. Sie funktioniert von den ORF-Landesstudios, die von manchem Landesfürsten nachgerade als Privatsender betrachtet werden, bis hinunter zu den Musikvereinen und Feuerwehren. In einem Umfeld, in dem Transparenz, Korruptionsbekämpfung, und die Bändigung von Freunderlwirtschaft große Themen sind, nimmt sich da vieles befremdlich aus.
Aber, so scheint es, die Politik in den Ländern tickt anders als im Bund. In den Ländern fehlt das Korrektiv, das die Länder ihrerseits für den Bund sind. Aber auch die Bürger ticken anders, wenn es um die Landespolitik geht, als wenn von der Bundespolitik die Rede ist. Da fragt man weniger. Da ist man schneller zufrieden. Da ist man milder. Und, obwohl vieles von dem, was in der Bundespolitik für unerträglich erklärt wird, um keinen Deut anders auch in den Ländern zu finden ist, neigt man allzuoft dazu, die aufwändigen Lüftlmalereien der Landespolitiker für echt zu halten.
Man sollte dabei vorsichtiger sein. Allein, wegen dem, was man in Kärnten gesehen hat, wo sich die in Auftritten, Äußerungen und Aussendungen oft so beeindruckend beschriebene Politik als nichts anderes als politische Lüftlmalerei erwiesen hat.
Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 10. Mai 2012
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