Freitag, 4. Mai 2012

Biosprit stottert in die Zukunft





E10-Einführung im Herbst unwahrscheinlich – Agrana baut Stärkeanlage für Weizen

HANS GMEINER Pischelsdorf (SN). Der Streit rund um die Einführung von E10 – Benzin mit einem Anteil von zehn Prozent Biosprit aus Getreide – in Österreich wird immer heftiger. Verkehrsministerin Doris Bures beharrt auf einem Nein. Landwirtschaftsminister Niki Berlakovich hingegen spricht von „vielen, die Volksverdummung betreiben“, wenn sie eine Nahrungsmittelknappheit herbeibeschwören.

Der geplante Einführungstermin von E10 im Herbst 2012 rückt vor diesem Hintergrund in immer weitere Ferne. Das sieht auch Johann Marihart, Chef des Biospriterzeugers Agrana, so. Er hofft, dass sich die vier damit befassten Minister – neben Bures und Berlakovich sind das Minister Reinhold Mitterlehner und Alois Stöger – zumindest auf eine stufenweise Einführung ab Herbst 2012 einigen. „Wir stehen in den Startlöchern“, sagt Marihart.

Derzeit wird in der Agrana-Anlage in Pischelsdorf aus Weizen und Mais bereits die Menge, die Österreich für E10 bräuchte, produziert. Verkauft werden die gut 210.000 Kubikmeter aber zur Hälfte im Ausland.

Marihart ist vom Biospritkonzept überzeugt. Man konkurriere den Nahrungsmittelmarkt in Österreich in keiner Weise und sei mit dem Preis gleich wie Benzin. Über das als Nebenprodukt anfallende Eiweißfuttermittel würden insbesondere in Südamerika, von wo derzeit importiert werde, sogar Flächen frei für die Lebensmittelerzeugung. „Und wir könnten sofort 190.000 Tonnen CO2 einsparen“, sagt Marihart. „Aber die Logik des Konzeptes ist schwer transportierbar.“

Vielleicht hilft dabei der nächste Schritt, den die Agrana in Pischelsdorf macht. Nach der Verwertung des anfallenden CO2 in einer eigenen Verflüssigungsanlage wird die Anlage nun um eine Weizenstärkeproduktion erweitert. „Das ist ein wichtiger Schritt zu einer 100-prozentigen Verwertung der agrarischen Rohstoffe“, sagt Marihart. 250.000 Tonnen Weizen sollen ab kommenden Herbst zu Gluten, Weizenstärke und Kleie verarbeitet werden. Nebenprodukte der Anlage werden 50.000 Tonnen Rohstoff in der Biospriterzeugung ersetzen. Dort werden derzeit jährlich 500.000 Mais und Weizen verarbeitet.

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 4. Mai 2012

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