Donnerstag, 20. September 2012

Holland gäbe Hoffnung ...





In Holland ist der Spuk vorbei. Bei den Wahlen in der vergangenen Woche wurde der Rechtspopulist Geert Wilders regelrecht abmontiert. Jahrelang machte er mit ausländerfeindlichen Parolen von sich reden, im Wahlkampf heftete er sich den Austritt der Niederlande aus der Europäischen Union und aus dem Euro auf die Fahnen. Und ging damit unter. Im Parlament verlor er neun von 24 Sitzen. Seine Konkurrenten Rutte und Samson, Rechtsliberaler der eine, Sozialdemokrat der andere, ließen sich nicht von Strache-Freund Wilders ins Bockshorn jagen - und gewannen mit klaren Argumenten, die nicht von billigem Populismus, sondern von sachlichen Notwendigkeiten getragen waren.

Es gibt nicht wenige in Österreich, denen das, was in Holland passierte, Hoffnung gibt. Hoffnung darauf, dass auch hier der rechtspopulistische Spuk und wirtschaftspolitische Harakiri-Absichten zumindest einen ordentlichen Dämpfer bekommen könnten.

Freilich nur könnten. In Österreich wäre die Konstellation jener in Holland gar nicht unähnlich, aber, was soll man sagen, Österreich ist Österreich. Und die beiden Regierungsparteien liefern dem hiesigen Rechtsaußen gerade wieder eine Steilvorlage auf seinem Marsch an die Macht.

Nur unglaublich und peinlich ist zu nennen, wie sich Parteien und Politiker in diesen Tagen rund um den parlamentarischen Untersuchungsausschuss und die Kärntner Skandalpossen selbst vorführen. Selbst zynischste Beobachter hielten diese Steigerung nicht für möglich. Was die Frau und der Mann von der Straße davon halten und denken, mag man sich gar nicht ausmalen.

Der Klubobmann der einen Regierungspartei setzt die andere Regierungspartei mit Dieben gleich, sein Kollege von ebendieser als eine Ansammlung von Dieben geziehenen Partei hinwiederum schmettert das Ansinnen, den Bundeskanzler vor den Ausschuss zu zitieren, mit dem Hinweis darauf ab, dass er dazu ohnehin bereits im Fernsehen befragt worden sei. In Kärnten führt die dortige Regierungspartei samt ihrem Landeshauptmann Verfassung und Demokratie seit Wochen regelrecht vor, indem sie immer wieder eine Abstimmung über einen Neuwahlantrag verhindert.

Und alle schauen zu und - der Ausdruck sei verziehen - begeilen sich regelrecht an all den Ränkespielen. Da gespielte Aufregung, dort geheuchelte Erregung. Hauptsache, es rumpelt in der Kiste und es geht ordentlich rund im Land.

Abstoßend, man kann es nicht anders sagen. Unendlich mühsam und unbeschreibbar enttäuschend. Wofür wird man als Bürger dieses Landes eigentlich gehalten?

Was da geschieht, hat nichts mehr mit politischen Winkelzügen zu tun, mit dem, was man als politische Taktik verstehen könnte, oder mit etwas, was dem gleichzusetzen ist. Das ist nichts anderes als ein neuer Tiefststand des Niveaus, den man nie für möglich gehalten hätte.

Österreich hat nicht einen Wilders, Österreich scheint ganz oben nur Wilders zu haben. Gott sei Dank nicht alle so gefährlich rechts, aber in der gleichen Art dem Populismus verschrieben, der schnellen Schlagzeile, dem billigen Applaus. Linien sind kaum mehr wo auszumachen in diesem Tohuwabohu. Zumal solche, an denen sich das Land orientieren könnte.

Längst scheint das Land die Kraft zur Selbstreinigung verloren zu haben. Wie seit mehr als einem Jahrzehnt eine Partie in Kärnten eine ganzes Bundesland mit immer neuen, immer hanebücherneren Volten in Schach halten kann, ist ein so atemberaubendes wie besorgniserregendes Beispiel dafür.

Und niemand hat die Kraft das zu stoppen. Kein Politiker, keine Partei, keine Institution. In Österreich fehlen Leute vom Zuschnitt der beiden holländischen Politiker, die den Wahnsinn stoppen könnten. Hierzulande sind selbst die, die sich wie Frank Stronach dafür aufdrängen, des Politiker-Zuschnitts, der unser Land auszuhebeln droht.

Immer mehr Menschen in Österreich wollen etwas anderes. Allzu viele freilich tanzen noch nach der Pfeife derer, die derzeit die Hebel der Macht in Händen halten. Das gilt auch und vor allem für die vielen Politikerinnen und Politiker in den zweiten und dritten Reihen dieser Parteien, für die in den hinteren Bänken des Nationalrates und der Landtage. Ihre Verantwortung wäre es, die vorne zu stoppen und herunterzuholen von ihrem Trip, der für die heimische Politik und für das Land insgesamt zum Höllentrip zu werden droht.

Holland ist ein Signal. Holland gäbe Hoffnung. Holland zeigt, was möglich ist. Trotz allem auch in Österreich.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 20. September 2012

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