Freitag, 21. September 2012

Milch wird wieder teurer





Vor allem die Nachfrage aus China entlastet die Milchmärkte. Der Preis für Milchprodukte steigt, aber die Bauern sollen vorerst nichts davon haben.

HANS GMEINER Salzburg (SN). Nach vielen schwierigen Wochen hatte Helmut Petschar, Chef der Kärntnermilch und Sprecher der österreichischen Milchverarbeiter, Donnerstag bei der Milchwirtschaftstagung seines Verbandes in Salzburg frohe Kunde für seine Kollegen und die gesamte Branche. „Der erste Diskonter hat heute den Preis für die Eigenmarkenbutter um zehn Cent pro Viertelkilogramm angehoben“, verkündete er. Nun erwartet er, dass nach den dreimaligen Preissenkungen seit Jänner Milch und Milchprodukte in den nächsten Wochen wieder teurer werden. „Der Handel weiß, dass auf den internationalen Märkten die Preise steigen“, sagte Petschar. Er rechnet damit, dass die Preise quer über alle Produktgruppen um rund fünf Prozent angehoben werden. „Ausdrücklich spreche ich nicht von einer Erhöhung, sondern von einer Rücknahme der Preissenkungen.“ Vor allem die letzte im Juli hält man in der Branche für völlig unnötig. „Da hat sich die Wende auf den Milchmärkten bereits abgezeichnet.“

Dieser Trend hält nach wie vor an. Seit Wochen zeigen die Preise in allen Produktgruppen wieder aufwärts. „Wir spüren eine deutliche Entlastung“, sagt Petschar. Auf den internationalen Märkten sind die Preise für Produkte wie Milchpulver und Milchfett seit Juli um 20 Prozent in die Höhe geschossen. „Hintergrund des anhaltenden Preisanstiegs ist offenbar eine sehr robuste Nachfrage Chinas“, heißt es im deutschen Branchen-Informationsdienst „agrarheute“.

Auch in Österreich hat sich der Marktdruck deutlich verringert. Im August lagen die Milchlieferungen der Bauern, die die Molkereien im ersten Halbjahr mit Milch regelrecht überschwemmten, um den Preisdruck auszugleichen, erstmals niedriger als im Vorjahr. „Wegen der deutlich erhöhten Futtermittelpreise haben die Bauern die Produktion jetzt zurückgenommen“, sagt Petschar. Bis dahin lagen die Produktionszahlen um rund fünf Prozent über dem Vorjahresniveau. „Innergebirg lieferten die Bauern heuer im ersten Halbjahr sogar um acht Prozent mehr als im Vorjahr, im Flachgau lag das Plus bei vier Prozent“, sagt Christian Leeb von der Salzburger Alpenmilch. Damit ist es nun vorbei. „Der Markt stabilisiert sich derzeit auch von der Anlieferungsseite her“, sagt Petschar.

Die Bauern, die in der ersten Jahreshälfte für ein Kilogramm Milch noch 39 Cent bekamen, sich derzeit aber mit 34 bis 36 Cent bescheiden müssen, werden davon vorerst dennoch nicht profitieren. Dass die Milchpreise für die bäuerlichen Lieferanten heuer noch angehoben werden, kann sich Petschar nicht vorstellen. „Wir sind am Limit“, verteidigt er sich. „Die Molkereien haben in den ersten sechs Monaten viel von den Preisrückgängen auf den Märkten geschluckt.“ Die Lage der Verarbeiter sei höchst angespannt. „Die Betriebsergebnisse sind heuer im ersten Halbjahr oft negativ.“ Schon im Vorjahr blieb den Molkereien im Schnitt nicht mehr als eine schwarze Null. „Das bedeutet, dass wir alles, was wir erwirtschaftet haben, an die Bauern weitergaben“, sagen Petschar und Leeb unisono. Dass sich die Bauern damit zufriedengeben werden, ist unwahrscheinlich. Denn ihnen geht es kaum anders als den Molkereien. Wegen der hohen Futterkosten können sie kaum kostendeckend produzieren.

Einer der wichtigsten Gründe für die angespannte Lage ist das niedrige Preisniveau bei Milch- und Milchprodukten in Österreich. „Bei uns kostet ein Liter Trinkmilch 0,95 Euro, in Frankreich 1,18 und Italien 1,37 Euro“, nennt Petschar ein Beispiel. „Nur in Deutschland kostet der Liter mit 0,61 Euro noch weniger.“

Zornig machen ihn vor diesem Hintergrund nicht nur die Aktionspolitik der Handelsketten, sondern auch die Preisvergleiche der Arbeiterkammer. „Da werden Äpfel mit Birnen verglichen“, sagt er. Dass etwa in Österreich Milch von ausschließlich GVO-frei gefütterten Tieren komme, werde genauso wenig berücksichtigt wie die wesentlich strengeren Tierschutzgesetze.
Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 21. September 2012

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