Donnerstag, 31. Dezember 2015
Mehr Bauern setzen auf Bio
Nach Jahren der Stagnation steigen derzeit wieder deutlich mehr Landwirte auf biologische Wirtschaftsweise um.
Hans Gmeiner
Salzburg. „Reicher werde ich wohl nicht, aber vielleicht zufriedener.“ Thomas Weigl stellt seinen Ackerbaubetrieb in Pasching auf Bio um. „Im konventionellen Ackerbau geht nichts mehr, dafür bin ich mit meinen 31 Hektar zu klein.“ Die biologische Landwirtschaft scheint ihm die wirtschaftlich tragfähigere Basis zu sein. „Außerdem will ich mich nicht mehr rechtfertigen müssen“, sagt der junge Landwirt, dessen Felder in vielen Fällen an Siedlungen angrenzen. „Da haben einen die Leute immer öfter schief angeschaut, wenn ich mit Düngerstreuer oder Spritze gearbeitet habe.“
Weigl ist nicht der einzige Bauer, der heuer auf Bio umstellt. Allein in seiner Gemeinde sind es vier Ackerbauern, die den Wechsel wagen. Gemeinsam besuchen sie seit Monaten Kurse, fahren zu anderen Biobauern, um sich Tipps zu holen, haben einen Berater engagiert und investieren gemeinsam in neue Geräte wie spezielle Bodenbearbeitungsgeräte und Sämaschinen.
Nach Jahren der Stagnation steigen in Österreich so viele Bauern wie lange nicht von konventioneller auf biologische Landwirtschaft um. Nach Abgabe der Herbstanträge geht man von knapp 2000 neuen Biobauern 2016 aus. Damit steigt ihre Zahl um fast zehn Prozent auf 23.000 und ihr Anteil an der Zahl der Bauern Richtung 20 Prozent. Da auch größere Betriebe umsteigen, wird der Anteil der Biofläche, die mit rund 524.000 Hektar derzeit schon 20 Prozent beträgt, wohl noch deutlich größer werden. Die Bedingungen sind günstig. Nach der EU-Agrarreform sind die Unsicherheiten geklärt, die Förderungen wurden verbessert und vor allem passen die wirtschaftlichen Bedingungen für den Biolandbau. Während sich die konventionelle Landwirtschaft mit Preis- und Absatzschwierigkeiten herumplagt, läuft der Biomarkt gut. Das schlägt sich auch in den Einkommen nieder. „Im Vorjahr verdienten vergleichbare Betriebe mit Bio mehr“, sagt Adi Marksteiner von der Landwirtschaftskammer Österreich.
Produkte wie Biomilch sind gefragt und erzielen deutlich höhere Preise. „Der Markt ist attraktiv und die Preise zweifellos interessant“, sagt Michael Wöckinger, Milchexperte der Landwirtschaftskammer Oberösterreich. Gleiches gilt für Fleisch, Getreide, Obst und Gemüse. Die Impulse kommen vor allem vom deutschen Markt, in Österreich gibt es hingegen bereits da und dort Sättigungstendenzen, etwa bei Milch und Rindfleisch.
Susanne Maier, Geschäftsführerin von Bio Austria, weiß um die Herausforderung. „Wir müssen den Markt entsprechend weiterentwickeln.“ Kenner der Szene erwarten dabei keine Probleme. „Der Markt nimmt die zusätzliche Produktion auf“, sagt Reinhard Geßl vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau überzeugt. Für ihn ist der Plafond noch nicht erreicht. „Mit mehr Unterstützung vor allem aus der Politik und von Interessenvertretung geht noch mehr“, sagt er.
Die Umstellung eines Hofs auf Biobetrieb ist ein komplexer Prozess. Daher sind die Bauern auch vorsichtig. „Der Glaube an Bio ist nicht so groß wie bei den Marktforschern“, sagt Marksteiner. Als Hemmschuh erweisen sich oft die hohen Investitionen. „Wer erst vor wenigen Jahren einen konventionellen Stall gebaut hat, hat sich auf Jahre einzementiert und kann sich die Anpassung an die Biovorschriften oft nicht leisten“, erklärt Geßl.
„Die Lust umzusteigen ist groß“, sagt Werner Lampert, der früher die Biomarke "ja!natürlich" für Rewe entwickelte und jetzt mit „Zurück zum Ursprung“ für Hofer aktiv ist. Wenn Bauern etwas vom Umstieg abhält, sind es laut Lampert psychologische Motive. „Kontrolle, Offenlegung und Transparenz stehen bei vielen im Widerspruch zum Selbstverständnis als freier Bauer.“
Landwirtschaftskammern und Bio Austria haben die Information über den Biolandbau und seine Chancen deutlich verstärkt. „Wer mit Biolandbau zurechtkommt, soll umsteigen“, empfiehlt Marksteiner. „Wir sagen aber dazu, dass man nicht damit rechnen kann, dass die Preise so gut bleiben.“ Für Maier von Bio Austria greift der Preis als Argument für einen Umstieg ohnehin zu kurz. „Man muss auch die Einstellung anpassen. Wer nur nach dem Preis geht, wird bei den ersten Schwierigkeiten gleich einknicken und unglücklich sein.“
Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 31. Dezember 2015
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