Wer rasch hilft, hilft doppelt. Die Agrarpolitik tut sich
besonders schwer damit. Dabei bräuchten die Bauern so eine Hilfe dringender
denn je. Aber auf den freien Märkten, die man zum obersten Credo gemacht hat,
ist man machtlos. Die Umsetzung von Hilfsmaßnamen, so man sie denn überhaupt so
nennen mag, dauert viel zu lange, gar nicht zu reden davon, dass sie immer zu
kurz greifen.
Die Bauern aber bräuchten Konzepte und Instrumente, die zum
einen wesentlich raschere Hilfe sicheren, wenn die Preise wieder einmal
kollabieren. Und sie bräuchten zum anderen Konzepte und Instrumente, die es
ihnen ermöglichen, mit schwierigen Situationen besser zurecht zu kommen.
Mit Geldern, die oft erst Jahre nach dem Ausbruch von Krisen
auf den Höfen eintrudeln, ist den Bauern wenig geholfen, noch dazu wenn sie so
mickrig ausfallen, wie die vor Jahresfrist so groß angekündigte Hilfe für die
Milchbauern. Ganz abgesehen davon, dass solche mit der Gießkanne verteilte
Millionenhilfen nichts anders sind, als Verschwendung von Geld. Verschwendung
von Geld, das wesentlich sinnvoller eingesetzt werden könnte, und das die
Ressentiments der breiten Öffentlichkeit gegen die "geldgierige"
Landwirtschaft nur weiter erhöht.
Gerade die Hilfe für die Milchbauern legte die strukturellen
Defizite der Agrarpolitik offen. Es dauerte viel zu lange, bis die Probleme
erkannt und akzeptiert wurden. Dann vergingen Monate im Apparat in Österreich
und in Brüssel, bis man sich auf etwas geeinigt hatte und dann dauerte es noch
einmal unendlich lange, bis das, worauf man sich einigte, wirklich umgesetzt
wurde.
Was dann den Bauern in Fällen wie der Milchkrise als Hilfe
schmackhaft gemacht wird, verdient diese Bezeichnung freilich in der Regel nie
und bleibt wirkungslos. Nicht nur die Bauern leiden darunter. Darunter leiden
auch die Zulieferer, die Landtechnikindustrie und all die anderen, die mit und
von der Landwirtschaft leben.
Die Agrarpolitik hat in den vergangenen Jahren zwar die
Märkte freigemacht, man hat aber keine Instrumente dafür entwickelt, den Bauern
zumindest in Notfällen rasch und wirksam unter die Arme zu greifen und ihnen
Instrumente an die Hand zu geben, sich selbst gegen das Ärgste zu helfen.
Konzepte und Ideen kamen und gingen. Sie wurden diskutiert
und verworfen. Viele versandeten einfach und verschwanden still in der
Schublade. Der Aufbau von Lägern, um die sprunghafte Entwicklung bei den
Getreide- und Maispreisen abzufedern, gehört dazu und auch der Aufbau von
Alternativproduktionen zu Entlastung der Märkte.
Man steht den Märkten ohnmächtig gegenüber. Außer der
Erkenntnis, dass die Agrarmärkte volatiler, also sprunghafter, werden, gibt es
nicht viel. Die Instrumente der Marktbeurteilung sind unterentwickelt und nicht
auf Österreich zugeschnitten. Die Versuche, bei Getreide Preisabsicherungsmodelle
einzuführen, haben sich bisher nicht auf breiter Basis durchgesetzt. In anderen
Sparten gibt es nicht einmal das. Die Bemühungen sind überschaubar.
Versicherungssysteme werden angedacht, sind aber in den vergangenen Jahren über
den komplexen Schutz gegen Witterungsunbilden nicht wirklich weitergekommen.
In diesen Bereichen wie diesen liegt die Zukunft der
Agrarpolitik. Die Bauern brauchen wirksame Instrumente um mit den Märkten
umzugehen. Und sie brauchen in Krisenfällen ein Hilfssystem, das rasch und
effizient hilft und über die ärgste Not hinweghilft. Beides ist nicht in Sicht.
Leider.
Gmeiner meint - Blick ins Land September 2016
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