Freitag, 2. September 2016

Die blinden Flecken der Agrarpolitik



Wer rasch hilft, hilft doppelt. Die Agrarpolitik tut sich besonders schwer damit. Dabei bräuchten die Bauern so eine Hilfe dringender denn je. Aber auf den freien Märkten, die man zum obersten Credo gemacht hat, ist man machtlos. Die Umsetzung von Hilfsmaßnamen, so man sie denn überhaupt so nennen mag, dauert viel zu lange, gar nicht zu reden davon, dass sie immer zu kurz greifen.

Die Bauern aber bräuchten Konzepte und Instrumente, die zum einen wesentlich raschere Hilfe sicheren, wenn die Preise wieder einmal kollabieren. Und sie bräuchten zum anderen Konzepte und Instrumente, die es ihnen ermöglichen, mit schwierigen Situationen besser zurecht zu kommen.

Mit Geldern, die oft erst Jahre nach dem Ausbruch von Krisen auf den Höfen eintrudeln, ist den Bauern wenig geholfen, noch dazu wenn sie so mickrig ausfallen, wie die vor Jahresfrist so groß angekündigte Hilfe für die Milchbauern. Ganz abgesehen davon, dass solche mit der Gießkanne verteilte Millionenhilfen nichts anders sind, als Verschwendung von Geld. Verschwendung von Geld, das wesentlich sinnvoller eingesetzt werden könnte, und das die Ressentiments der breiten Öffentlichkeit gegen die "geldgierige" Landwirtschaft nur weiter erhöht.

Gerade die Hilfe für die Milchbauern legte die strukturellen Defizite der Agrarpolitik offen. Es dauerte viel zu lange, bis die Probleme erkannt und akzeptiert wurden. Dann vergingen Monate im Apparat in Österreich und in Brüssel, bis man sich auf etwas geeinigt hatte und dann dauerte es noch einmal unendlich lange, bis das, worauf man sich einigte, wirklich umgesetzt wurde.

Was dann den Bauern in Fällen wie der Milchkrise als Hilfe schmackhaft gemacht wird, verdient diese Bezeichnung freilich in der Regel nie und bleibt wirkungslos. Nicht nur die Bauern leiden darunter. Darunter leiden auch die Zulieferer, die Landtechnikindustrie und all die anderen, die mit und von der Landwirtschaft leben.

Die Agrarpolitik hat in den vergangenen Jahren zwar die Märkte freigemacht, man hat aber keine Instrumente dafür entwickelt, den Bauern zumindest in Notfällen rasch und wirksam unter die Arme zu greifen und ihnen Instrumente an die Hand zu geben, sich selbst gegen das Ärgste zu helfen.

Konzepte und Ideen kamen und gingen. Sie wurden diskutiert und verworfen. Viele versandeten einfach und verschwanden still in der Schublade. Der Aufbau von Lägern, um die sprunghafte Entwicklung bei den Getreide- und Maispreisen abzufedern, gehört dazu und auch der Aufbau von Alternativproduktionen zu Entlastung der Märkte.

Man steht den Märkten ohnmächtig gegenüber.  Außer der Erkenntnis, dass die Agrarmärkte volatiler, also sprunghafter, werden, gibt es nicht viel. Die Instrumente der Marktbeurteilung sind unterentwickelt und nicht auf Österreich zugeschnitten. Die Versuche, bei Getreide Preisabsicherungsmodelle einzuführen, haben sich bisher nicht auf breiter Basis durchgesetzt. In anderen Sparten gibt es nicht einmal das. Die Bemühungen sind überschaubar. Versicherungssysteme werden angedacht, sind aber in den vergangenen Jahren über den komplexen Schutz gegen Witterungsunbilden nicht wirklich weitergekommen.

In diesen Bereichen wie diesen liegt die Zukunft der Agrarpolitik. Die Bauern brauchen wirksame Instrumente um mit den Märkten umzugehen. Und sie brauchen in Krisenfällen ein Hilfssystem, das rasch und effizient hilft und über die ärgste Not hinweghilft. Beides ist nicht in Sicht. Leider.

Gmeiner meint - Blick ins Land September 2016

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