Die Rübenbauern,
die Erdäpfelbauern, ja, die konventionell erzeugenden Bauern überhaupt, müssen
sich in diesen Wochen wegen der Notfallzulassung für Neonics als Beizmittel für
Rübensaatgut und wegen ihrer Wünsche nach Zulassung von Pflanzenschutzmitteln gegen
den Drahtwurm viel anhören. Vertreter der Biobauern rümpfen die Nase, die
„Grünen“ und ihre Vorzeigekandidatin Sarah Wiener (übrigens vom damaligen
Kammerpräsidenten Hermann Schultes und Sebastian Kurz, damals noch
Außenminister, erst vor zwei Jahren zur „Gut zu Wissen“-Botschafterin für
Österreichs Landwirtschaft ernannt) haben keine Scheu die Stimmung gegen die
Bauern anzuheizen. Und viele andere auch, die glauben an den Bauern ihr Mütchen
kühlen zum müssen.
„Sogenannte“
Notfallzulassungen „im Interesse der Agrarlobby“, wetterte Sarah Wiener, seien
„unnötig und schädlich“ und „wütend“ mache sie das. Da fügt es sich, dass die
Grünen spöttisch „Wer braucht schon gesundes Essen?“ plakatieren und damit
offenbar sagen wollen, dass man von der Qualität und damit der Arbeit der
österreichischen Bauern rein gar nichts hält. Dagegen wirken die Plakatsujets
mit denen die SP auf Bauernkosten Stimmen machen wollen – „Biohuhn oder
Versuchskaninchen?“, „Artgerecht oder ungerecht?“ oder „Biosaat oder
Glyphosat?“ - nachgerade harmlos.
Wenn Sarah
Wiener, die als Teilhaberin eines 800-Hektar Biobetriebs in Ostdeutschland
gerne als Bio-Bäuerin auftritt, aber auch wenn die Grünen das sagen, befremdet
das. Da ist bei aller Kritik, die immer möglich sein muss, keinerlei Respekt
vor dem Großteil der österreichischen Bauern zu erkennen – sondern nur billige
und üble Hetze.
Sarah Wiener
setzt damit fort, was in den vergangenen Jahren, in Österreich üblich geworden
ist. Wie in keiner anderen Branche macht man sich in der Landwirtschaft
gegenseitig in aller Öffentlichkeit schlecht. Da ist oft kein Respekt für den
anderen erkennbar, keine Anerkennung der Arbeit und schon gar nicht Verständnis
für Probleme, mit denen man zu kämpfen hat, sondern oft nichts als Verachtung.
Das gibt es in
keiner anderen Branche und ist völlig unverständlich. Und es ist inakzeptabel,
was Sarah Wiener sagt, aber auch manche bäuerliche Organisationen und auch
viele der Bauern, die glauben die Wahrheit und das ultimative Wissen gepachtet
zu haben und meinen die anderen schlecht machen zu müssen.
Denn ihre Westen
sind nicht so sauber, wie manche tun. Mit ihrem Ärger über die
Notfallzulassungen brachte Sarah Wiener just ein Thema in die Öffentlichkeit,
das die Biolandwirtschaft in der Vergangenheit lieber versteckte – dass mehr
vierzig Prozent der jährlich erteilten Notfallzulassungen für
Pflanzenschutzmittel für die Biolandwirtschaft gewährt werden. Manche dieser
Mittel, die für Bio ausnahmsweise zugelassen wurden, sind gar als
Bienen-gefährdend eingestuft.
Die Biobauern
werden diese Mittel in besonderen Situationen wohl brauchen. Dass
konventionelle Landwirte das gleiche Recht für sich in besonderen Situationen
in Anspruch nehmen, sollte man schon allein deswegen akzeptieren. Und auch aus
Respekt vor den Berufskollegen.
Und auch wenn man
die Welt aus der Sicht eines ostdeutschen 800-Hektar-Betriebes sieht.
Gmeiner meint - Blick ins Land, Mai 2019
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen