Donnerstag, 2. Mai 2019

Verachtung statt Respekt



Die Rübenbauern, die Erdäpfelbauern, ja, die konventionell erzeugenden Bauern überhaupt, müssen sich in diesen Wochen wegen der Notfallzulassung für Neonics als Beizmittel für Rübensaatgut und wegen ihrer Wünsche nach Zulassung von Pflanzenschutzmitteln gegen den Drahtwurm viel anhören. Vertreter der Biobauern rümpfen die Nase, die „Grünen“ und ihre Vorzeigekandidatin Sarah Wiener (übrigens vom damaligen Kammerpräsidenten Hermann Schultes und Sebastian Kurz, damals noch Außenminister, erst vor zwei Jahren zur „Gut zu Wissen“-Botschafterin für Österreichs Landwirtschaft ernannt) haben keine Scheu die Stimmung gegen die Bauern anzuheizen. Und viele andere auch, die glauben an den Bauern ihr Mütchen kühlen zum müssen.

„Sogenannte“ Notfallzulassungen „im Interesse der Agrarlobby“, wetterte Sarah Wiener, seien „unnötig und schädlich“ und „wütend“ mache sie das. Da fügt es sich, dass die Grünen spöttisch „Wer braucht schon gesundes Essen?“ plakatieren und damit offenbar sagen wollen, dass man von der Qualität und damit der Arbeit der österreichischen Bauern rein gar nichts hält. Dagegen wirken die Plakatsujets mit denen die SP auf Bauernkosten Stimmen machen wollen – „Biohuhn oder Versuchskaninchen?“, „Artgerecht oder ungerecht?“ oder „Biosaat oder Glyphosat?“  - nachgerade harmlos.

Wenn Sarah Wiener, die als Teilhaberin eines 800-Hektar Biobetriebs in Ostdeutschland gerne als Bio-Bäuerin auftritt, aber auch wenn die Grünen das sagen, befremdet das. Da ist bei aller Kritik, die immer möglich sein muss, keinerlei Respekt vor dem Großteil der österreichischen Bauern zu erkennen – sondern nur billige und üble Hetze.

Sarah Wiener setzt damit fort, was in den vergangenen Jahren, in Österreich üblich geworden ist. Wie in keiner anderen Branche macht man sich in der Landwirtschaft gegenseitig in aller Öffentlichkeit schlecht. Da ist oft kein Respekt für den anderen erkennbar, keine Anerkennung der Arbeit und schon gar nicht Verständnis für Probleme, mit denen man zu kämpfen hat, sondern oft nichts als Verachtung.

Das gibt es in keiner anderen Branche und ist völlig unverständlich. Und es ist inakzeptabel, was Sarah Wiener sagt, aber auch manche bäuerliche Organisationen und auch viele der Bauern, die glauben die Wahrheit und das ultimative Wissen gepachtet zu haben und meinen die anderen schlecht machen zu müssen.

Denn ihre Westen sind nicht so sauber, wie manche tun. Mit ihrem Ärger über die Notfallzulassungen brachte Sarah Wiener just ein Thema in die Öffentlichkeit, das die Biolandwirtschaft in der Vergangenheit lieber versteckte – dass mehr vierzig Prozent der jährlich erteilten Notfallzulassungen für Pflanzenschutzmittel für die Biolandwirtschaft gewährt werden. Manche dieser Mittel, die für Bio ausnahmsweise zugelassen wurden, sind gar als Bienen-gefährdend eingestuft.

Die Biobauern werden diese Mittel in besonderen Situationen wohl brauchen. Dass konventionelle Landwirte das gleiche Recht für sich in besonderen Situationen in Anspruch nehmen, sollte man schon allein deswegen akzeptieren. Und auch aus Respekt vor den Berufskollegen.

Und auch wenn man die Welt aus der Sicht eines ostdeutschen 800-Hektar-Betriebes sieht.

Gmeiner meint - Blick ins Land, Mai 2019

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

 
UA-12584698-1