Donnerstag, 7. Januar 2021

Der Bauer als Zertifikatehändler

Durch gezielten Aufbau von Humus schützen die Bauern ihre Böden. Sie verringern damit auch die CO2-Emissionen. Das könnte zu einem wichtigen Bestandteil der Einkommen werden.

Hans Gmeiner

Salzburg. Landwirtschaftlich genutzte Böden speichern große Mengen an Kohlendioxid (CO2). Im Kampf gegen Treibhausgasemissionen kommt ihnen damit eine zentrale Rolle zu. Unter dem Oberbegriff „Carbon farming“ gibt es Bestrebungen, diese Rolle auszubauen. Der Aufbau von zusätzlichem Humus soll nicht nur die Bindung von CO2 erhöhen, sondern Böden auch widerstandsfähiger gegen den Klimawandel machen. Die Bauern können davon profitieren, der Verkauf von CO2 -Zertifikaten könnte ein Einkommensstandbein werden.

In Österreich arbeiten bereits rund 400 Landwirte, vorwiegend Ackerbauern, auf insgesamt knapp 6000 Hektar im Rahmen von Projekten der Ökoregion Kaindorf (Stmk.) und der Raiffeisen Ware Austria (RWA) gezielt am Aufbau der Humusgehalte ihrer Böden. Dabei wird der Humusgehalt im Abstand von drei bis vier Jahren verglichen. „Der Zuwachs wird in organischen Kohlenstoff umgerechnet und dann in Tonnen CO2 “, sagt Claudia Mittermayr von der RWA.

Die Projektanbieter rechnen damit, dass durch entsprechende Bodenbewirtschaftung der Humusgehalt pro Jahr im Durchschnitt um rund 0,1 bis 0,2 Prozent erhöht werden kann. „Bei einem fünf Hektar großen Feld beträgt die Einsparung von CO2 bei einem jährlichen Humuszuwachs von 0,1 Prozent im Schnitt rund 44 Tonnen“, sagt Mittermayr. Die Bauern erhalten für die eingesparte Tonne CO2 zwischen 30 und 40 Euro, die von den Projektbetreibern als Zertifikate an Partnerunternehmen verkauft werden.

Reich werden Bauern mit dem Humusaufbau einstweilen nicht. „Die Kosten decken meist gerade den Mehraufwand für die Maßnahmen wie Einsatz von Zwischenfrüchten oder Aussaat von Winterbegrünung zum Humusaufbau“, sagt Jochen Buchmaier von der Ökoregion Kaindorf. Das könnte sich freilich ändern. „Experten für Ökobilanzen reden davon, dass der Preis eigentlich bei 300 Euro liegen müsste“, sagt Buchmaier.

Davon ist man freilich weit entfernt. Bauernvertreter geben sich daher wenig euphorisch. „In Österreich ist uns in den vergangenen Jahren beim Humusaufbau nicht zuletzt mit den Begrünungsprogrammen schon sehr viel gelungen“, sagt Andreas Pfaller von der Landwirtschaftskammer Österreich. Auch die Wissenschaft gibt sich zurückhaltend, weil sich Humusgehalte immer verändern können. Dennoch hofft Buchmaier, dass das Thema Humusaufbau in der EU-Agrarreform berücksichtigt wird. „Es geht in die richtige Richtung, aber es sind noch einige Schritte zu gehen“, steckt er seine Erwartungen freilich nicht zu hoch.

Das Potenzial für Umwelt und Landwirtschaft wäre allerdings groß. „Wenn es gelänge, auf allen Ackerflächen in Österreich den Humusgehalt um 0,1 Prozent pro Jahr zu steigern, würden damit in fünf Jahren 25 Mill. bis 30 Mil Tonnen CO2 eingespart“, rechnet RWA-Projektleiterin Mittermayr vor. Für Österreichs Bauern könnte das durch den Verkauf von CO2-Zertifikaten ein zusätzliches Einkommen von 90 Mill. Euro im Jahr bedeuten.

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 7. Jänner 2021

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