Dienstag, 15. März 2022

Bauern arbeiten an Krisenplan

Die Preissprünge machen auch den Bauern zu schaffen und könnten die Produktion gefährden. Die Bauernvertreter arbeiten an einem Krisenplan und fordern Unterstützung.

Hans Gmeiner 

Salzburg. Für die Bauern sind die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs eine enorme Herausforderung. Ob sie Brachflächen für die Produktion nutzen dürfen, wie seit Tagen diskutiert wird, beschäftigt sie dabei weniger. Existenzielle Sorgen macht vielen eher, dass die Futtermittelpreise explodieren, Dünger teuer ist wie nie und sich der Preis für den Diesel, den die Traktoren brauchen, vervielfacht hat. Auch wenn die Preise für ihre Produkte angehoben wurden, reicht das meist nicht, um die gestiegenen Kosten zu decken. Josef Moosbrugger, Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich, schlägt nun Alarm. Er sieht die Gefahr, dass viele Bauern just jetzt die Produktion einschränken müssen oder gar aussteigen, da sie mit den unkalkulierbaren Verwerfungen auf den Märkten nicht mehr zurande kommen.

„Um die Eigenversorgung abzusichern, müssen wir alles tun, damit die landwirtschaftlichen Betriebe in Produktion bleiben und weiter Lebensmittel erzeugen“, sagt Moosbrugger im Gespräch mit den SN. „Wir müssen schauen, dass die Ställe gefüllt bleiben und produziert wird und wir nicht sagen müssen, Futter ist zu teuer, da kaufe ich keine Ferkel mehr, sondern verkaufe lieber das Futter“, sagt Moosbrugger. „Es ist alles zu tun, dass der Landwirt die Betriebsmittel zur Verfügung hat, um die Produktion zu sichern.“

Die Bauernvertretung arbeitet mit Hochdruck an einem Krisenkonzept, um den Bauern unter die Arme zu greifen. „Wir beginnen jetzt gerade mit dem Frühjahrsanbau und müssen schnell reagieren“, sagt der Bauernpräsident. Der Bogen der Vorschläge reicht von Anbauempfehlungen für Sommerweizen und Mais bis hin zu konkreten finanziellen Unterstützungen. Bis spätestens Anfang kommender Woche soll das Paket fertig geschnürt werden. Konkret will Moosbrugger noch nicht werden.

Notmaßnahmen wie die Freigabe von Flächen für die Produktion, die im Rahmen des Umweltprogramms stillgelegt sind, sind ihm jedenfalls zu wenig. Dabei gehe es nicht darum, das Umweltprogramm völlig auf den Kopf zu stellen, wie es da und dort befürchtet werde, sondern zu überlegen, welche Maßnahmen kurzfristig angepasst werden könnten. „Ich bin dafür, dass man solche Flächen etwa für die Nutzung als Futter freigibt“, sagt er. Das könne aber nur ein Teil des Notpakets sein.

„Wenn überall über einen Teuerungsausgleich geredet wird, muss man angesichts der Explosion der Betriebsmittelpreise auch über einen Ausgleich für die Bauern reden“, sagt Moosbrugger. Thema müsse auch eine Verringerung der Steuerbelastung von Diesel sein. „Warum soll das nicht gehen, wenn doch in ganz Europa die Steuersätze so unterschiedlich sind“, zeigt sich Moosbrugger verwundert über Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP), die in der Vorwoche erklärt hatte, dass das aus europarechtlichen Gründen nicht möglich sei.

Der Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich fordert Unterstützung auch von der Gesellschaft und vom Handel. „Wir brauchen ein neues Wertebewusstsein für Lebensmittel“, sagt er. Den Bekenntnissen zur heimischen Landwirtschaft und zur Bedeutung der Eigenversorgung, die in diesen Wochen überall zu hören sind, mag er nicht recht trauen. Am Anfang der Coronakrise sei das ähnlich gewesen, dann aber war alles wieder schnell vergessen. „Nur weil jetzt die Unsicherheit da ist, ist auch das Bewusstsein da“, sagt Moosbrugger. „Das ist zu wenig.“

Zu wenig ist ihm auch, was der Handel bietet. „Es ist dramatisch, dass es einen Krieg braucht, damit sich bei den Preisen etwas bewegt.“ Schon vor dem Ausbruch des Krieges hätten die Bauern in allen Bereichen mit den Betriebsmittelpreisen zu kämpfen gehabt, ohne dass darauf reagiert worden wäre.

Was er jetzt beobachtet, das gefällt Moosbrugger dennoch nicht. „Während es bei Grundversorgungsprodukten wie Mehl und Teigwaren große Preissprünge nach oben gibt, steigen die Preise bei Milch, Milchprodukten und Fleisch deutlich gebremster.“ Eine Entwicklung macht ihm dabei besonders Sorgen. „Während man bei Handelsmarken Bereitschaft signalisiert, mehr zu zahlen, will man die Eigenmarken billig halten.“ Mittelfristig sei das gefährlich, meint Moosbrugger. „Über den größeren Preisunterschied werden die Konsumenten bewusst zu Eigenmarken und billigen Produkten gelenkt.“

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 15. März 2022

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