Freitag, 25. März 2022

Bauern warten dringend auf Hilfe

Freigabe von Brachflächen für Produktion sorgt vielfach für Kopfschütteln.

Hans Gmeiner 

Salzburg. Die explodierenden Kosten für Futtermittel, Dünger und Energie machen den Bauern immer größere Sorgen. An dem vor zwei Wochen angekündigten Krisenpaket wird immer noch gearbeitet. Aber weder bei der Senkung der Steuerlast auf Treibstoff noch bei sonstigen Hilfestellungen gelang es bisher, Nägel mit Köpfen zu machen.

Was bisher geschah und als Erfolg gefeiert wird, sorgt bei den Bauern eher für Kopfschütteln, als Hilfe empfinden sie das nicht. „Allein in Österreich können nach der Freigabe von Stilllegungsflächen für die Produktion rund 27.000 Tonnen Weizen angebaut werden“, glaubte die EU-Abgeordnete Simone Schmiedtbauer(VP) Mittwoch nach Bekanntwerden des EU-Beschlusses die Bauerngemüter besänftigen zu können und rechnete vor, dass damit „45 Millionen Brote“ gebacken werden könnten.

Wer die Relationen nicht kennt, mag sich davon beeindrucken lassen, die Bauern sind es jedenfalls nicht. Denn die 27.000 Tonnen entsprechen gerade einmal im allerbesten Fall 1,7 Prozent der jährlichen Weizenernte in Österreich, die im Schnitt der vergangenen Jahre bei rund 1,6 Mill. Tonnen gelegen ist. Entsprechend marginal ist der Beitrag zu Versorgungssicherung. Auch dass wirklich 27.000 Tonnen geerntet werden können, bezweifelt man in der Landwirtschaft, weil es sich bei den stillgelegten Flächen in den allermeisten Fällen um schlechtere Böden und Randstücke handelt, auf denen ohnehin keine guten Erträge erzielt werden können. Aber es ist nicht allein das, was die Bauern verwundert. Während die EU-Abgeordnete, aber auch Landwirtschaftsministerin Köstinger von 9000 Hektar reden, geht die Landwirtschaftskammer Österreich davon aus, dass nur 5000 Hektar zur Verfügung stehen. Und auch darüber schweben viele Fragezeichen, ist es doch in den meisten Fällen sehr aufwendig, die oft über Jahre mit Blumenmischungen bewachsenen Feldstücke für den Anbau von Getreide vorzubereiten und zu mobilisieren – ganz abgesehen davon, dass ohnehin erst im kommenden Sommer geerntet werden kann.

Die Freigabe von stillgelegten Flächen ist sowohl aus dem Blickwinkel der Hilfe für die Bauern als auch im Hinblick auf die Versorgungssicherung zu wenig. Da bedarf es anderer Hebel. Schon heuer werden die Ernteverluste weitaus größer sein als das, was die Freigabe der Stilllegungsflächen bringen soll, weil die Landwirte im Vorjahr für die heurige Saison um ein Fünftel weniger Stickstoffdünger kauften, weil er ihnen schon vor dem Ukraine-Krieg zu teuer war. „Allein deshalb wird heuer die Ernte um zehn bis 15 Prozent geringer ausfallen“, befürchtet man in der Landwirtschaftkammer Oberösterreich. Das wären 160.000 bis 240.000 Tonnen Weizen, die heuer fehlen.

Vor diesem Hintergrund nimmt nicht Wunder, dass die Diskussion um die Verspritung von Getreide oder die Verarbeitung von Mais zu Industriestärke wieder aufkocht. Die Agrana verarbeitet in Pischelsdorf 600.000 Tonnen Getreide und Mais zu Ethanol und in Aschach 700.000 Tonnen Mais zu Stärke vor allem für die Industrie.

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 25. März 2022

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