Donnerstag, 3. März 2022

Schalthebel sind zum Schalten da

Es klingt gut und schlüssig und man kann sich sicher sein, dass man damit bei den Bauern jederzeit als Kämpfer für ihre Sache ankommt. Die Herkunftskennzeichnung sorgt in diesen Wochen für viele Schlagzeilen und schöne Bilder, die österreichische Landwirtschaftsministerin mit dem deutschen Neo-Landwirtschaftsminister inklusive. Allemal beeindruckend mag das sein, aber nicht wirklich ein Zeugnis davon, politisch erfolgreich zu sein in dieser Sache.

Seit Jahren wird dieses Thema getrommelt. Die Fortschritte sind überschaubar geblieben. Eine brauchbare und befriedigende Lebensmittelkennzeichnung hat man all die Jahre nicht wirklich zuwege gebracht. Und das, obwohl man schon mehr als 30 Jahre dazu Zeit gehabt hätte. So lange nämlich sitzt die Volkspartei und damit auch der Bauernbund in der Regierung und damit an den Schalthebeln der Macht im Land. Und das, sei betont, vor allem dank der Stimmen der Bauern. Nicht genug damit - mit dem Landwirtschaftsministerium und dem Wirtschaftsministerium hat man zudem auch die maßgeblichen Ministerien in der eigenen Partei-Hand.

Aber im Umgang mit den Schalthebeln hapert es offenbar. Jedenfalls in Sachen Herkunftskennzeichnung. Schwer tut man sich dabei nicht mit den politischen Mitbewerbern oder dem Koalitionspartner, an dem man sich bei Bedarf gerne abputzt. Schwer tut man sich vor allem mit den Kollegen in der eigenen Partei. Mit dem Wirtschaftsbund im Allgemeinen und den Wirten und ihrer Vertretung im Besonderen. Die zeigen, man mag es kaum anders nennen, den Bauern den gestreckten Mittelfinger. Einer „Sau“ werde es „relativ wurscht“ sein „ob sie in Ungarn oder in Österreich auf einem Spaltenboden stehe“, richtete erst jüngst der Wirte-Sprecher aus und brachte die Schweinbauern damit auf die Barrikaden.

„Es ist völlig unverständlich, warum sich da er Bauernbund und alle, die da was zu sagen haben von der Gastronomie so gängeln lassen, wo die eh so viel aus den Corona-Töpfen bekommen haben“, wundert sich mancher Beobachter.

Da kann man Grünen-Politikern gar nicht verargen, wenn sie, wie der Landesrat Kaineder in Oberösterreich, genussvoll darüber lästern, dass Landwirtschafts- und Wirtschaftsministerium „Zuständigkeits-Ping-Pong“ spielen und die Herkunftskennzeichnung in der Gastronomie damit verzögern. Und auch Polit-Dino Leo Steinbichler kann man nicht verargen, wenn er das als Möglichkeit sieht via Volksbegehren wieder auf der politische Bühne mitzuspielen.

Da drängt sich mitunter der Eindruck auf, als betriebe man das Thema bloß, um von den wahren Problemen der Landwirtschaft abzulenken, ähnlich wie bei den Streitereien mit dem Handel. Denn, ob die Herkunftskennzeichnung wirklich dazu zählt, ist durchaus zu hinterfragen. Zumal in einem Land, das 150 Prozent des Bedarfs an Milch und Rindfleisch erzeugt und damit darauf angewiesen ist, dass man in den Exportländern nicht auf ähnliche Ideen verfällt überall einen Herkunftsnachweis zu verlangen.

Und man möge nicht außer Acht lassen, dass in Österreich den Bauern, wie sie immer hören, durchaus gut dastehen im EU-Vergleich. Und das, obwohl die Wirte so oft ausländisches Fleisch in ihrer Schnitzelfritteuse haben.

Gmeiner meint - Blick ins Land, 3. März 2020

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