Donnerstag, 19. Mai 2022

Zukunft bitte warten

Strom aus Photovoltaik-Anlagen, Glasfaser auch weit draußen am Land, leistungsfähige Mobilfunknetze überall vom Bodensee bis zum Neusiedler See. An anspruchsvollen Zielen und vollmundigen Versprechungen fehlt es seit Jahren nicht. Die Wirklichkeit kann freilich damit nur selten mithalten. Die Mühen der Ebene sind zuweilen sehr viel mühsamer, als man das in der Euphorie, mit der all diese neuen Technologien daherkommen, wahrhaben will. Der "Anschluss an die Zukunft", der so gerne beschworen wird, fällt schwer. Viel schwerer als man je glauben wollte. Und so groß der Wirbel, der darum oft gemacht wird, so mager sind oft die Erfolge.

Die Realität ist meist eine ganz andere, als sie bei Pressekonferenzen, Spatenstichen und Auftritten vornehmlich von Politikerinnen und Politikern, die damit ihre Macherqualitäten zeigen wollen, in Aussicht gestellt wird. Der Unmut in den Teilen der Bevölkerung, denen der "Anschluss an die Zukunft" ein Herzensanliegen ist, die ihn brauchen und die ihn schlicht vorantreiben wollen, weil sie davon überzeugt sind, ist nachvollziehbar. Die potenziellen Anwender bleiben oft über, schlecht informiert, allein gelassen und auf sich allein gestellt. Denn vieles scheint unkoordiniert und wenig akkordiert, wenn es um den Anschluss an die Zukunft geht.

"Auf Grund der enormen Nachfrage sind wir derzeit sehr schwer erreichbar. Wir bitten um Verständnis!", schreiben in diesen Wochen nicht wenige Anbieter von Photovoltaikanlagen auf ihren Homepages und unter ihre E-Mails. Nicht erst seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine schwappt über sie eine Welle an Anfragen und Wünschen hinweg, die sie kaum mehr bewältigen können. Binnen 45 Minuten wurden bei der jüngsten Förderungsrunde 30.000 Anträge gestellt. "Wer Photovoltaik will, braucht Nerven aus Stahl", schrieb dieser Tage eine Kommentatorin in den Oberösterreichischen Nachrichten. Dass die Energieunternehmen und die Netzbetreiber kein gesteigertes Interesse am von der Politik so gepushten Solarstrom haben, macht die Sache nicht einfacher. Vor allem nicht für die, die möglichst rasch umstellen wollen und die das Ziel von der Umstellung auf Ökostrom bis 2030 und das Reden vom "Eine-Million-Dächer-Programm" ernstgenommen haben. Da passt ins Bild, dass es immer noch schwierig ist, ohne genaue Ladestations-Planung mit einem E-Auto durchs Land zu fahren, und gar nicht zu reden vom Tarifdschungel, in dem man sich dabei zurechtfinden muss.

Das Muster ist in diesem Land freilich kein Unbekanntes. Man kennt es auch aus deren Bereichen, wo sich politische Versprechen mit der Wirklichkeit spießen. So ist der Ausbau der Glasfasernetze in ganz Österreich nirgendwo die Erfolgsgeschichte geworden, die er hätte sein können und sollen. Bürgermeister kümmerten sich oft zu wenig darum, Netzbetreiber gruben oft ohne ersichtliche Konzepte einfach drauf los. So kam es, dass abgelegene Almhütten früher zum Glasfaseranschluss kamen als Unternehmen in den zentralen Wirtschafträumen dieses Landes. Vielerorts und viel zu oft bedeutet dort "www" immer noch "warten, warten, warten", wie etwa Betroffene in der Böhmerwaldregion im oberen Mühlviertel medienwirksam ätzten, bis ihnen zumindest in Aussicht gestellt wurde, dass heuer noch um Förderung angesucht wird.

Nicht viel erbaulicher ist, was den p.t. Nutzern von den Mobilfunkanbietern geboten wird. Auch dort hält die laute Werbung mit den meist großspurigen Versprechen nur selten mit. 5G, 3G und LTE gehen durcheinander und sorgen oft für nichts denn für Verwirrung und Verärgerung. Da kommt gar nicht selten vor, dass das Mobilfunkgerät mitten im Wald völlig überraschend die Verbindung mit einem 5G-Hochleistungsnetz anzeigt, während man mitten in Städten viel zu oft immer noch lediglich mit einem Anschluss an das lahme LTE-Netz auskommen muss. Dabei ist das Datenvolumen dabei zu explodieren, das über die Mobil-Netze transportiert wird. Allein in den vergangenen fünf Jahren ist es um 40 Prozent gewachsen. Ein Ende ist nicht absehbar, weil SIM-Karten inzwischen in immer mehr Maschinen und Geräten zu finden sind, um Daten auszutauschen -vom Auto bis hin zu Landmaschinen.

Was bleibt, ist die Frage, die sich angesichts der großen Töne von Anbeginn aufdrängte -hat man sich übernommen oder war man schlicht nicht gut genug? Es wird wohl an beidem etwas dran sein.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 19. Mai 2022

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