Österreichs Bauern hadern gerne mit ihren Vertretern. Zuweilen fühlt man sich schlecht vertreten, zuweilen fühlt man sich zu kurz gekommen und benachteiligt, oft schimpft man sich auch nur den Frust von der Seele und braucht jemand, wo man all den Gram abladen kann.
Funktionäre haben es nicht leicht, zumal Bauern, salopp
gesagt, mitunter schon eine sehr spezielle Kundschaft sind. Anspruchsvoll,
fordernd und oft wenig rücksichtsvoll und verständig. „Mir san mir“ zählt
allenthalben mehr als alles andere. Dass es sich bei ihren Vertreterinnen und
Vertretern um Kollegen handelt, die auch wie sie im Stall stehen und auf den
Feldern oder im Wald zugange sind, spielt da kaum eine Rolle. Vor diesem
Hintergrund ist nicht hoch genug einzuschätzen, dass sich nach wie vor viele
Bäuerinnen und Bauern bereit erklären in der Bauernvertretung mitzumachen.
Gerade für die Bauern ist das besonders wichtig, um gesellschaftlich und
politisch gehört zu werden.
Das darf freilich nicht darüber hinwegtäuschen, dass nicht
alles eitel Wonne ist. Als Beobachter staunt man oft über die Lücken in
agrarpolitischen Fragen und wundert sich wie engstirnig manche Funktionärinnen
und Funktionäre auf ihre Umgebung fixiert sind. Viele sind zwar sehr fix, wenn
es darum geht, Vorwürfe gegen den Handel herunterzubeten, zu erklären, dass
Regionalität das um und auf ist und dass der Green Deal überarbeitet gehört -
wie man es eben von oben vorgebetet bekommt. Eigene Einschätzungen und
Meinungen, eigenes Denken sind aber allzu oft nicht zu erkennen.
Mitunter staunt der Beobachter auch wie gering die
Auseinandersetzung mit agrarpolitischen Fragen, Umweltfragen und
gesellschaftlichen Themen ist. Zuweilen bis an die Grenzen der Peinlichkeit,
zumal dann, wenn es bei Spitzenfunktionären zu Tage tritt. Wie etwa vor Ostern,
als ein führender Funktionär eines Produzentenverbandes, der in einer
Pressekonferenz wortreich eine 30-prozentige Anhebung der Preise für die
Produkte seiner Bauern forderte, passen musste, als er gefragt wurde, was denn
nun die Produkte im Supermarkt eigentlich kosten. Er wusste es schlicht und
einfach nicht.
Sorgen um die Bauern, und von wem sie da vertreten werden,
kann einem zuweilen auch machen, wenn man erlebt, wie etwa ein Landes-Obmann
eines Bio-Verbandes locker flockig von vielen neuen Chancen daherredet, die es
nur zu nutzen gelte, aber auf die konkrete Nachfrage, was denn solche Chancen
seien, nur Aronia nennen konnte und hilflos Unterstützung beim Verbandssekretär
suchte.
Da versteht man dann schon, dass die Bauern mit ihren
Funktionären hadern und dass nicht wenige Zweifel an der Eignung und Qualität
ihrer Vertreter haben.
Für die Verbände, die Interessenvertretungen und die
Bauern-Organisationen der Parteien ist das eine Herausforderung. Denn
unschuldig sind sie daran nicht. Allzu oft sind sie in den vergangenen Jahren
den einfachen Weg gegangen und haben sich oft nicht die Mühe gemacht die
wirklich guten Köpfe zu suchen und zu gewinnen. In keiner Organisation und in
keiner Partei.
Wohl auch weil es ihnen lieber war brave Gefolgsleute zu
haben, die weitertragen, was von oben kommt, als Leute mit Ideen und einem
eigenen Kopf.
Gmeiner meint - Blick ins Land, 4. Mai 2022
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