Das Bauernleben gleicht seit Monaten einer Hochschaubahn. Kaum etwas ist zu planen, auf kaum etwas können sich die Bauern verlassen. Die Märkte sind durcheinander wie kaum je zuvor, konventionelle Produkte sind bereits da und dort teurer als bio. Absatzzahlen brechen ein, schon sprechen Medien von einem „Ende des Biobooms“, während der Billigbereich allerorten zulegt. Hans Schlederer, Österreichs oberster Schweinvermarkter, redet sogar schon davon, dass in den nächsten zwei, drei Jahren wohl jeder vierte Schweinemäster aufhört, weil Inflation und der Krieg Russlands gegen die Ukraine und seine Folgen wohl nicht so bald überwunden sein werden.
In der ganzen Welt ist die Sorge um die Landwirtschaft groß.
Nur nicht in Österreich. Da sind die Vollspaltenböden in den Schweineställen
das wichtigste Thema. Da stehen die Bauern wie eh und je im Zentrum von
Kampagnen von Tierschützern und Handel - und alle schauen zu. Da stellt sich
gar der Chef des zweigrößten Handelskonzerns hin und fordert „Vollspaltenböden
müssen schnellstmöglich abgeschafft werden“, während sein Konzern in denselben Zeitungen
ein paar Seiten weiter Billigfleisch zum Sonderpreis und aus unklarer Herkunft
anbietet.
Keine Rede davon, dass man sich hierzulande wie in kaum
einem anderen Land bemüht die Tierhaltungsstandards anzuheben und dabei schon
ein gutes Stück vorangekommen ist. Keine Rede davon, dass alles auch mit Kosten
für die Bauern und auch mit Partnern im Handel zu tun hat, auf die sie sich
verlassen können müssen, ehe sie hunderttausende Euro in die Hand nehmen, um
sich Investitionen zu wagen, mit denen sie für die kommenden 20, wenn nicht gar
30 Jahren die Weichen für ihren Betrieb stellen.
Da passt auch ins Bild, dass der staatliche Rundfunk, wie
jüngst in der Sendung „Am Schauplatz“ den „Weizenkrieg“ thematisierte und sich
dabei nicht, wie man meinen möchte den Nöten und Bemühungen die weltweite
Getreideversorgung zu sichern, Raum gab, sondern Bäcker vor die Kamera holte,
die über die Preise klagten und Biobauern und Reporter, die, voll cool und sehr
lässig von einem GPS-gesteuerten 700er-Fendt herab, der Welt erklärten. Etwa,
dass die Regenwurmlosung ein Superdünger sei und wie man es mit dem Boden
richtig macht und die dabei Sätze sagten wie „sicher habe ich weniger Ertrag“.
Viel mehr Präpotenz geht wohl nicht in einer Situation wie der
Derzeitigen.
Und ebenfalls passt in dieses derzeit völlig verrückte Bild,
dass sich in diesem Land außer ein paar Bauernbündlern niemand darüber aufregt,
dass die OMV-Tochter Borealis, Österreichs Düngemittelerzeuger von
internationalem Rang, nachdem der Verkauf an einen Russen untersagt wurde, nun
vom ehemaligen tschechischen Premier Babis übernommen werden soll. Von einem
Multimilliardär mit 160.000 Hektar Agrarflächen und Eigentümer des größten
Agrarkonzerns im Nachbarland, der seine ersten politischen Sporen als Kandidat
der kommunistischen Partei verdiente. Die oö. Landespolitik, allen voran ihr
unseliger Wirtschaftslandesrat, feierte sich dafür überschwänglich.
Aber das fügt sich passend in diese durchgeknallte Zeit in
der und mit der die Bauern wohl noch länger leben müssen.
Gmeiner meint - Blick ins Land 9. Juni 2022
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