Donnerstag, 23. März 2023

Wünsche und Pläne sind keine Wirklichkeit

Wenn es nach der öffentlichen Diskussion, nach der veröffentlichten Meinung und auch nach der Werbung gehen würde, müsste der Marktanteil von Bioprodukten bei Lebensmitteln längst gegen 100 Prozent gehen und Lebensmittel-Imitate rasant auf dem Weg dahin sein. Und wenn es nach dem gehen würde, was tagein, tagaus von E-Autos geschrieben wird und von ihren Vorzügen für die Umwelt, müssten eigentlich fast nur mehr Strom-betriebene Autos in den Garagen von Herrn und Frau Österreicher stehen.

Nun, man weiß -nichts davon ist der Fall. Nicht einmal im Entferntesten. Die Wirklichkeit ist anders. Ganz anders. Der Anteil von Bioprodukten im Lebensmittelhandel ist von den gefühlten 100 Prozent immer noch weit weg. Viel größer als zehn Prozent ist er trotz der Steigerungen im vergangenen Jahrzehnt nicht geworden. Fast 90 Prozent der Lebensmittel sind nach wie vor konventionellen Ursprungs, erzeugt von der konventionellen Landwirtschaft, die man so gerne allerorten für des Teufels hält. Ähnlich ist das Muster bei den Milch-und Fleischimitaten, die so viele Schlagzeilen haben. Bei Fleischprodukten liegt ihr Anteil bei gerade einmal einem Prozent und bei Molkereiprodukten bei drei Prozent.

Die Entwicklung und Kluft zwischen veröffentlichter Meinung und der Realität ist bei E-Autos nicht unähnlich. "E-Autos kommen bei Privaten kaum an", fassten die Zeitungen ihre Analysen der Zulassungsstatistik des Jahres 2022 zusammen. Die Zulassungszahlen sind mau, mehr als 80 Prozent der E-Autos werden von Firmen gekauft.

Dass es diese Kluft zwischen Meinungen, Stimmungen, Wünschen und Forderungen auf der einen Seite und der Wirklichkeit auf der anderen gibt, heißt nicht, dass sie nicht ihre Berechtigung haben. Das zeigt aber wohl, dass etwas nicht so läuft, wie es laufen könnte und vielleicht auch müsste. Die Gründe dafür sind wohl vielfältig. Der Preis kann es sein, die Verfügbarkeit auch, manchmal auch die Technologie. Sehr oft freilich ist die Ursache auch, dass man die Menschen nicht erreicht, weil man sie einfach überfordert. Viel zu oft werden ihre realen Lebenswelten, ihre Sorgen und ihre Nöte ausgeblendet.

Darüber, dass Essen noch teurer wird, wenn alles nur mehr Bio sein sollte oder man Pläne wie den Green Deal umsetzt, mag man nicht reden, und schon gar nicht will man sich fragen lassen, was das alles eigentlich für die Versorgungssicherheit bedeuten würde. Konkrete Lösungsvorschläge sind selten.

Nicht anders ist es bei den E-Autos. Ab 2035 soll es keine Verbrenner mehr geben. Wie das aber mit der dazugehörigen Versorgungsinfrastruktur, den Ladestellen, aber auch dem Stromangebot gehen soll, ist kaum ein Thema. Und schon gar nicht, welche Kostenlawine da auf die Autofahrer zukommt. Dann halt aufs Auto verzichten? Ja, wenn das so leicht wäre, zumal dann, wenn man draußen am Land wohnt und drauf angewiesen ist.

Zu oft geht man zu optimistisch und zu ambitioniert in Entscheidungsprozesse und provoziert Widerstände, ohne sich mit ihnen auseinandersetzen zu wollen. Bei Schwierigkeiten schaut man am liebsten weg. Antworten aber hat man kaum. Nicht beim Verbrenner-Aus, nicht beim unseligen EU-Plan, Holz nicht mehr als nachhaltig anzuerkennen, und auch nicht dabei, zwangsweise eine Wärmeisolierung aller Häuser zu verlangen, und bei vielem anderem mehr. Als ob es nichts dazwischen gäbe.

Wer aber wagt, Fragen zu stellen, hat ein schweres Leben. Österreichs Bundeskanzler kann in diesen Tagen ein Lied davon singen. Seine Vorschläge und Ansagen zum Thema Umwelt in seiner Rede an die Nation wurden und werden viel gescholten. Sie waren wohl auch zu grob und zu populistisch und haben vielleicht auch zu wenig Engagement für die Sache erkennen lassen, aber wirklich falsch sind sie nicht.

Es geht darum, alle mitzunehmen auf dem Weg, die Umwelt wirksam zu schützen. Es geht um intelligente Lösungen. Es geht aber auch darum, anzuerkennen, dass es mehrere Wege gibt. Das alles ist Aufgabe der Politik. Es gibt nicht nur schwarz oder weiß. Auch nicht in der Klima-und Umweltpolitik. Rechthaberei, Kompromisslosigkeit, Ideologie gar, die nicht differenzieren, aber polarisieren, sind keine guten Ratgeber. Es geht um Effizienz und Umsetzung. Denn was nützen die schönsten Ziel und Termine, die durchgesetzt wurden, wenn sie nicht erreicht und eingehalten werden?

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 23. März 2023

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