Donnerstag, 30. März 2023

Betteln um neue Technologien

"Oben" wird gefeiert und gejubelt darüber, was man alles schon erreicht hat. "Unten" hingegen herrschen Ärger und Frust darüber, dass nichts weitergeht und man weiter auf die Zukunft warten muss. Was man schon von der Einführung der Glasfasertechnologie und dem schnellen Internet in diesem Land schmerzvoll kennt, wiederholt sich nun bei der Photovoltaik. Wunsch und Wirklichkeit passen nicht zusammen. Vor allem nicht das politische Eigenlob und die tatsächlichen Ergebnisse. Da wie dort galt und gilt: In diesem Land muss man um neue Technologien betteln. Und das ist -was man wohl nicht gerne hört -ein Armutszeichen. Zumal für ein Land, das den Anspruch stellt, zu den modernsten Nationen zu gehören und in dem man gerne von der Zukunft redet.

Die Umweltministerin ist stolz auf ihr aufgestocktes Förderprogramm für Photovoltaikanlagen. Die OeMAG, die staatliche Abwicklungsstelle für die PV-Förderungen, brach laut Zeitungsberichten nach der der ersten von insgesamt fünf Vergaberunden der Förderungen in Jubel aus. Und gejubelt werden wohl auch die haben, die in den wenigen Minuten, in denen das Geld verteilt wurde, bis es wieder vorbei war damit, eine Zusage für die Förderung ihrer PV-Anlage bekommen haben.

"Unten" hingegen herrschen weiterhin Ärger, Frust und Wut, weil man wieder einmal zu kurz gekommen ist. Bei den Zigtausenden, die auch gerne eine PV-Anlage bauen würden, die aber kein sogenanntes Ticket ergatterten, das ihnen eine Förderung zusichert. Die liebend gerne etwas zur politisch von allen Seiten propagierten Umstellung auf erneuerbare Energie beitragen würden, zur Verringerung der Importabhängigkeit, zur Rettung der Umwelt, aber nicht können, weil ihnen die Unterstützung fehlt. Was nützen ihnen die schönsten 600 Millionen Euro, von denen die Politik unentwegt schwärmt, wenn sie nicht drankommen? Es dauerte wieder nur ein paar Minuten -und dann waren die für die erste Runde Ende März vorgesehenen 250 Millionen Euro weg. "Windhundprinzip" nennt man diese Art der Fördervergabe, bei dem nur der ans Geld kommt, der am schnellsten ist, am besten organisiert und über die schlagkräftigste Technik verfügt.

Unwürdig ist es allemal. Und unzureichend trotzdem, auch wenn man von der Nachfrage überrannt wird. Akzeptabel ist es nicht, gerecht schon gar nicht und sein dürfte es auch nicht. Der Ärger verwundert daher nicht und auch nicht die schlechten Schlagzeilen. "Förderchaos bei Solar-Offensive" schrieb die größte Tageszeitung des Landes. "Die 'Lotterie' bei der Finanzhilfe für Photovoltaik wirft weiterhin Schatten auf die Offensive beim Sonnenstrom in Österreich".

Auch im dritten Jahr des PV-Booms im Land ist man allerorten überfordert vom Interesse und von der Nachfrage. Sein dürfte das freilich nicht. Wie so vieles andere auch. Nach wie vor etwa zeigen die Energieversorger wenig Begeisterung für den Solarstrom. Sie haben immer noch kaum Interesse, die Infrastruktur auszubauen, um den Anlagenboom wirklich umzusetzen. Wer dort anruft, landet in den unendlichen Warteschleifen der Hotlines. Und neuerdings kommt man dort, wenn man schon das Glück hat durchzukommen, gar nicht mehr an einen leibhaftigen Mitarbeiter, sondern wird mitunter mit vorgefertigten Ansagen zu den einzelnen Themen abgespeist. Und wer es schriftlich probiert, merkt bald, dass am anderen Ende kein Mensch aus Fleisch und Blut sitzt, sondern die Auskünfte von einem Chatbot kommen. Kundenfreundlich ist anders.

Das gilt auch für die OeMAG, die zentrale Abwicklungsstelle nicht nur für die Förderungen, sondern auch für den Handel mit überschüssigem Solarstrom. Sie ist praktisch nicht zu erreichen und auch jetzt noch nicht mit den nötigen Ressourcen ausgestattet, um den Ansturm zu bewältigen. Selbst E-Mails werden dort nicht mehr beantwortet. "Aufgrund der Vielzahl der Anträge kann die Beantwortung Ihrer E-Mail einige Zeit in Anspruch nehmen" kommt dann von dort, auch wenn das Anliegen ein ernstes ist, zahlt einem doch die OeMAG seit drei Monaten nicht mehr für den Strom, den man ihr liefert.

Man hätte gerne gewusst, warum. Bloß - man kann gar niemanden fragen. Und muss hoffen, dass wenigstens das Versprechen "zeitnah eine Rückmeldung zu geben" ernst gemeint ist. So wie viele in diesem Land hoffen, dass sie beim nächsten Förder-Call drankommen. Der steht übrigens am 14. Juni an.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 30. März 2023

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