Mittwoch, 17. Mai 2023

Vernunft? Fehlanzeige!

Klaus Hraby, Chef des Sauergemüseherstellers Efko, ließ dieser Tage seinem Ärger freien Lauf. "Als die Krise kam, wurde unser Unternehmen als Lebensmittel-Erzeuger mit einem Mal systemrelevant, wir meldeten wöchentlich die Lagerstände, weil man sich Sorgen um die Versorgung des Landes machte", sagte er zum Abschluss seines Statements bei einer Pressekonferenz. "Jetzt ist das zwei Jahre her und alles ist schon wieder egal. In der Lebensmitteldiskussion geht es nur mehr um billig, billig, billig -egal, wo es herkommt", schimpfte er und warnte: "Das ist ein Fehler, das kann es nicht sein, das bringt unsere Bauern um und das bringt auch die mittelständische Lebensmittelindustrie in Österreich um." Während im ganzen Land um die Lebensmittelpreise gestritten wird und nach Verantwortlichen für die Preiserhöhungen gesucht wird, sagt der Efko-Chef ohne Umschweife und glasklar: "Die Preise sind deswegen gestiegen, weil sie vorher zu niedrig waren." Nachsatz: "Für Lebensmittel müssen wir ein bisserl mehr ausgeben, wenn wir die Produktion in Österreich halten wollen."

Es sollte mehr Hrabys geben. Nicht nur in der österreichischen Lebensmittelindustrie, die sich in der aktuellen Diskussion bemerkenswert still verhält, sondern auch in vielen andere Bereichen. Und es sollte auch mehr Gruppen als nur die Bauern und ihre Vertreter geben, die sich gegen den Billig-Druck wehren. Aber da ist nichts mehr von dem, was vor zwei, drei Jahren beschworen wurde, als Corona über das Land kam und man mitunter merkte, dass volle Supermarktregale nicht selbstverständlich sind, dass plötzlich in Autos Chips und andere Bauteile fehlten und die internationalen Lieferketten, vor allem jene aus China, zusammengebrochen sind.

Heute geht es schon wieder, und da hat Hraby völlig recht, "nur mehr um billig, billig, billig". Die Politik hat rasch vergessen. Und die Gesellschaft auch. Längst will man wieder alles haben und das sofort und zum Schnäppchenpreis. Kaum mehr ist die Rede von den Abhängigkeiten, in denen man sich wirtschaftlich verfangen hat, um alles nur möglichst billig in die Hand zu kriegen. Ganz im Gegenteil. Die Fortschritte bei der Einlösung der Versprechen, sich unabhängiger zu machen von Importen, sind überschaubar. Bei den Importen aus Fernost genauso wie bei den Importen von russischem Gas, vor allem in Österreich.

Das Pendel schlug viel schneller wieder auf die andere Seite, als man das glauben wollte und als man das befürchtete. Die Stimmung ist viel zu rasch wieder gekippt, freilich auch angetrieben von der Wirtschaftskrise, die sich breit machte, und von der Inflation.

Man versteht die Sorgen vieler Menschen und ihre Ängste. Als Grund dafür, alle Vorsätze wieder in die Mottenkiste zu packen, sollten sie nicht herhalten. Schon gar nicht in einer Gesellschaft, die, alles in allem, immer noch in einem ungeheuren Überfluss lebt -in der immer noch gut ein Drittel der angeblich so unerschwinglich teuer gewordenen Lebensmittel weggeworfen wird, in der die Kleiderkästen übergehen mit Billig-Klamotten, in der auf kaum einen Kilometer mit dem Auto verzichtet wird und schon gar nicht auf den Pauschalurlaub.

Schier ungehemmt arbeitet die Gesellschaft wieder daran, sich selbst kaputtzumachen. Das Essen muss billig sein, der Fleischhauer und der Bäcker im Ort gelten wenig, weil es im Supermarkt auf dem Heimweg von der Arbeit billiger ist. Erleichtert ist man, dass wieder von überall binnen kürzester Zeit geliefert wird. Warum sollte man da über irgendetwas nachdenken? Funktioniert ja wieder alles. Billig muss es halt sein, das ist das Wichtigste. Wo es herkommt? Egal!

Die Politik befeuert das und die Wirtschaft hat auch nichts anderes mehr im Sinn, als den eigenen Vorteil zu maximieren. Vernunft? Fehlanzeige! Warnende Stimmen? Detto! Und Bewusstseinswandel erst recht. Alles scheint schon wieder im Ruf nach "billig, billig, billig" unterzugehen.

Vernunft hat da einen schweren Stand. Das gilt für nachhaltige Produktion und Produkte, seien es Konsumwaren oder Lebensmittel, genauso wie für Themen wie Eigenversorgung oder die Umwelt und vieles andere mehr.

Dabei wurde so viel besprochen und so viel versprochen. Gelernt daraus hat man aber kaum etwas.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 17. Mai 2023

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