Donnerstag, 21. September 2023

Der Neid ist gut aufgehoben im Land

Zuerst wurde der junge Mateschitz freigegeben. Dann mussten die Privatjets als Zielschiebe herhalten. Und dann rückte der neue SP-Vorsitzende Andreas Babler mit seinen Steuerplänen heraus. Vermögenssteuer und Erbschaftssteuer. Alles umweht von einer Überzeugung, die ein französischer Dichter dereinst so formulierte: "Hinter jedem großen Vermögen steht ein Verbrechen." Die 68er prägten dafür seinerzeit den einprägsamen Schlachtruf "Eat the Rich".

Spätestens seither ist der Neid wieder ein Thema und im Land lodert eine Neiddebatte. Der Boden könnte fruchtbarer nicht sein, wo sich doch zwischen Neusiedler See und Bodensee so viele allzu gerne dem Gefühl hingeben, benachteiligt und zu kurz gekommen zu sein. Wo man andere vorzugsweise als ungerechtermaßen bevorzugt empfindet und kaum je einer auf die Idee kommt, sich zu fragen, ob man vielleicht selbst etwas anders oder gar besser hätte machen können, und schon kaum je, ob man etwas falsch gemacht hat. In Österreich ist, so gesehen, der Neid in einer großen Familie aufgehoben, mit vielen Brüdern und Schwestern. Man mag gar nicht an die Lottogewinnerin denken, die in der vorigen Woche mehr als 20 Millionen Euro gewann. Die Zahl derer, die ihr das Glück neiden und am liebsten einen guten Teil davon hätten, wird wohl die Zahl jener weit übertreffen, die sich mit ihr freuen und ihr das Glück gar gönnen. Österreich eben.

Angesichts dessen, was da in den vergangenen Wochen losgetreten wurde, versteht man Sätze wie "Neid ist ein Gefühl wie ein böses Geschwür" oder "Neid ist die einzige Todsünde, die keinen Spaß macht", sagt man auch. In Österreich könnte das anders sein. Dass Neid von den sieben Todsünden "die dümmste" sei, wie der US-Investor Warren Buffet meinte, kann man hingegen gut nachvollziehen. Und seine Erklärung dafür auch: "Wer auf andere neidisch ist, fühlt sich deswegen nicht besser, sondern schlechter."

Neid gehört in Österreich immer schon zum Kulturgut. Der Neid ist bei uns nicht Triebfeder dafür, etwas besser zu machen, sondern viel eher Triebfeder dafür, dass die Stimmung immer schlechter wird.

Die Freiheitlichen haben das Potenzial von Neid als Mittel der Politik -vor allem Ausländern und Migranten gegenüber -schon lange erkannt und es zur Erfolgsmasche gemacht. Nun wollen offensichtlich auch die Sozialdemokraten darauf setzen. Auf Neid vor allem denen gegenüber, die man für reich hält. Von mehr sozialer Gerechtigkeit wird schwadroniert und von Ausgleich.

Dass das wirklich gut ist, was da angezettelt wurde, bleibt zu bezweifeln. Babler flogen in den vergangenen Wochen jedenfalls spitze Kommentare der führenden Federn des Landes nur so um die Ohren. "Wie wäre es mit einem vernünftigen Steuerkonzept?", hieß es da zuvorderst. Schließlich besteuere Österreich derzeit Mittelverdiener "als ob sie Großverdiener wären und als ob Einkommen durch Arbeit etwas Unanständiges wäre". Anstatt nachzudenken, "wie Staat und Verwaltung effizienter werden können, um die Steuerlast der arbeitenden Bevölkerung zu reduzieren", halte der SP-Chef Ausschau, "welche Kuh als nächste gemolken werden könnte". Kurzum: "Die Sozialdemokraten betreiben Steuerpolitik ja neuerdings als eine Art Bastelworkshop."

Wertschätzung schaut anders aus. Denn es ist in der Tat nicht so, dass es in diesem Land an Geld fehlt. Österreich zählt zu den Ländern mit der höchsten Steuerlast. Und Österreich zählt zu den Ländern, wo man die wirklich großen Themen wie nachhaltige Neustruktierung der öffentlichen Haushalte, wie die Senkung der Lohnnebenkosten und vieles andere, so lange wie kaum sonstwo vor sich herschiebt und nicht angreift.

Aber das spielt auch bei Bablers Plänen offenbar keine Rolle. Das macht ihn angreifbar. Darum ist wohl jenen recht zu geben, die in seinen Steuerplänen nichts sehen, was irgendetwas besser machen würde in diesem Land, in dem der Großteil der Bevölkerung ohnehin mehr vom System bezieht, als es einzahlt, und in dem die obersten zehn Prozent schon jetzt die Hälfte ihres Einkommens zur Finanzierung des Staates abliefern, während gut ein Drittel für ihre Einkommen überhaupt keine Steuern zahlen.

Man darf neugierig sein, wie er damit umgeht. Ob er noch liefert, was da gefordert wird. Oder ob er den billigen Weg gehen will. Und ob der so ausschauen wird, wie der, der schon bei Erbschafts-und Vermögenssteuern mit all den wechselnden Höchstgrenzen und Varianten eher als Eiertanz denn als zielgerichtet wirkte.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 21. September 2023

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