Donnerstag, 11. Januar 2024

Österreich braucht einen Rahmen für die Zukunft


Allerorten Ausblicke auf das "Superwahljahr", das angebrochen ist. Wer wird mit wem und wird es wirklich so schlimm? Es ist zu befürchten, dass es im Wahlkampf und bei den Wahlen mehr um die Vergangenheit, um die Verfehlungen, um die Fehltritte und um die Abrechnung damit gehen wird. Das wird wohl im Mittelpunkt stehen. Gerichtsverfahren, Untersuchungsausschüsse, Ermittlungen, Klagen, Urteile, gegenseitige Kriminalisierungsvorwürfe. Politikerinnen und Politiker und ihre Fehler, Verfehlungen und Eitelkeiten. Und das alles vor dem Hintergrund einer endlosen Neid-und Verteilungsdebatte. Man wird sich in Kleinigkeiten und Streitereien verrennen, die in der Summe wenig bringen bis gar nichts, aber die Stimmung im Land in den Keller ziehen. Gefangen genommen und bestimmt von der Vergangenheit.

Dabei sollte es um die Zukunft gehen. Mehr denn je und kreativ wie nie. Um die Zukunft aber kümmert sich niemand.

Dabei bräuchte das Land nichts dringender als das. Es funktioniert noch. Mehr aber nicht. Es ächzt bedenklich im Gebälk. Im Performance-Ranking ist Österreich abgerutscht auf den 33. Rang unter 38 OECD-Ländern. "Besorgniserregend", wie viele befinden. "Müssen wir wirklich von den Griechen lernen?", fragen gar besorgte Kommentatoren. Und den Standort Österreich sieht man in Gefahr.

Österreich braucht Zukunft. Es braucht Ziele. Und es braucht auch Visionen, wo es hingehen soll, und was werden kann. Das Land, seine Politik und auch die Menschen müssen sich wieder öffnen. Es braucht einen neuen Spirit, so etwas wie eine Aufbruchsstimmung. Frische Luft, Mut zu Neuem und zu Veränderung. Und es braucht den Rahmen dazu. Einen Rahmen, in dem sich eine Zukunft entwickeln kann, die den Menschen auch wirklich Zukunft geben kann.

Österreich muss wieder sehr viel mehr davon reden. Davon, was man machen kann. Man muss wieder reden von den Zielen, die man erreichen möchte. Von den Zielen in der Wirtschaft, in der Bildung, im Sozialbereich und im Gesundheitswesen. Davon, was zu tun ist, davon, wie Ziele zu erreichen sind, und davon, wer wo welche Unterstützung braucht dafür. Es muss mehr darum gehen, wie man jemand unterstützen kann, um seine Ziele zu erreichen, und nicht nur um die Absicherung einer Vollkasko-Gesellschaft. Nicht um das Verhindern und Erschweren muss es gehen, sondern um das Ermöglichen.

Das Land kann sich die Kultur und den politischen Stil, der in den vergangenen Jahren überhandgenommen hat, nicht mehr leisten. Es scheint, als gehe es nur mehr ums Verteilen und Absichern, aber nicht mehr um das Schaffen. Dieses Anspruchsdenken. Dieses ewige Jammern und Schimpfen.

Und schon gar nicht kann sich das Land diese Politik für die Galerie leisten, bei der es viel zu oft um Show und Luftblasen geht, und die die meisten von denen vergisst, für die da zu sein man vorgibt -nämlich die Menschen.

Die Rede sei in diesem Zusammenhang, ausnahmsweise muss man in diesem Land dazusagen, einmal nicht vom sprichwörtlichen "kleinen Mann", sondern von den Leuten in der Mitte. Von den Unauffälligen und von denen, die sich nicht bei jeder Gelegenheit aufplustern. Von denen, die nicht immer jammern und fordern. Sondern von denen, die einfach tun, was zu tun ist, die ihre Ideen und Pläne umsetzen, die etwas auf sich nehmen dafür, die Verantwortung übernehmen. Die Rede sei von denen, die Firmen führen, und von denen, die Arbeitsplätze schaffen. Kurzum von denen, die das Land in Bewegung halten, und von der Wirtschaft und den Menschen, die sie tragen und die ihr Scherflein dazu beitragen, dass die Pension jeden Monat kommt, die Kinderbeihilfe und die Arbeitslose -auch dorthin, wo man nur schimpft über sie. Viel zu lange schon sind sie die, an denen sich die Gesellschaft und die Politik abputzt.

Es muss darum gehen, wieder etwas zu schaffen, das dem Land und seiner Bevölkerung auch in Zukunft Basis sein kann. Das etwas hervorbringt, damit es auch in Zukunft etwas zu verteilen gibt, und von dem das Land in Zukunft leben kann. Gut leben kann.

Österreich muss wieder nach vorne schauen. Positiv, zuversichtlich und mit hochgekrempelten Ärmeln. Das bedeutet nicht, das Negative aus den Augen zu verlieren, zu verbessern, wo zu verbessern ist, und die Vergangenheit nicht aufzuarbeiten. Das muss auch sein. Aber es darf nicht den Blick auf die Zukunft, und was für sie zu tun ist, verstellen.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 11. Jänner 2024

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