Die Nachfrage nach Schweinefleisch aus Tierwohl-Haltung hat sich in zwei Jahren versechsfacht – von mehr als bescheidenem Niveau aus. Ein rascheres Verbot der Vollspaltböden lehnen die Schweinebauern ab.
Hans GmeinerRegina Reitsamer
Salzburg. „Wenn ich es mir wünschen könnte, hätten wir in fünf Jahren nur noch Schweinefleisch aus Tierwohl-Haltung“, sagt Hans Schlederer. Ein Wunschprogramm aber, betont der Chef der Österreichischen Schweinebörse, über die die rund 20.000 heimischen Schweinebauern einen Großteil ihrer Tiere vermarkten, sei der europäische Schweinemarkt nicht.
80 bis 90 Prozent aller Mastschweine in der EU würden auf Vollspaltböden gehalten. In Österreich seien es nur geringfügig weniger. Und gesetzlich sei nur in Finnland und Schweden mehr Tierwohl vorgeschrieben. Dort liege der Selbstversorgungsgrad bei Schweinefleisch unter 50 Prozent. „Unsere Konkurrenten sind große Schweinehalter in Holland, Deutschland oder Spanien. Vollspaltböden sind dort nirgends verboten.“ Sollte in Österreich – nachdem der Verfassungsgerichtshof die langen Übergangsfristen für das Verbot von Vollspaltböden gekippt hat – ein deutlich rascheres Aus für die von Tierschützern kritisierte Haltungsform kommen, würden viele Schweinebauern aus der Schweinehaltung aussteigen. „Wir stehen im EU-weiten Wettbewerb“, sagt Schlederer. Zwar sei immer mehr Konsumenten das Thema Tierwohl wichtig, für viele zähle aber nur der Preis. Verbote im Inland würden damit zu mehr Fleischimport führen und kaum dem Tierwohl nutzen.
Dabei liegt das zuletzt im Trend. Die Erzeugung von Schweinefleisch im Zuge von Tierwohl-Programmen ist das einzige Marktsegment, in dem die heimische Schweinefleischproduktion wächst. „Von einem rapiden Wachstum zu reden ist übertrieben, aber der Zuwachs ist stetig“, sagt Schlederer. Kamen im Jahr 2021 knapp 7000 Schweine auf den Markt, die nach dem höchsten AMA-Tierwohlstandard – mit Strohhaltung, 100 Prozent mehr Platz und Auslauf ins Freie – gehalten wurden, so waren es 2022 bereits 20.000. Im Vorjahr dürfte sich der Absatz auf 42.000 Tiere verdoppelt haben. Bei anderen Tierwohl-Programmen und Bio ist die Entwicklung ähnlich. Schlederer schätzt, dass inzwischen rund sechs Prozent der heimischen Mastschweine in Tierwohl- und Bioställen großgezogen werden. Der Plafond sei damit noch nicht erreicht. Der Tierwohl-Masterplan, auf den sich die Branche vor zwei Jahren verständigt hat, sieht vor, dass die Zahl der Schweine aus Tierwohl bis 2030 auf eine Million Tiere verfünffacht wird.
Gesucht werden nun Bauern, die in die Tierwohlproduktion einsteigen. „Tierwohl-Betriebe gesucht!“, heißt es im Mitglieder-Magazin des Verbandes der Schweinebauern. „Durch die verstärkte Nachfrage von großen Playern im Lebensmittelhandel wie Billa, Billa+ und Lidl ist davon auszugehen, dass sich der Aufwärtstrend auch 2024 fortsetzt“ ist zu lesen. „Es ist wichtig, dass wir den potenziellen Konsumenten ein Angebot machen, auf das sie sich verlassen können“, sagt Schlederer.
Einfach wird es nicht sein, Bauern zu finden. „Das hat nicht nur mit hohen Investitionen zu tun, die Tierwohlställe erfordern und die schnell einmal bei einer Million Euro und mehr liegen, sondern auch mit immer größeren Schwierigkeiten bei den behördlichen Genehmigungen“, sagt Schlederer. „Bei Tierwohlstallungen, die nach außen offen sind, sind die Geruchs- und Lärmemissionen oft größer als bei herkömmlichen Ställen und die Widerstände von Anrainern entsprechend höher.“ Zudem steht trotz Zuwachsraten auch der Markt für Tierwohl- und Biofleisch unter Druck. Wer investieren will, braucht eine ordentliche Portion Optimismus, sagen Marktbeobachter.
Gefordert sieht Schlederer auch die AMA, die für die Tierwohlsiegel und den Tierwohl-Masterplan verantwortlich ist. „Es muss bei Tierwohl eine einheitliche und offizielle Kennzeichnung geben“, sagt er. „Und die muss die AMA Marketing machen.“ Dass sich die Handelsketten zwar an die AMA-Vorgaben halten, sich aber sonst nicht weiter groß um die offizielle Kennzeichnung kümmern und lieber unter eigenen Bezeichnungen wie „Fair zum Tier“, „Fairantwortung“ oder „FairHof“ ihre eigenen Definitionen von Tierwohl entwickeln, stößt Schlederer sauer auf. „Jeder nennt das AMA-Tierwohlprogramm anders, wie soll sich da der Konsument drauf verlassen können?“, fragt er. „Die AMA Marketing muss mehr tun, als nur verschiedene Haltungsformen zu kennzeichnen und kontrollieren.“
Gefordert ist auch die Politik. Muss sie doch mit den Schweinehaltern rasch eine neue gesetzliche Regelung finden. In neuen Ställen sind Vollspaltböden schon jetzt nicht mehr zugelassen. Die alte Regelung, wonach für bestehende Betriebe Übergangsfristen bis 2040 gelten, wird mit Juni 2025 aufgehoben. Während der für den Tierschutz zuständige Minister Johannes Rauch (Grüne) rasch bessere Bedingungen in der Schweinehaltung will, sieht Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) das österreichische Schnitzel gefährdet. Dass es übrigens der burgenländische SPÖ-Landeshauptmann Hans Peter Doskozil war, der den Fall vor den VfGH brachte, sorgt unter den Bauern für weiteren Ärger. 95 Prozent der Schweine werden in Oberösterreich, Niederösterreich und der Steiermark gehalten. Im Burgenland sind es laut Schlederer nur ein bis zwei größere Betriebe.
80 bis 90 Prozent aller Mastschweine in der EU würden auf Vollspaltböden gehalten. In Österreich seien es nur geringfügig weniger. Und gesetzlich sei nur in Finnland und Schweden mehr Tierwohl vorgeschrieben. Dort liege der Selbstversorgungsgrad bei Schweinefleisch unter 50 Prozent. „Unsere Konkurrenten sind große Schweinehalter in Holland, Deutschland oder Spanien. Vollspaltböden sind dort nirgends verboten.“ Sollte in Österreich – nachdem der Verfassungsgerichtshof die langen Übergangsfristen für das Verbot von Vollspaltböden gekippt hat – ein deutlich rascheres Aus für die von Tierschützern kritisierte Haltungsform kommen, würden viele Schweinebauern aus der Schweinehaltung aussteigen. „Wir stehen im EU-weiten Wettbewerb“, sagt Schlederer. Zwar sei immer mehr Konsumenten das Thema Tierwohl wichtig, für viele zähle aber nur der Preis. Verbote im Inland würden damit zu mehr Fleischimport führen und kaum dem Tierwohl nutzen.
Dabei liegt das zuletzt im Trend. Die Erzeugung von Schweinefleisch im Zuge von Tierwohl-Programmen ist das einzige Marktsegment, in dem die heimische Schweinefleischproduktion wächst. „Von einem rapiden Wachstum zu reden ist übertrieben, aber der Zuwachs ist stetig“, sagt Schlederer. Kamen im Jahr 2021 knapp 7000 Schweine auf den Markt, die nach dem höchsten AMA-Tierwohlstandard – mit Strohhaltung, 100 Prozent mehr Platz und Auslauf ins Freie – gehalten wurden, so waren es 2022 bereits 20.000. Im Vorjahr dürfte sich der Absatz auf 42.000 Tiere verdoppelt haben. Bei anderen Tierwohl-Programmen und Bio ist die Entwicklung ähnlich. Schlederer schätzt, dass inzwischen rund sechs Prozent der heimischen Mastschweine in Tierwohl- und Bioställen großgezogen werden. Der Plafond sei damit noch nicht erreicht. Der Tierwohl-Masterplan, auf den sich die Branche vor zwei Jahren verständigt hat, sieht vor, dass die Zahl der Schweine aus Tierwohl bis 2030 auf eine Million Tiere verfünffacht wird.
Gesucht werden nun Bauern, die in die Tierwohlproduktion einsteigen. „Tierwohl-Betriebe gesucht!“, heißt es im Mitglieder-Magazin des Verbandes der Schweinebauern. „Durch die verstärkte Nachfrage von großen Playern im Lebensmittelhandel wie Billa, Billa+ und Lidl ist davon auszugehen, dass sich der Aufwärtstrend auch 2024 fortsetzt“ ist zu lesen. „Es ist wichtig, dass wir den potenziellen Konsumenten ein Angebot machen, auf das sie sich verlassen können“, sagt Schlederer.
Einfach wird es nicht sein, Bauern zu finden. „Das hat nicht nur mit hohen Investitionen zu tun, die Tierwohlställe erfordern und die schnell einmal bei einer Million Euro und mehr liegen, sondern auch mit immer größeren Schwierigkeiten bei den behördlichen Genehmigungen“, sagt Schlederer. „Bei Tierwohlstallungen, die nach außen offen sind, sind die Geruchs- und Lärmemissionen oft größer als bei herkömmlichen Ställen und die Widerstände von Anrainern entsprechend höher.“ Zudem steht trotz Zuwachsraten auch der Markt für Tierwohl- und Biofleisch unter Druck. Wer investieren will, braucht eine ordentliche Portion Optimismus, sagen Marktbeobachter.
Gefordert sieht Schlederer auch die AMA, die für die Tierwohlsiegel und den Tierwohl-Masterplan verantwortlich ist. „Es muss bei Tierwohl eine einheitliche und offizielle Kennzeichnung geben“, sagt er. „Und die muss die AMA Marketing machen.“ Dass sich die Handelsketten zwar an die AMA-Vorgaben halten, sich aber sonst nicht weiter groß um die offizielle Kennzeichnung kümmern und lieber unter eigenen Bezeichnungen wie „Fair zum Tier“, „Fairantwortung“ oder „FairHof“ ihre eigenen Definitionen von Tierwohl entwickeln, stößt Schlederer sauer auf. „Jeder nennt das AMA-Tierwohlprogramm anders, wie soll sich da der Konsument drauf verlassen können?“, fragt er. „Die AMA Marketing muss mehr tun, als nur verschiedene Haltungsformen zu kennzeichnen und kontrollieren.“
Gefordert ist auch die Politik. Muss sie doch mit den Schweinehaltern rasch eine neue gesetzliche Regelung finden. In neuen Ställen sind Vollspaltböden schon jetzt nicht mehr zugelassen. Die alte Regelung, wonach für bestehende Betriebe Übergangsfristen bis 2040 gelten, wird mit Juni 2025 aufgehoben. Während der für den Tierschutz zuständige Minister Johannes Rauch (Grüne) rasch bessere Bedingungen in der Schweinehaltung will, sieht Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) das österreichische Schnitzel gefährdet. Dass es übrigens der burgenländische SPÖ-Landeshauptmann Hans Peter Doskozil war, der den Fall vor den VfGH brachte, sorgt unter den Bauern für weiteren Ärger. 95 Prozent der Schweine werden in Oberösterreich, Niederösterreich und der Steiermark gehalten. Im Burgenland sind es laut Schlederer nur ein bis zwei größere Betriebe.
Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 11. Jänner 2024
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