Kürzlich erst sorgte der Kommentar eines zugegebenermaßen sehr spitz formulierenden Kolumnisten in der Tageszeitung „Die Presse“ für Aufregung. Da war zu lesen, dass lokal produzierte Produkte „fetischisiert“ würden, „religiös verklärt“ auch und „viel irrationaler Aberglaube“ diese Thematik verneble. Wie ein bestimmtes Nahrungsmittel produziert werde, sei oft entscheidender als Wo. Biofrucht aus der tropischen Ferne könne in diesem Kontext besser sein für das Klima als die konventionell, aber lokal hergestellte. Für Fleisch gelte das Nämliche, selbst für Fleisch aus Südamerika, wenn man bedenke, dass hierzulande die Ställe im Winter in der Regel beheizt werden müssen.
Das ist starker Tobak fürwahr. Aber da ist sehr viel dran.
Dabei war vom Übersee-Soja, mit dem ein Großteil des „regionalen“ Fleisches
erzeugt wird, in der Kolumne noch gar nicht die Rede. Und auch nicht von den
heimischen Äpfeln, die kreuz und quer durchs Land von einem Zentrallager ins
andere, transportiert und mit großem Energieaufwand das ganze Jahr über frisch
gehalten werden.
Die Landwirtschaft, die gerne hinter Begriffen wie
„Regionalität“ Zuflucht sucht, sollte das zum Anlass nehmen, vielleicht darüber
nachdenken. Das beginnt bei der beliebten, wie falschen Verknüpfung, dass
Regionalität gleichzusetzen sei mit Qualität Tier- und Umweltfreundlichkeit und endet bei der grundsätzlichen
Frage, der man sich bisher immer verweigert – was ist eigentlich gemeint mit
Regionalität? Wo beginnt sie und wo hört sie auf? Regionalität ist auch nicht "das neue Bio" wie man mitunter gerne behauptet, um, dieses Kalkül sei unterstellt,
vielleicht auf der Biowelle mitzuschwimmen.
In der öffentlichen Argumentation hat die österreichische
Landwirtschafft einige solcher Begriffe, auf die sich seit Jahren stützt. Sie
klingen fraglos gut, halten aber einer näheren Betrachtung, ernsthafter Kritik
gar, kaum stand. Das kommt man schnell ins Stottern und oft ist das Ende der
Fahnenstange nicht weit. Zuletzt merkte man das, als die deutschen
Handelsketten bei Milch die Tierhaltung ins Spiel brachten und man zur Kenntnis
nehmen musste, dass sich die norddeutschen Riesen-Milchviehbetriebe leichter
taten damit, weil Weidehaltung bei Kühen Normalität ist, während bei uns noch
für einen guten Teil der Tiere Anbindehaltung Standard ist.
Dabei würde es beim Thema Regionalität helfen, einfach die
Kirche im Dorf zu lassen. Regional ist keine Qualität und auch, so oben, oft
nicht automatisch klimafreundlich. Aber regional ist einfach logisch und
gescheit – es sichert Arbeitsplätze auf den Bauernhöfen, in den Metzgereien und
Bäckereien, in den Molkereien, im Landhandel und in den Werkstätten. Nicht mehr
und nicht weniger. Allein das sollte Grund genug sein, regionale Produkte zu
kaufen. Und dafür sollte geworben werden.
Ganz abgesehen davon, dass zu hinterfragen ist, was ist,
wenn überall im Ausland, wo wir unsere Produkte verkaufen wollen, die
„regionale Produktion“ forciert wird und sie sich so durchsetzt wie in
Österreich. Dann wird es für Österreichs Landwirtschaft, die in zentralen
Bereichen auf den Export angewiesen ist, wohl schnell eng.
Gmeiner meint - Blick ins Land, 4. Jänner 2024
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