Der Krieg Russlands gegen die Ukraine befindet sich nun im dritten Jahr. Für das Land, das seit dem Februar 2022 den Russen standhält, gab es zahllose Solidaritätsbekundungen aus aller Welt. Der "heldenhafte Widerstand" wurde gewürdigt und die Sinnlosigkeit des Krieges beschworen. Das ist alles schön und gut, aber man weiß, dass die Ukraine anderes will und braucht. Gerade jetzt, gerade in diesen Wochen und Monaten, wo sich die Lage zu wenden droht.
Das alles spiegelt freilich die Stimmung und die Zurückhaltung wider, die sich im vergangenen Jahr breitgemacht haben. Die Unterstützung bröckelt, die tatsächlich gelebte Solidarität, die sich in konkreter Hilfe äußert für die Ukraine, auch. Man will, so der Eindruck, in Europa genauso wie in den USA den Krieg loswerden. Irgendwie.Immer öfter und immer unverhohlener wird die Einstellung jeglicher Hilfe und jeglicher Waffenlieferungen an die Ukraine gefordert. Auch in Österreich. Von SP-Chef Babler etwa gab es zum zweiten Jahrestag des Überfalls Russlands keine klare Stellungnahme zur Unterstützung der Ukraine. Und die Freiheitlichen machen keinen Hehl draus, dass sie die Unterstützung für die Ukraine lieber heute als morgen einstellen würden. Dass man damit Putin in die Hände spielt, blendet man aus oder nimmt es in Kauf.
Vor kurzem hat der Chefstratege des Bundesheeres in einem Interview gemeint, dass den Österreicherinnen und Österreichern durch die Neutralität der Sinn dafür verloren gegangen ist, was auf der Welt los ist. Die vergangenen Wochen und Monate scheinen diese Einschätzung auf Punkt und Beistrich zu bestätigen.
Ausblenden, wegschauen, wegdrücken, ducken, aussitzen, wohin man schaut. Auch in Sachen Ukraine bleibt sich Österreich treu. Man bleibt auf den Zuschauerrängen, man hat allerlei Erklärungen und man vermeidet jede Konsequenz. Nicht einmal zum Minenräumen will man Fachkräfte in die Ukraine schicken. Man könnte sich ja etwas vertun. Es ist mit der Ukraine und dem Umgang mit diesem Thema wie mit allen Themen, die mehr verlangen als billige Ränkespiele, mit denen man durch den Tag kommt. Österreich bleibt auch da Österreich. Da versteckt man sich allemal lieber hinter der Neutralität, setzt darauf, dass man von NATO-Staaten umgeben ist, und darauf, dass andere EU-Staaten bereit sind zu helfen.
Dazu passt das Ergebnis einer Umfrage, die vor wenigen Tagen für Aufmerksamkeit sorgte. "Nur jeder dritte Österreicher wäre bereit, sein Land zu verteidigen", vermeldeten die Zeitungen. Das ist nicht wirklich viel angesichts einer Gefahrenlage, die es seit dem Zweiten Weltkrieg für Österreich noch nie gegeben hat.
Aber nicht nur das. Auch sonst zeigt man sich hierzulande eher reserviert gegenüber dem, was in der Ukraine passiert. Hierzulande lehnen 42 Prozent die Fortführung der Hilfeleistungen für die Ukraine "eher" oder sogar "dezidiert" ab, und gut ein Drittel hält für falsch, dass sich Österreich an den Sanktionen gegen Russland beteiligt. Nur knapp mehr als die Hälfte der Befragten sind der Ansicht, dass der russische Angriff durch nichts zu rechtfertigen sei, aber jeder Vierte hängt der Erzählung an, dass die NATO den russischen Angriffskrieg provoziert habe.
Da bleibt oft kaum mehr als Zweckoptimismus, auch wenn der mitunter nachgerade skurill daherkommt. Etwa, wenn der Militärkommandant von Oberösterreich die Bereitschaft von nur einem Drittel der Bevölkerung, das Land zu verteidigen, als eine "in der derzeitigen Situation gute Nachricht" bezeichnet, im nächsten Satz aber darauf hinweist, dass "uns ein möglicher Gegner nach unserem Wehrwillen einschätzt" und uns nur in Ruhe lassen werde, wenn der Selbstbehauptungswille hoch sei. Aber so ist Österreich. So ist man in Österreich.
Auch wenn die Umfragen das nicht so deutlich zeigen -nicht wenige schütteln nur mehr den Kopf. Selbst Beobachter, die seinerzeit den Zivildienst absolvierten, mögen nicht mehr zuschauen, wie das Land jedes internationale Renommee verspielt, die Augen verschließt und sich aus jeder Verantwortung drückt. "Wir werden außenund verteidigungspolitisch nirgendwo mehr ernst genommen, wir sind opportunistische Strizzis", klagen dann selbst solche Leute und suchen Zuflucht im Zynismus. "Wir sind am Ende, da werden auch die Pandur-Panzer nicht viel helfen." Nachsatz: "Da muss man eher befürchten, dass wieder ein großer Beschaffungsskandal herauskommt."
Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 29. Februar 2024
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