Nur mehr 402.000 Stimmen, mehr als ein Drittel weniger als noch vor fünf Jahren. Ein Stimmenanteil von nur mehr 8,2 Prozent statt 13,9 Prozent und nur mehr 16 statt bisher 26 Mandate im neuen Nationalrat. Und mit ziemlicher Sicherheit -in der derzeitigen Situation weiß man ja nie -auch nicht mehr in der Regierung. Das Wahlergebnis der Grünen ist wohl das, was man gemeinhin als desaströs versteht. Nachzuvollziehen ist es allenfalls für VP-Wähler oder FP-Anhänger und all die anderen, die mit den Grünen grundsätzliche Probleme haben. Sonst aber bleibt nur Verwunderung und Staunen, haben die Grünen doch in den vergangenen Jahren als Juniorpartner der großen und traditionell sehr machtbewussten Volkspartei weit mehr erreicht, als man ihnen zugetraut hat.
Vom Besten zweier Welten, das die beiden Parteien zu Beginn der Regierungsperiode versprochen haben, haben die Grünen deutlich mehr geholt als die Schwarzen. Die CO2-Bepreisung, der Klimabonus, die Förderung der thermischen Sanierung, das Einwegpfandsystem, der Ausbau der E-Mobilität, das Klimaticket oder die Einführung des Inflationsausgleichs für Sozial-und Familienleistungen und noch einiges mehr waren doch weit mehr, als man erwarten konnte. Möchte man meinen. Und dennoch haben sich so viele Wähler von den Grünen abgewendet und damit die Grünen um die Möglichkeiten gebracht, in ihrem Sinn etwas zu verändern, zu gestalten, voranzutreiben. Und, folgt man ihren Denkmustern, der eigenen Sache, dem Schutz der Umwelt und des Klimas, damit am meisten geschadet und die Bemühungen darum weit zurückgeworfen.Das Verhalten der Wählerinnen und Wähler gibt Rätsel auf, sind doch die Alternativen beschränkt. Wo sehen sich die, die diesmal nicht mehr Grün wählten, jetzt vertreten? Warum haben sie die Partei dann gleich derart abgestraft und wieder in die Bedeutungslosigkeit geschickt? Dorthin, wo sie allenfalls protestieren, aber nicht wirklich etwas erreichen können? Und ist all denen, die die Grünen diesmal im Stich gelassen haben, überhaupt klar, dass sie nun damit der von ihnen so gerne und oft nachgerade inbrünstig angefeindeten FP oder VP das Feld überlassen mit ihrem Stimmverhalten? Stimmen gar wirklich die Erklärungsversuche, die von strategischer Stimmabgabe für die SPÖ reden, um Kickl zu verhindern, oder steht der Klimaschutz in der Krise tatsächlich nicht mehr so hoch im Kurs?
Das alles passt nicht zusammen. Aber es passt zu dem, wie man Grüne oft kennt. Sie umgeben sich gerne mit der Aura, alles zu wissen, haben aber die Verantwortung und Konsequenz in der Umsetzung gerne gescheut und sind Antworten schuldig geblieben. Und das passt dazu, dass sie für ihre Forderungen immer schon eher Kollateralschäden in Kauf nehmen, als Kompromisse zu suchen, und damit oft ihrer Sache mehr schaden, als ihr zu nutzen. Und mit der Demokratie und der Mündigkeit der Bürger, die man sonst so gerne beschwört, hat man es auch nicht großartig, wenn es um die Durchsetzung der eigenen Interessen geht. Die Diskussion um die Renaturierungsverordnung und der Alleingang der Umweltministerin sind ein beredtes Beispiel dafür. Lösungen, zumal solche, die gesellschaftlich und politisch verträglich sind und dennoch die Sache voranbringen, waren viel zu selten das ihre. Wir erlebten es in Österreich und wir erleben es in Deutschland.
Das Wahlergebnis bestätigte wohl, dass Dankbarkeit in der Politik keine Kategorie ist. Und das ist gut so. Denn Politik, die auf Dankbarkeit aufbaut und die Dankbarkeit erwartet, kann keine gute Politik sein. Zu groß ist die Gefahr, dass sie sehr leicht eine falsche Richtung nimmt und sich tatsächlich nötige Maßnahmen nicht zu treffen traut und Ziele aus den Augen verliert.
Ganz abgesehen davon ist in der Wählerschaft und damit in der Gesellschaft Dankbarkeit generell keine Kategorie mehr. Heute fordert man und stellt Ansprüche, aber man weiß nicht mehr zu schätzen, unter welchen Umständen irgendetwas zustandegekommen oder zustandegebracht wurde. Vielleicht gäbe es dann viel mehr Dank, wenn man keine Dankbarkeit erwartet.
Die Grünen jedenfalls können jetzt wieder von der Galerie aus ungestraft alles besser wissen. Die ehemaligen Wähler müssen sich freilich fragen, warum sie nicht erkennen wollten, dass es anders doch besser wäre -wenn ihnen denn ihre Anliegen wirklich so wichtig wären, wie sie immer sagen und von den anderen fordern.
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