Der Streit zwischen Spar und den Milchbauern lenkt die Augen auch auf strukturelle Probleme in der Landwirtschaft. Die Zahl der Betriebe dürfte weiter sinken.
Hans GmeinerSalzburg. Die Milchbauern sorgen in diesen Tagen wieder für Schlagzeilen. Die Handelskette Spar und die Bauern der MGN Milchgenossenschaft Niederösterreich, Lieferanten und Miteigentümer der NÖM, Österreichs zweitgrößter Molkerei, kommen bei den Preisverhandlungen auf keinen grünen Zweig. Spar akzeptiert die von der NÖM für ihre Milchprodukte gewünschten Preiserhöhungen nicht. Deshalb beliefert die NÖM Spar vorerst nicht mehr. Während das Handelsunternehmen mit dem Verweis auf gesunkene Kosten bei Energie, Verpackungsmaterial und Futtermitteln keine Preiserhöhungen akzeptieren will, pochen die Bauern auf Fairness und kostengerechte Preise.
Der Streit samt Lieferstreik ist vorläufiger Höhepunkt der Auseinandersetzungen der Bauern mit den Handelsketten, die sich bereits über Jahrzehnte ziehen. Die Milchbauern stehen seit Jahren unter großem Druck. In keinem Betriebszweig der Landwirtschaft hörten so viele Bauern auf, weil sie keine Zukunft mehr für sich sahen. Allein in den elf Jahren seit 2013 ging die Zahl der heimischen Milchproduzenten um mehr als ein Drittel auf rund 22.400 zurück. Noch drastischer fällt der Vergleich mit der Mitte der 1990er-Jahre aus. Damals gab es noch mehr als 81.000 Milcherzeuger in Österreich. Der ständige Preisdruck, hohe Kosten, immer neue Auflagen und oft auch Probleme mit der Hofnachfolge sind die Hauptgründe dafür, dass so viele Bauern aus der Produktion ausgestiegen sind. Die Betriebe sind heute deutlich größer. Hatte damals ein Milchbauer im Schnitt zehn Kühe im Stall, so liegt der Schnitt heute bei knapp 25 Kühen. Dass ein Milchbauer mehr als 100 Kühe hält, ist heute auch bei uns keine Seltenheit mehr und auch mit der Grund dafür, dass die Milchproduktion nicht zurückgegangen ist. Ganz im Gegenteil. In den vergangenen 30 Jahren erhöhte sich die Produktion um mehr als 40 Prozent auf rund 3,8 Mrd. Liter jährlich, deutlich mehr als der Inlandsbedarf.
Der Strukturwandel in der Milcherzeugung ist das eindrücklichste Beispiel dafür, dass der Strukturwandel in den landwirtschaftlichen Betriebszweigen mit Tierhaltung deutlich mehr Tempo hat als etwa im Ackerbau. Während die Zahl der Bauern in den vergangenen Jahren insgesamt jährlich um rund zehn bis zwölf Prozent zurückging, und damit deutlich geringer als in den Jahrzehnten davor, sank die Zahl der Rinderhalter insgesamt (inklusive Milchviehhalter) in den vergangenen zehn Jahren um rund 20 Prozent. Noch mehr Bauern stiegen aus der Schweinhaltung aus. Die Zahl der Schweinehalter ging in den vergangenen zehn Jahren um ein Viertel auf rund 17.000 Bauern zurück.
In diesem Tempo wird es wohl weitergehen. Erst jüngst sorgte eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts KeyQuest unter den Bauern für Aufsehen. Demnach wird in den nächsten zehn Jahren die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe um weitere 15 Prozent zurückgehen. Die Zahl der Haupterwerbsbetriebe soll demnach sogar um 22 Prozent sinken. Auch dort wird der Rückgang bei Tierhaltern, speziell bei Milchbauern, Mutterkuhhaltern und Rindermästern, aber auch bei Waldbauern besonders stark ausfallen. Auch die Zahl der Betriebe, die im Nebenerwerb bewirtschaftet wird, wird der Umfrage zufolge um neun Prozent sinken.
Als Hauptursachen für die Stilllegung von Betrieben und für den verstärkten Wechsel in den Nebenerwerb nennt Johannes Mayr von KeyQuest die „mangelnde Rentabilität“. Sie ist für 70 Prozent der Grund dafür, die Hof- und Stalltüren für immer zu schließen. Bei gut einem Drittel der Höfe, die aufgegeben werden, fehlt es aber schlicht an Nachfolgern. Mayr: „Vielen potenziellen Hofnachfolgern fehlt es an den wirtschaftlichen Perspektiven“. Zudem sei die zu erwartende Arbeitsbelastung ein wichtiges Entscheidungskriterium.
Der Strukturwandel in der Landwirtschaft hat längst weitreichende Folgen, die weit über das Schicksal von Bauernfamilien und Höfen hinausgehen. Besonders markant ist nicht nur der Verlust an Arbeitsplätzen auf dem Land, sondern auch der Wandel in der Landnutzung, der damit schon bisher einherging. Laut Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo verkleinerte sich innerhalb der vergangenen 50 Jahre die landwirtschaftlich genutzte Fläche Österreichs von 3,6 Mill. auf 2,6 Mill. Hektar, während die Wald-und Forstflächen von 2,9 Mill auf 3,4 Mill. Hektar und die weder land- noch forstwirtschaftlich genutzten Flächen von 1,4 Mill. auf 2,4 Mill. Hektar wuchsen.
Dass die heimische Landwirtschaft trotz des Strukturwandels und deutlich weniger Betrieben in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten heute dank der Fortschritte in Pflanzenzüchtung, Tiergenetik, Produktionstechnik und Know-how mehr erzeugt denn je, konnte nicht verhindern, dass die Wertschöpfung im Vergleich zu anderen Sektoren deutlich zurückgefallen ist und die Bauern unzufrieden sind. Wäre die Bruttowertschöpfung der Landwirtschaft in Österreich seit 1995 so gestiegen wie in der Volkswirtschaft insgesamt, müsste sie laut Wifo nominell 7,6 Mrd. Euro betragen. „Tatsächlich betrug sie im Vorjahr nur 4,4 Mrd. Euro“, heißt es im Wifo-Bericht.
Der Streit samt Lieferstreik ist vorläufiger Höhepunkt der Auseinandersetzungen der Bauern mit den Handelsketten, die sich bereits über Jahrzehnte ziehen. Die Milchbauern stehen seit Jahren unter großem Druck. In keinem Betriebszweig der Landwirtschaft hörten so viele Bauern auf, weil sie keine Zukunft mehr für sich sahen. Allein in den elf Jahren seit 2013 ging die Zahl der heimischen Milchproduzenten um mehr als ein Drittel auf rund 22.400 zurück. Noch drastischer fällt der Vergleich mit der Mitte der 1990er-Jahre aus. Damals gab es noch mehr als 81.000 Milcherzeuger in Österreich. Der ständige Preisdruck, hohe Kosten, immer neue Auflagen und oft auch Probleme mit der Hofnachfolge sind die Hauptgründe dafür, dass so viele Bauern aus der Produktion ausgestiegen sind. Die Betriebe sind heute deutlich größer. Hatte damals ein Milchbauer im Schnitt zehn Kühe im Stall, so liegt der Schnitt heute bei knapp 25 Kühen. Dass ein Milchbauer mehr als 100 Kühe hält, ist heute auch bei uns keine Seltenheit mehr und auch mit der Grund dafür, dass die Milchproduktion nicht zurückgegangen ist. Ganz im Gegenteil. In den vergangenen 30 Jahren erhöhte sich die Produktion um mehr als 40 Prozent auf rund 3,8 Mrd. Liter jährlich, deutlich mehr als der Inlandsbedarf.
Der Strukturwandel in der Milcherzeugung ist das eindrücklichste Beispiel dafür, dass der Strukturwandel in den landwirtschaftlichen Betriebszweigen mit Tierhaltung deutlich mehr Tempo hat als etwa im Ackerbau. Während die Zahl der Bauern in den vergangenen Jahren insgesamt jährlich um rund zehn bis zwölf Prozent zurückging, und damit deutlich geringer als in den Jahrzehnten davor, sank die Zahl der Rinderhalter insgesamt (inklusive Milchviehhalter) in den vergangenen zehn Jahren um rund 20 Prozent. Noch mehr Bauern stiegen aus der Schweinhaltung aus. Die Zahl der Schweinehalter ging in den vergangenen zehn Jahren um ein Viertel auf rund 17.000 Bauern zurück.
In diesem Tempo wird es wohl weitergehen. Erst jüngst sorgte eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts KeyQuest unter den Bauern für Aufsehen. Demnach wird in den nächsten zehn Jahren die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe um weitere 15 Prozent zurückgehen. Die Zahl der Haupterwerbsbetriebe soll demnach sogar um 22 Prozent sinken. Auch dort wird der Rückgang bei Tierhaltern, speziell bei Milchbauern, Mutterkuhhaltern und Rindermästern, aber auch bei Waldbauern besonders stark ausfallen. Auch die Zahl der Betriebe, die im Nebenerwerb bewirtschaftet wird, wird der Umfrage zufolge um neun Prozent sinken.
Als Hauptursachen für die Stilllegung von Betrieben und für den verstärkten Wechsel in den Nebenerwerb nennt Johannes Mayr von KeyQuest die „mangelnde Rentabilität“. Sie ist für 70 Prozent der Grund dafür, die Hof- und Stalltüren für immer zu schließen. Bei gut einem Drittel der Höfe, die aufgegeben werden, fehlt es aber schlicht an Nachfolgern. Mayr: „Vielen potenziellen Hofnachfolgern fehlt es an den wirtschaftlichen Perspektiven“. Zudem sei die zu erwartende Arbeitsbelastung ein wichtiges Entscheidungskriterium.
Der Strukturwandel in der Landwirtschaft hat längst weitreichende Folgen, die weit über das Schicksal von Bauernfamilien und Höfen hinausgehen. Besonders markant ist nicht nur der Verlust an Arbeitsplätzen auf dem Land, sondern auch der Wandel in der Landnutzung, der damit schon bisher einherging. Laut Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo verkleinerte sich innerhalb der vergangenen 50 Jahre die landwirtschaftlich genutzte Fläche Österreichs von 3,6 Mill. auf 2,6 Mill. Hektar, während die Wald-und Forstflächen von 2,9 Mill auf 3,4 Mill. Hektar und die weder land- noch forstwirtschaftlich genutzten Flächen von 1,4 Mill. auf 2,4 Mill. Hektar wuchsen.
Dass die heimische Landwirtschaft trotz des Strukturwandels und deutlich weniger Betrieben in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten heute dank der Fortschritte in Pflanzenzüchtung, Tiergenetik, Produktionstechnik und Know-how mehr erzeugt denn je, konnte nicht verhindern, dass die Wertschöpfung im Vergleich zu anderen Sektoren deutlich zurückgefallen ist und die Bauern unzufrieden sind. Wäre die Bruttowertschöpfung der Landwirtschaft in Österreich seit 1995 so gestiegen wie in der Volkswirtschaft insgesamt, müsste sie laut Wifo nominell 7,6 Mrd. Euro betragen. „Tatsächlich betrug sie im Vorjahr nur 4,4 Mrd. Euro“, heißt es im Wifo-Bericht.
Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 31. Oktober 2024
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