Donnerstag, 17. Oktober 2024

Jetzt ist Feuer am Dach

Eine florierende Wirtschaft und ein solides Budget sind tragende Säulen für das Funktionieren der Gesellschaft. Sie entscheiden darüber, was sich diese Gesellschaft leisten kann und was nicht, was sie planen kann und was nicht und ob man es selbst in der Hand hat, sich zu helfen, wenn etwas aus dem Lot gerät -oder eben nicht. Im Sozialbereich genauso wie bei der Infrastruktur, in der Landwirtschaft, in der Bildung oder in der Wirtschaft.

Diese Zusammenhänge hat man in den vergangenen Jahren aus den Augen verloren, vorsätzlich verleugnet, zuweilen im populistischen Ringen um die Stimmen der Wähler. Die gesellschaftliche Diskussion ist, überfordert freilich auch von Themen wie Migration und Pandemie, aus dem Ruder gelaufen und hat auf diese Grundlagen vergessen.

Nach den Wahlen erleben wir jetzt ein Rendezvous mit der Wirklichkeit. Jetzt ist Feuer am Dach. "Österreichs Wirtschaftslage ist noch schlechter als angenommen", heißt es jetzt selbst in der internationalen Presse. Und der Chef des Wirtschaftsforschungsinstitutes wollte da auch nichts beschönigen. "Wir haben die längste Rezession, wenn auch nicht die tiefste seit 1946", sagt er im Radio. Und seine Kollegin von Eco Austria meint, dass das noch nicht alles sei: "Die Aussichten verdüstern sich", schrieb sie in einem Kommentar für eine Tageszeitung.

Die beiden heimischen Wirtschaftsforschungsinstitute sagen für heuer einhellig ein schrumpfendes BIP voraus und für das kommende Jahr auch nicht mehr als allenfalls ein Plus von 0,8 Prozent. Dazu wurde nur wenige Tage nach den Wahlen ruchbar, dass das Budget ziemlich aus dem Ruder gelaufen ist und der Konsolidierungsbedarf in den nächsten Jahren deutlich über den zwölf Milliarden Euro liegen wird, die man bisher immer angenommen hatte.

Seither ist die Aufregung groß. Endlich möchte man sagen. Endlich widmet man sich dem Thema, an dem unser aller Zukunft und Wohlstand hängt. In den vergangenen Jahren hat man sich um die Wirtschaft und auch um das Budget ja kaum gekümmert und zumeist so getan, als sei, wenn schon nicht alles in Ordnung, so doch alles möglich. Ohne irgendwelche Folgen. So wie man sich wohl das Schlaraffenland vorstellt. Vom unseligen "Koste es, was es wolle"-Sager von Kurz, über die 32-Stunden-Wochenarbeitszeit-Forderung von SP-Chef-Babler bis hin zum noch regierenden Kanzler, der noch vor Monaten steif und fest behauptete, dass es "keine Notwendigkeit für ein Sparpaket" gebe, wurde die Realität einfach ausgeblendet. Warnungen wurden in den Wind geschlagen, Forderungen überhört, Anliegen ignoriert. Die Wirtschaft wurde über weite Strecken sich selbst überlassen, mit immer neuen Auflagen und immer noch mehr Bürokratie eingedeckt, was die Kosten über Gebühr erhöhte und die Konkurrenzfähigkeit schwächte. Statt Lösungen zu suchen und neue Wege, hat man Probleme allenfalls mit Geld zugeschüttet und so zumeist Strukturen eher einzementiert, denn sie zukunftsfähig zu machen. Und beim Staathaushalt ist es kaum anders. In die Strukturen griff man auch da nie ein. Am eindrücklichsten ist das beim Pensionssystem zu sehen. Der Aufwand alleine dafür explodierte in den vergangenen vier Jahren von 20 Mrd. auf 30 Mrd. Euro.

Nun gibt es allerlei Vorschläge und Anregungen. Der Bogen reicht vom Streichen des Klimabonus, über höhere Steuern beim Sprit, die Besteuerung von Erbschaften bis hin zu einem Durchforsten des Fördersystems.

Was wirklich kommen wird, steht einstweilen in den Sternen. Dass wir gerade gewählt haben und auf eine neue Regierung möglicherweise noch Monate warten müssen, macht die Sache nicht einfacher. Und das nicht alleine dessentwegen, sondern auch deshalb, weil längst alle Interessengruppen dabei sind, sich mit ihren Forderungen und Wünschen in Stellung zu bringen - darunter selbstredend auch viele von denen, die sonst gerne und lautstark den Förderwahnsinn im Land anprangern. Nichts zu hören ist freilich davon, dass irgendjemand bereit sei, auf irgendetwas zu verzichten. Ganz im Gegenteil. Alle wollen noch mehr. Selbst jetzt, wo alles an die Wand gefahren scheint.

Der Schaden ist nicht unbeträchtlich. Damit zurechtzukommen braucht, wie vieles in diesem Land, einen neuen Zugang, ein neues Denken. Und das freilich nicht nur in der Politik, sondern auch und vor allem bei denen, für die sie da ist - bei den Angestellten und Arbeitern, bei den Pensionisten, bei den Bauern, bei der Wirtschaft. Kurzum bei allen.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 17. Oktober 2024

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