Sonntag, 1. Februar 2009

In der Mottenkiste durch die Krise





Man mag ja nicht immer gleich ganz tief in die Tasten greifen, wenn es gilt, etwas zu kritisieren oder zu kommentieren. Und man sollte es auch nicht. Schon gar nicht hierzulande, wo wie sonst kaum wo Politiker und Schreiber populistischen Zuschnitts schon so viel angerichtet haben.

Freilich, leicht ist das nicht immer. Denn es ist schon schwer verdaulich, was den Bauern in den vergangenen Tagen und Wochen von ihren Vertretern aufgetischt wurde. Da wurde ein "Konjunkturpaket" abgefeiert, über das man nur staunen konnte.

Nicht darüber, dass es so toll ist, sondern über die Chuzpe, mit der all das, was noch vor wenigen Monaten vor den Wahlen versprochen wurde, nun, neu verpackt und da und dort aufgemotzt, neu aufgetischt wurde. Mehr Geld für die Agrardiesel-Vergütung, eine Milchprämie, Sicherung der Kofinanzierung und mehr Gelder für Investitionen wurden da den Bauern als Hilfspaket in Aussicht gestellt. Verwundert reibt man sich die Augen. Der Bauer auf dem flachen Land und in den hohen Bergen dachte wohl angesichts der vollmundigen Wahlversprechen, das sei alles längst gesichert.

Mitnichten. Die Anhebung der Mittel für die Agrardieselvergütung hängt in der Luft. Die Milchprämie kommt zwar, aber erst 2010? Dabei sind jetzt die Milchpreise im Keller und bis 2010 ist's noch lange.

Und dass sich die Bauern um die Kofinanzierung der Maßnahmen für die ländliche Entwicklung durch den Bund Sorgen machen müssen, ist wohl auch für viele neu. Damit hat niemand gerechnet, zumal genau derjenige, der das alles noch im vergangenen Herbst als Landwirtschaftsminister versprochen hat, mittlerweile im Finanzministerium und mithin an der Kassa der Republik sitzt.

Aber es ist nicht nur das. Man denke nur an die reflexartigen Reaktionen auf die Gaskrise, die nicht einmal mehr ein paar Schlagzeilen in den Medien und schon gar keine politisch zählbaren Erfolge brachte. Sprechblasen allenthalben. "Als neues Einkommensstandbein müssen wir den Ausbau in Richtung erneuerbare Energien intensivieren", sagt der neue Minister. Mit Verlaub - das ist ein Satz aus der agrarpolitischen Mottenkiste.

Oder: "Verhandlungen mit Erfolg", heißt es da. "Milchpreise steigen wieder", freuen sich ein Kammerpräsident und ein Landesrat wortreich, weil Spar und Hofer die Preise angehoben haben. Sitzen die beiden in der falschen Vertretung? fragt sich da der Beobachter, weil ja doch von einer Anhebung der Bauernmilchpreise in diesem Zusammenhang bisher überhaupt nicht die Rede war. Oder gratulieren sie den Handelsriesen gar, weil sie so beeindruckt davon sind, dass denen gelingt, was den Bauernvertretern nicht gelingt?

Das alles macht Sorgen. Es ist schwer erträglich, was derzeit läuft. Zumal es weit und breit keine Alternativen gibt. Das zeigte nicht nur - aber auch - der Wahlkampf vor den Kammerwahlen in Oberösterreich. Luftblasen und Worthülsen allenthalben waren es, mit denen die Bauern von allen Seiten - und beileibe nicht nur vom schwarzen Bauernbund - drangsaliert wurden.

Sätze wie "Wir kämpfen für faire und kostengerechte Preise", "Mehr Butter aufs tägliche Brot" oder gar "Wir fordern lebensfähige Preise", klingen gut, Politik mit Hand und Fuß schaut, mit Verlaub, anders aus.

Sind der Agrarpolitik die Ideen ausgegangen? Fällt den Bauervertretern wirklich nicht mehr ein, wenn es gilt, ihre Branche durch die größte Wirtschaftskrise der jüngeren Zeit zu führen? Angesichts dessen, was in den vergangenen Wochen alles nicht geschah, würde es nicht verwundern, wenn böse Zungen bald das Wort "Bankrotterklärung" in den Mund nähmen.

"Blick ins Land" Nr. 02/09 vom 01.02.2009

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