Donnerstag, 11. März 2021

Grabenkämpfe sind keine Umweltpolitik

Wifo-Chef Christoph Badelt präsentierte kürzlich so etwas wie ein wirtschaftspolitisches Pflichtenheft für das Leben nach Corona. Neben Arbeitsmarkt-und Strukturreformen und der Budgetkonsolidierung dabei ganz oben -die Umweltpolitik. Er monierte des Fehlen kontroverser Diskussionen in der Klimapolitik und mahnte einen "umfassenden Transformationsprozess" ein, über den viel stärker öffentlich diskutiert werden müsse. Etwa wie die ökosoziale Steuerreform ausgestaltet werden soll oder wie die Emissionen im Straßenverkehr gesenkt werden könnten. "Wir brauchen hier mehr Kraft, Energie und politische Aufmerksamkeit", sagt er.

Nicht nur dem Wirtschaftsforscher kommt die Umweltpolitik zu kurz, seit uns Corona im Griff hat. Nicht nur, weil Greta Thunberg und ihre "Friday for Future"-Bewegung von der Bildfläche verschwunden sind. Die Umweltpolitik rutschte an den Rand der politischen Diskussion -wiewohl, was doch da und dort von Mahnern, die es doch noch gibt, immer noch und nicht zu Unrecht betont wird, Umwelt und Klima nicht mehr warten können und sich die Lage weiter verschärft.

Die Fortschritte aber sind überschaubar, zumal in Österreich. Da hängt man seit Jahren in Grabenkämpfen fest und vertrödelt oft nachgerade mit Lust und Wonne Zeit, nur um, und sei es an noch so unbedeutenden Nebenfronten der Diskussion, Recht zu bekommen. Da lässt man lustvoll die zuständige Ministerin des einen Koalitionspartners verhungern und kanzelt die des anderen, ebenfalls in ihrer Materie mit solchen Themen befasst, ab, wenn es um die Umsetzung von Projekten geht. Da nagelt man am liebsten, wie es NGOs gerne tun, Wirtschaft und Landwirtschaft fest, ohne ihnen etwas Luft zu lassen oder irgendeinen Willen anzuerkennen. Da werden Anliegen von Greenpeace oder Global 2000 lieber von vorneherein ins Leere laufen gelassen, als sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Und da werden allemal lieber Fronten aufgebaut als Diskussionen gesucht oder gar Lösungen. Respekt ist ein Fremdwort. Und Wertschätzung auch. Auf allen Seiten. Fortschritte und Bemühungen werden da wie dort nicht anerkannt und auf allen Seiten meint man viel zu oft im alleinigen Besitz der Wahrheit zu sein. Längst haben alle im Umgang miteinander und gar bei der Arbeit an Fortschritten ihre Unschuld verloren.

Das ist wohl, wie immer man zu einzelnen Themen und zu einigen Gruppen und Organisationen stehen mag, das mit Abstand größte Problem der heimischen Umweltpolitik. Und so nimmt es nicht wunder, dass die Fortschritte sehr überschaubar bleiben, gerade in Österreich.

Während die einen von Zeitdruck reden, sagen die anderen, eine Idee werde auch durch oftmaliges Vorbringen nicht besser, wie das etwa bei Projekten der Umweltministerin oft der Fall ist. Die Regierungsparteien stehen sich dabei nicht selten im Weg, wie jüngst bei der Umsetzung der Forderung des Klimavolksbegehrens. "Während die Grünen am liebsten sämtliche Forderungen des Volksbegehrens umsetzen würden, steht die ÖVP weiter auf der Bremse", berichten die Zeitungen. Wird wohl Gründe haben, von denen freilich niemand etwas wissen will. Einer davon ist möglicherweise, dass man genug hat davon, sich einfach anpatzen zu lassen, wie das bei diesem Thema der Chef von Greenpeace machte, als er in der Vorwoche in einem offenen Brief dem Bundeskanzler eine "zukunftsblinde Blockadehaltung" vorwarf.

Hilfreich in der Sache ist wohl anders. Aber so bremst man sich hierzulande seit Jahren aus. Die Fortschritte sind überschaubar. Sich über die Grünen und ihre Umweltministerin zu mokieren, die noch nicht viel zusammengebracht haben, geht wohl in die falsche Richtung. Nicht allein dort liegt die Verantwortung.

Es wäre hoch an der Zeit, dass sich alle Stakeholder, also nicht nur jene aus der Politik, sondern auch jene aus Gesellschaft und Wirtschaft, auf ein neues Commitment einigen, das nicht nur die Notwendigkeit einer wirkungsvollen Umwelt-und Klimapolitik auf diversen Papieren anerkennt, sondern auch von gegenseitiger Wertschätzung und Respekt und dem Willen getragen ist, tatsächlich jene Fortschritte zusammenzubringen, von denen man schon so lange redet.

Um noch einmal auf Badelt zurückzukommen. Es ist ihm nur beizupflichten, dass die Klimakrise "die größte Problematik ist, der sich die moderne Gesellschaft und die österreichische Wirtschaft stellen müssen".

Trotz Corona und erst recht nach Corona.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 11. März 2021

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

 
UA-12584698-1