Donnerstag, 29. September 2016

Bankrotterklärung ohne Konsequenzen?



Manchmal passiert, dass Politiker und Standesvertreter, wohl unbedacht, nichts beschönigen und nicht nur beim politischen Gegner, sondern auch im eigenen Verantwortungsbereich dramatisieren. Die Äußerungen und Meldungen der heimischen Agrarspitzen zum jüngst vorgelegten Grünen Bericht 2016 sind dieser Kategorie zuzuzählen.

"Katastrophale Preissituation drückt Bauerneinkommen dramatisch", hieß es da in den offiziellen Stellungnahmen der Agrarspitzen. Und: "Es geht nur noch ums Existieren, ans Investieren oder Umsatteln ist vielerorts gar nicht zu denken." Die "Dramatik" sei "groß", "denn jetzt können Landwirte weder konsumieren noch investieren, und es fehlt ihnen auch an Liquidität". Mit minus 17 Prozent gegenüber dem Vorjahr habe es "wieder eine kräftige Delle" gegeben.  Seit 2011 hätten die österreichischen Bauern "mehr als ein Drittel an Einkommen verloren". Nehme man "die Frostschäden des späten Frühjahrs dazu, fehlen im heurigen Jahr zwischen 700 und 800 Millionen Euro". Und ein Ende sei auch heuer nicht in Sicht. "Die Abwärtsspirale droht sich auch 2016 weiter fortzusetzen."

Bei einer derartigen, wohlgemerkt von den Spitzenagrarieren höchstselbst und nicht von böswilligen Kritikern formulierten, Sätzen drängt sich normalerweise automatisch die Frage nach Konsequenzen auf. Nach politischen sowieso, wohl aber auch nach personellen, zumal dann, wenn die Agrarpolitik, die man seit Jahrzehnten verantwortet,  die Bauern in eine Situation gebracht hat, in der es eingestandermaßen - siehe oben - "nur noch ums Existieren" geht.

In der heimischen Landwirtschaft ist das anders. Da werden solche Fragen gar nicht gestellt. Nicht von den eigenen Leuten und Parteigängern und nicht einmal von denen, die sich als agrarpolitische Opposition sehen. Es gibt keinerlei Diskussionen, weder über Personen noch über Inhalte.  Mit einem guten Schuss Selbstzufriedenheit hat man für alles und jedes Erklärungen und findet die Schuld immer bei anderen. Da ist nur logisch, das man sich auch nichts denkt, wenn man, wie heuer zum Grünen Bericht, Erklärungen abgibt, die bei Licht betrachtet, nichts anders sind, als Bankrotterklärungen.

Nun sei den Verantwortlichen in der Agrarpolitik und in der Standesvertretung zugestanden, dass die Landwirtschaft, zumal, wenn sie so aufgestellt ist, wie die österreichische, ein äußerst schwieriges Feld ist, auf dem kaum Erfolge zu holen sind. Dann soll man aber den Bauern bitte auch all die hohlen Phrasen, leeren Ankündigungen und überzogenen Versprechen ersparen, mit denen man glaubt, sie bei der Stange halten zu können.

"Jetzt gilt es zusammenzurücken und auf unsere Stärken zu bauen", war einer dieser Stehsätze, die rund um den "Grünen Bericht" zu lesen waren. Landwirtschaftliche Produkte aus Österreich seien "besonders hochwertig, innovativ und vielfältig" und "mit kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen werden wir die Herausforderungen gemeinsam meistern", was freilich die Frage aufdrängt, was man denn bisher getan hat.

Den Bauern wird das wohl kaum reichen als Antwort auf eine Krise in der es "nur noch ums Existieren" geht . Und wenig vertrauenserweckend ist auch die Ankündigung, dass das Landwirtschaftsministerium "mittel- und langfristig" auf "nachhaltige Maßnahmen zur Weiterentwicklung der bäuerlichen Familienbetriebe" setzen will. Das klingt zu bekannt, als dass man darein noch große Hoffnungen setzt. Zu oft schon hat man das gehört. Und schon zu oft wurde man enttäuscht.

Gmeiner meint - Blick ins Land 10/16, 29. September 2016

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

 
UA-12584698-1