Bei der "Grünen Woche" in Berlin feierte die Agrarpolitik einen neuerlichen Exportrekord ab. Agrarprodukte und Lebensmittel im Wert von fast zehn Milliarden Euro exportiert das kleine Österreich inzwischen jährlich in alle Welt. Vor dem EU-Beitritt waren es gerade einmal 1,8 Mrd. Euro. Die Agrarexporte zählen damit ohne Zweifel zu einer der Erfolgsstories der heimischen Wirtschaft.
Allerdings ist das Eis, auf dem man sich bewegt sehr dünn.
Die internationalen Märkte sind immer heftiger umkämpft. Überall sucht man
Ersatz für das verlorene Russlandgeschäft. Die Handels-Ströme ordnen sich in
vielen Bereichen völlig neu. Der Preisdruck ist gewaltig. Und auf die Produkte
aus dem kleinen Österreich wartet niemand. Das zeigte sich im Vorjahr in
wichtigen Export-Ländern wie Ungarn, Tschechien und Slowenien, wo es deutliche
Rückschläge gab, weil dort den Leuten das Geld ausgeht.
Vorbei sind die Zeiten, als Österreich mit dem Verweis auf
umweltfreundliche Produktion und besondere Qualitäten auf den internationalen
Märkten spielend Meter machen konnte, weil sich das im Verein mit Dirndl,
Trachtenhut und schneebedeckte Berggipfeln quasi von alleine verkaufte. Der
Wind ist rau geworden und der Druck groß, etwas neues zu finden.
Österreich hebt sich kaum mehr ab auf den Märkten. Und genau
das ist das Problem. Allerorten herrscht Routine. Die Exportinitiativen sind
eingeschlafen. Die Werbelinien und Marketingkonzepte, auf die man im
Exportgeschäft setzt, sind zwanzig Jahre alt. Das zeigte sich in Berlin ganz
eindrücklich. So wie Österreich wirbt inzwischen jedes Land. Die Argumente
gleichen sich überall aufs Haar - von "Unsere Milch", "Genussregion"
und "So schmeckt unser Land" bis hin zur nachhaltigen
Produktion, auf die man überall hinweist. In Schleswig-Holstein genauso wie in
Niedersachsen und Brandenburg, wo die deutschen Großbetriebe daheim sind, und
auch im beschaulicheren Bayern. Aber nicht nur die deutschen machen es so. Auch
die Franzosen, die Italiener, die Dänen, die Holländer, die Briten, die
Skandinavier und wen es da noch aller gibt. Alle sind auf ihre Agrarprodukte
zumindest genauso stolz wie wir und überzeugt davon, dass sie es sind, die die
besten Sachen liefern.
Alarmierend auch, dass es Österreich in den vergangenen
Jahren kaum gelungen ist, die Wertschöpfung der Exporte zu steigern. Der Erlös
pro Tonne Ware, der als Indikator dafür gilt, pendelt seit Jahren bei 1,1 Euro pro Kilogramm und
liegt damit deutlich unter dem, was die Importe pro Tonne erlösen. Der
Feinkostladen Europas, als der man sich hierzulande so gerne feiert, müsste,
möchte man meinen, eigentlich andere Zahlen liefern.
Daher darf man sich von den Zuwachsraten der vergangenen
Jahre nicht blenden lassen. Österreich ist gefordert, sein Profil
nachzuschärfen und ordentlich Gas zu geben. Möglichkeiten gibt es. Die bisher
nicht vermarktete GVO-freie Fütterung des Milchviehs zählt dazu, oder auch die
stärkere Nutzung geschützter Herkunftsbezeichnungen.
Die russische Importsperre scheint die Verantwortlichen
zumindest aufgerüttelt zu haben. Engagement im Ausland und Bemühungen um neue
Märkte sind in der Agrarpolitik mit einem Mal wieder ein großes Thema. Es
gibt wieder Initiativen, aber freilich noch kaum zählbare Erfolge. Denn die
Politik kann nicht mehr als Türöffner sein. Um der Wirtschaft schnell zu
helfen, ist sie zu langsam.
Die hilft sich längst selbst. Ein Beispiel dafür: Die Schweinefleisch-Exporte
nach Japan verdoppelten sich im Vorjahr auf 68 Mill. Euro. Und das ganz ohne
Politikerbesuch im Land der aufgehenden Sonne.
Gmeiner meint - Blick ins Land Februar 2015, 29.1. 2015
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