Mittwoch, 25. Oktober 2023

Rückkehr einer alten Tugend und eine Aufgabe

Die Österreicherin, respektive der Österreicher, ist konservativ. Das weiß man. Schon gar, wenn es ums Geld geht. Das mögen sie und er am besten in echt -als Münzen und als Scheine. Im Portemonnaie, in der Handtasche, im Sakko, im Nachtkästchen. Zum Angreifen und jederzeit verfügbar. Das gibt Sicherheit. Und Freiheit auch. Es ist ihnen nicht zu verdenken. Denn ohne Geld läuft nichts auf dieser Welt. Geld regiert die Welt, heißt es nicht ohne Grund. Das macht es oft schwierig genug. Und da will man eben die Dinge, soweit es irgendwie geht, selbst in der Hand haben und nicht irgendwo auf einer Karte oder auf einem Konto als anonyme Zahlen. Und natürlich hat man große Sorgen, dass man überwacht wird und da und dort wohl auch, dass es nicht mehr ganz so leicht ist, etwas am Finanzamt vorbeizubringen. Da hängt bei vielen das Herz dran. Während in Ländern wie Schweden inzwischen praktisch ausschließlich bargeldlos bezahlt wird, ist man hierzulande stolz darauf, dass rund 70 Prozent aller Transaktionen mit Bargeld getätigt werden. Nur in Malta und in Slowenien ist der Anteil im Euroraum höher. Da nimmt nicht wunder, dass die Politik jedweder Couleur immer wieder versucht, daraus Kapital zu schlagen, zuletzt die Kanzlerpartei in diesem Land im vergangenen Sommer.

"Mit Geld spielt man nicht", lernt man hierzulande schon als Kind. Und dabei bleibt es. Zeitlebens. Geld ist immer ein ernstes Thema, zu dem zuweilen ein geradezu neurotisches Verhältnis gepflegt wird. Über die eigenen finanziellen Verhältnisse mag niemand reden. Nur -zu wenig ist es immer. Bei allen. Da nimmt nicht wunder, dass sich in einer Krise alles mehr denn je nur ums Geld dreht, zumal es überall knapp wird. Da ist Geld schnell Thema. Die Lebenshaltungskosten, die Energiekosten, gar nicht zu reden vom Hausbauen, das zum puren Luxus geworden ist. Viele müssen in diesen Zeiten den Euro tatsächlich zweimal umdrehen, ehe sie ihn ausgeben. Man redet gar vom Armutsgespenst, das viele Familien bedrohe. Da sieht die Politik ihre Stunde geschlagen. Da geht es um Verlustausgleich, um Unterstützung, um Hilfe. Da hofft man mit Reichensteuer, Vermögensteuer oder Erbschaftssteuer bei den Wählern zu punkten, wenn man mehr zum Verteilen hat.

Und da rücken mit einem Mal aber auch wieder alte Grundsätze und Tugenden, die man längst in der Mottenkiste der Geschichte verräumt meinte, in den Mittelpunkt. "Geld macht glücklich, wenn man rechtzeitig drauf schaut das man's hat, wenn man's braucht", die legendäre Regel aus der Werbung der Raiffeisen-Bausparkasse aus den 1980ern ist so eine. In Krisenzeiten wie diesen, die vergangenen Jahre zeigten es, geht es mit einem Mal auch wieder ums Sparen. Man schaut wieder genauer hin. Für den Notfall etwas zurücklegen, Vorsorge kommt wieder in Mode. Man sieht wieder, dass es sich auszahlen kann, einen Notgroschen auf der Seite zu haben.

Dass es wieder Zinsen gibt fürs Sparen, hilft dabei. "Mit den Zinsen kommt das Sparen wieder zurück", schreiben die Zeitungen. Absichern für Notfälle ist der mit Abstand wichtigste Grund dafür. Erst dann kommen Sparen für den Urlaub, das Haus oder die Wohnung. Wertpapiere statt Immobilien ist neuerdings wieder die Devise und Bausparer statt Neuverschuldung.

Rund 300 Euro legt jede Österreicherin und jeder Österreicher pro Monat zurück. Im Durchschnitt. Vierzig Prozent der österreichischen Haushalte sparen nichts, sagte erst kürzlich Wifo-Chef Gabriel Felbermayr. Weil sie nichts sparen können, aber auch weil sie nicht wollen. Sie lassen, wie der Wifo-Chef sagt, "das Geld entweder zu null Zinsen herumliegen lassen oder sagen, Sparen macht eh keinen Sinn, da fahr' ich halt lieber ordentlich auf Urlaub, solange es geht". Das freilich habe sehr viel mit einer fehlenden wirtschaftlichen Finanzbildung zu tun, sagt er. Und die zählt ja bekanntlich nicht zu den Stärken von Frau und Herrn Österreicher.

Der Umgang mit Geld aber will gelernt sein. Damit freilich tut man sich meist nicht leicht hierzulande. Da verlässt man sich lieber gleich auf andere, vorzüglich auf die Politik, die sich viel zu gerne und viel zu oft als "Kindermädchen für alle Geldsorgen" aufspielt, bei dem man die Verantwortung abgibt, wie das ein Zeitungskommentator vor nicht allzu langer Zeit nannte und forderte, dass wir "finanziell erwachsen werden müssen".

Das aber will man viel zu oft nicht hören. Dabei gehört auch das zur Zukunftsvorsorge. Eigentlich.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 25. Oktober 2023

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