Donnerstag, 23. Juni 2016
Bauern in hartnäckigem Tief
Nicht nur den heimischen Milchbauern geht es nicht gut. Auch die Ackerbauern kämpfen mit Preisdruck. Den kann auch die gute Ernte, die sie erwarten, kaum ausgleichen.
Hans Gmeiner
Wien. In den vergangenen Jahren waren um diese Zeit im Osten Österreichs die Mähdrescher auf den Feldern, um die Gerste zu ernten, und im Westen des Landes war das Heu längst unter Dach. Heuer ist alles anders. „Ich habe heuer im Burgenland noch keinen Mähdrescher auf einem Feld gesehen“, sagte am Mittwoch Franz Stefan Hautzinger, oberster Bauernvertreter in der Agrarmarkt Austria. In Westösterreich hingegen versuchen die Grünlandbauern, in diesen Tagen die Sonne zu nutzen, um vor der nächsten Unwetterfront das Heu für ihre Kühe einzuholen. Leicht haben sie es nicht. Die Wiesen sind kaum befahrbar. Nach mehr als 300 Litern Regen pro Quadratmeter in den vergangenen sechs Wochen drohen die Traktoren und Geräte in der aufgeweichten Erde zu versinken – ganz so, als ob sie wegen der Milchmarktkrise und der schlechten Preise nicht schon genug Ärger hätten.
Aber anders als bei den Obst- und Weinbauern, bei denen im April und Mai Spätfröste große Teile der Ernten vernichteten, hält sich der Schaden durch das regnerische und kalte Wetter der vergangenen Wochen auf den Feldern und Wiesen in Grenzen. Der Futterwert des Heus, das derzeit eingebracht wird, ist wohl schlecht, aber die Grünlandbauern mähen die Wiesen heuer noch bis zu drei Mal und hoffen, dass das Wetter in den nächsten Wochen – und damit die Futterqualität – besser ausfallen wird.
Bei Getreide hat das Wetter außer einer Ernteverzögerung bisher keine Schäden verursacht. Im Gegenteil. „Das Auge hat eine Freude, wenn man derzeit durch die Gegend fährt und die Bestände sieht“, sagt Hermann Schultes, Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich. Er erwartet nicht nur gute Erträge, sondern auch gute Qualitäten. Euphorisch mag er aber nicht werden. „Was das wert ist, was draußen auf den Feldern steht, zeigt sich erst, wenn das Geld für die Ernte überwiesen ist.“
Und da dürfen sich die Ackerbauern auch heuer nicht viel erwarten. Ähnlich wie bei Milch stecken auch die Preise für die Ackerfrüchte seit Jahren in einem hartnäckigen Tief. Daran ändert auch nichts, dass Österreich, anders als bei Milch, wo 50 Prozent der Produktion exportiert werden müssen, seit gut fünf Jahren Getreide-Nettoimporteur ist, also mehr importiert als exportiert. Grund dafür sind die Anlagen, die Agrana und Jungbunzlauer zur Verarbeitung von zusammen rund 1,3 Millionen Tonnen Mais und Getreide zu Stärke, Zitronensäure und Bioethanol aufgebaut haben.
Der Preisdruck ist hoch. In den vergangenen drei Jahren gab es jeweils weltweit Rekordernten, die Produktion lag höher als der Verbrauch, die Lager sind gut gefüllt. „Bei den Preisen ist die Ausgangsposition heuer niedriger als im Vorjahr“, sagt Ferdinand Lembacher von der niederösterreichischen Bauernkammer. Sein Kollege Christian Krumphuber aus Oberösterreich sieht zumindest bei Soja und Raps einen Hoffnungsschimmer. Alles in allem müssen sich wohl auch die Ackerbauern trotz möglicherweise höherer Erträge auf das fünfte Jahr hintereinander mit einem Einkommensrückgang einstellen. „Der Gesamterlös wird auf niedrigem Niveau bleiben“, sagt Guenther Rohrer von der Landwirtschaftskammer Österreich.
Die Getreideanbaufläche in Österreich beträgt insgesamt rund 570.000 Hektar. Dazu kommen 188.00 Hektar Mais, 39.000 Hektar Ölraps, knapp 50.000 Hektar Soja und mittlerweile 40.000 Hektar Ölkürbis. Diese Frucht hat heuer mit 23 Prozent flächenmäßig die höchste Zuwachsrate.
Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 23. Juni 2016
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