Donnerstag, 20. Januar 2022

"Durchwurschteln" mit Erfolg

"Letzter Ausweg: Durchwurschteln" steht im aktuellen "profil". "Omikron ist längst entglitten, der Krisenstab scheint eine gesteuerte Durchseuchung der Bevölkerung anzustreben." Die "Krone" schrieb dieser Tage vom "PCR-Desaster in Österreich"."Impfpflicht spaltet Parlament", vermeldete "Der Standard". Und die "Salzburger Nachrichten" widmeten sich dem "Chaos bei Schultests", das eine Debatte über die österreichische Teststrategie ausgelöst habe. Dazu Spekulationen um die Impfpflicht, die ohnehin zu spät komme, die emporschießenden Infektionszahlen und Äußerungen von Wissenschaftlern und Ärzten, die einander widersprechen. Die Medien sind in diesen Wochen voll von Meldungen wie diesen. Und sie werden immer mehr. Das Schauspiel, das geboten wird - vom Bundesheer-General im Tarnanzug bis zum Testchaos in vielen Bundesländern -ist schlimm, mitunter peinlich. Da verwundert nicht, dass sich rundherum so etwas wie Wurstigkeit breitmacht. "Omikron wird mich wohl erwischen, nutzt eh nichts, wird schon nicht so schlimm sein."

Für die Corona-Leugner, die Maskenverweigerer, die Impfgegner, die Schwurbler und all die, die seit Wochen immer wieder durch die Straßen ziehen und für Verkehrsblockaden und verstopfte Innenstädte sorgen, ist das Rückenwind und für viele wohl auch Bestätigung ihrer oft krausen Gedankenwelt. 

Dass manchen da das Gefühl beschleicht, dass all die Marschierer und Aluhutträger doch nicht ganz unrecht haben könnten, ist da nicht mehr ganz unverständlich. Vor dem Hintergrund all der Maßnahmen, die uns abverlangt werden, der Vorschriften, die oft nicht nachvollziehbar sind und ganz offensichtlich häufig mit zweierlei Maß gemessen werden, ist verständlich, dass die Überzeugungen und die Bereitschaft der Bürgerinnen und Bürger mitunter ins Wanken geraten und sich ein verärgertes und hilfloses Schulterzucken breitmacht.

Aber was ist die Alternative? Sollte man zuschauen und nichts tun? Die Pandemie, die wir erleben, hat es bisher in dieser Form nicht gegeben, schon gar nicht in unserer Generation. Da gibt es keine Blaupause, an der man sich orientieren könnte. Da ist vieles Neuland und vieles unabwägbar. Und da kann vieles nicht funktionieren und schiefgehen. Nicht nur Österreich dilettiert, auf der ganzen Welt dilettiert man. Man ist aber dennoch ganz unglaublich erfolgreich. Das beginnt bei der Entwicklung der Impfstoffe, die in unvorstellbar kurzer Zeit gelang, und reicht bis hin zur Verhinderung von Millionen Toten in aller Welt. Bei allen Unzulänglichkeiten sind die Erfolge in der Bekämpfung der Pandemie sehr groß. "Hätten wir im November ohne Lockdown einfach so weitergemacht wie im Herbst, dann hätte es in Österreich 10.000 Tote mehr gegeben", sagte erst kürzlich die Innsbrucker Virologin Dorothee von Laer. Im gesamten Verlauf der Pandemie sind es wohl sehr viel mehr Todesfälle gewesen, die durch die Maßnahmen verhindert wurden.

Man mag ja, gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen, Verständnis für die Impfgegner aufbringen, für ihre Argumente in Sachen Impfpflicht und auch dafür, dass sie ernstgenommen werden wollen. Aber sie haben bisher keinerlei Vorschlag gebracht, schon gar keine Strategie, mit der Pandemie umzugehen. Da war von Beginn an nichts als Verweigerung. Zuerst redete man von Covid, das wie eine Grippe sei. Man machte sich über die Masken lustig und verweigerte sie zu tragen. Man zweifelte die Zahlen an. Außer Ignorieren und Boykottieren gab es nichts. Aja, da war ja dann noch die Sache mit dem Wurmmittel, mit der Stärkung des Immunsystems, mit Knoblauch essen und auf Gott vertrauen. "Jesus hat es so gewollt."

Von all den Impfgegnern, all denen, die jetzt demonstrieren und Straßen blockieren, die schimpfen und klagen und mitunter am liebsten den Staat aushebeln würden, kam immer nur ein tumbes "Nein". Man hatte nie Argumente, sondern nur einen zuweilen wirr wirkenden Haufen von Schlagworten, die oft diametral gegeneinander liefen. Ganz abgesehen davon, dass nie auch nur einer von ihnen in einer Verantwortung stand und dafür gerade stehen musste für das, was sie fordern, und auch nicht für die Folgen ihrer Verweigerung. Und ganz abgesehen davon - wie kommen viele von diesen Leuten dazu, die Demokratie in Zweifel zu ziehen, die ihnen ermöglicht, genau das zu tun, was sie tun?

Das müssten eher die anderen tun. Aber je länger die Pandemie dauert, desto weniger ist das auf die Reihe zu bringen und desto absurder erscheint, was wir in diesen Wochen erleben.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 20. Jänner 2022

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