Donnerstag, 25. Mai 2023

Kampf gegen Inflation - eine österreichische Zumutung

Österreichs Teuerungsrate ist nach wie vor die höchste in der Euro-Zone. Immer noch mehr als zwei Prozent über dem EU-Schnitt. Gut, zumindest zweistellig ist sie jetzt nicht mehr. Die Bekämpfung der Inflation indes gerät zu einer österreichischen Zumutung. Da nimmt nicht wunder, dass viele unrund werden im Land. Denn Fortschritte, nachhaltige zumal, sind kaum auszumachen. Die Maßnahmen wirken eher erratisch, denn zielgerichtet. Die Politik scheint ohne Linie. Und oft scheint die linke Hand nicht zu wissen, was die rechte tut. Ein Beispiel: Am selben Tag, als der aufgeregte grüne Sozialminister die heimische Lebensmittelwirtschaft wegen gestiegener Preise zum Inflationsgipfel nach Wien zitierte, um ihr die Leviten zu lesen, verkündete seine Parteikollegin im Umweltund Verkehrsministerium eine 5,8-prozentige Preiserhöhung der ÖBB, die keine sechs Monate zuvor die Ticketpreise bereits kräftig angehoben hatte. Insgesamt wurde damit Bahnfahren innerhalb kurzer Zeit um gut zehn Prozent teurer.

Inflationsbremsen jedenfalls schauen anders aus, meinen nicht nur viele Kommentatoren in den Medien des Landes. An Aufgeregtheit und Betriebsamkeit fehlt es nicht. Im Herbst waren es die Energiepreise, die für Unruhe sorgten, dann die Mieten. Dann standen die Preise für Lebensmittel im Mittelpunkt. Dann nahmen der Bundeskanzler und sein Vize höchstselbst Aufstellung vor der Presse und kündigten ein Anti-Inflationspaket mit etwas von allem an -darunter höhere Gewinnabschöpfung für Energieversorger oder strengere Wettbewerbsregeln im Lebensmittelhandel. Für Kinder gibt's Extra-Geld und in der vergangenen Woche schließlich wurden wir mit dem schönen Begriff "Stromkostenergänzungszuschuss" vertraut gemacht. Damit sollen Haushalte mit mehr als drei Personen etwas zum Stromkostenzuschuss dazu bekommen -darum wohl die kreative Wortschöpfung aus den Tiefen der heimischen Bürokratie.

An kreativen Wortschöpfungen freilich ist der Kampf gegen die Inflation ohnehin nicht arm. Da war mit einem Mal, lanciert aus eher linken Kreisen im Land, die Rede von einer "Gierflation", die die Wirtschaft als Urheber der Teuerung ausmacht, die nach Lust und Laune die Preise erhöhe, um sich satt zu machen, während das Volk darben müsse. Der Präsident der Wirtschaftskammer Österreich, monatelang in der Versenkung verschwunden, meldete sich in der Vorwoche mit der Wortkreation "Greenflation" zurück und machte die Energiewende inklusive der Umweltministerin dafür verantwortlich, dass bei uns die Preise stärker angestiegen sind als im Rest der Euro-Zone.

Der Effekt von alldem, was uns da seit Monaten als Inflationsbekämpfung aufgetischt wird, ist indes überschaubar. Und der dürfte es bleiben. Wir werden wohl weiter mit einer hohen Inflationsrate leben müssen. Für heuer erwartet das Wirtschaftsforschungsinstitut übers Jahr eine durchschnittliche Teuerungsrate von 7,1 Prozent. Und auch dann wird es nicht so steil bergab gehen, wie man das oft meint. In der jüngst präsentierten Mittelfrist-Prognose legen die Wirtschaftsforscher dem Land Geduld ans Herz -bis 2027 jedenfalls sollte sich die Inflationsrate allmählich an das EZB-Ziel von zwei Prozent annähern, verspricht man. Dabei geht unter, dass das reale Einkommen, vor allem wegen der offenen Geldhähne, um 3,4 Prozent angestiegen ist, womit es eigentlich, alles in allem, keinen Grund zur Klage gäbe.

Über die wahren Gründe der hohen Teuerungsrate bei uns mag man hingegen kaum reden. Da ist zunächst wohl die Neigung der Politik zum Populismus, die dazu führte, dass alle Geldhähne unter dem Deckmantel der Bekämpfung der Corona-und der Ukraine-Krise für alle ohne Rücksicht auf die tatsächlichen Bedürfnissen geöffnet wurde. Ganz so, als sei das Geld abgeschafft worden. Dabei warnten Wirtschaftsforscher wie Gabriel Felbermayr schon früh, dass Staatshilfen zwar wichtig seien, aber die Gießkanne im Schuppen gelassen werden sollte.

Es gibt eherne Grundsätze und Regeln, die man nicht umgehen kann. "Man löscht kein Feuer, indem man ständig Öl nachgießt" ist so einer. Und: "Um die hohe Inflation zu stoppen, muss man beachten, dass sie nicht allen und nicht zur Gänze abgegolten wird" ein anderer. Und zu diesen Sätzen zählt auch, dass Ereignisse wie Pandemien oder Kriege immer Wohlstand kosten und der Kampf gegen Inflation immer mit Verzicht verbunden ist.

Aber das gehört schon zur Rechnung, die folgen wird, von der aber niemand etwas wissen will.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 25. Mai 2023

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