Donnerstag, 17. Februar 2011

Die Biobauern entdecken das Exportgeschäft




HANS GMEINER
Der Biomarkt in Österreich brummt. Die Zuwachsraten liegen nicht nur bei Hofer, der im Vorjahr groß einstieg, sondern auch bei Spar und Rewe im zweistelligen Prozentbereich. „Nun wollen wir auch im Ausland zulegen“, kündigt Rudi Vierbauch, Obmann der Bio Austria, an.

Österreich sieht sich zwar als Bioland Nummer eins in Europa, das Exportvolumen ist mit rund 60 Mill. Euro bisher aber bescheiden. Was soll anders werden?
Vierbauch: Bisher waren Einzelkämpfer unterwegs. Um im Ausland wirklich erfolgreich zu sein, muss man im Biobereich eine Österreich-Identität aufbauen. Wir haben ja die besten Voraussetzungen dafür. Darauf gilt es aufzubauen. Es laufen Vorarbeiten für eine gemeinsame Marke und einen gemeinsamen Marktauftritt. Es soll signalisiert werden: Da ist Österreich dahinter.

Nach den großen Problemen in der Vermarktung von Biogetreide im Vorjahr gibt es nun ein neues Modell. Alles perfekt?
Vierbauch: Die Bauern haben jetzt mehrere Ansprechpartner. Mit allen wichtigen Händlern gibt es eine Kooperation auf Basis des Bio-Austria-Qualitätsstandards. Auch für die Käufer von Biofuttergetreide sollten die Voraussetzungen besser werden, günstiger einkaufen zu können. Es gibt mehrere Anbieter und nicht mehr nur einen, über den alles läuft. Zudem wollen wir das Geschäft Bauer zu Bauer stärker forcieren. Das sollte auch Signalwirkung für die Futtermittelhersteller haben.

Die Streitigkeiten sind aber offenbar noch nicht beigelegt. Es gibt Klagsdrohungen einer Gesellschaft, die mehrheitlich zwei Bio- Austria-Landesorganisationen gehört. Sie richten sich gegen Bio- Austria-Bauern, die angeblich ihre Verträge nicht erfüllten. Haben die Hilfe zu erwarten?
Vierbauch: Wir können nur über die Rechtssituation aufklären. Ich habe das Thema an die Landesgesellschaften Niederösterreich und Burgenland verwiesen. Die sind ja Hauptgesellschafter dieser Bio-Qualitätsgetreide-Gesellschaft, die Schadenersatzforderungen androht.

Ganz wie bei konventioneller Ware gibt es auch bei Bioprodukten Klagen über wachsenden Preisdruck im Handel. Enttäuscht das?
Vierbauch: Ja natürlich. Der Biomarkt wird ganz stark von drei Handelsmarken beherrscht. Und ob Bio wächst oder ob es Bio gut geht, entscheiden nicht die Biobauern oder die Verarbeiter, sondern das wird in den Vorstandsetagen der Handelsketten entschieden. Die Diskussion darüber, ob das gut oder schlecht ist, hilft uns nicht weiter.

Die EU-Agrarreform kommt in eine entscheidende Phase. Haben auch die Biobauern Angst?
Vierbauch: Grundsätzlich haben die Biobauern genauso Sorgen wie die Nichtbiobauern auch. Ich glaube, dass Österreich aber gerade bei Bio gut unterwegs ist und es fatal wäre, diesen Weg zu verlassen.

Kann das Österreich allein beeinflussen?
Vierbauch: Das Umweltprogramm ÖPUL ist ein ganz entscheidender Bereich. Je nach dem, wie man da die Schwerpunkte setzt, kann man da schon sehr viel beeinflussen. Ein gewisses Umdenken halte ich aber für wichtig. Bestimmte Zahlungen, die auf dem Markt keine Relevanz, sondern eher Versorgungscharakter haben, sollten mehr als Vorstufe für den Einstieg in die biologische Landwirtschaft gestaltet werden.

Angesichts der steigenden Rohstoffpreise wächst wieder die Sorge um die Nahrungsmittelversorgung der Weltbevölkerung. Kommt da die Biolandwirtschaft mit ihren geringeren Erträgen nicht unter Druck?
Vierbauch: Das ist ein großer Trugschluss. Natürlich kann die biologische Landwirtschaft einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Nahrungsmittelversorgung leisten, denn es geht ja um eine umweltfreundliche Landwirtschaft, die in Kreisläufen wirtschaftet und dafür sorgt, dass die Menschen ohne Abhängigkeit von Düngemitteln und Erdöl Nahrungsmittel erzeugen können – nicht nur für sich selbst, sondern vielleicht auch für zwei, drei andere. Aber primär ist der Zugang zu Saatgut und zu Land zu regeln, damit man in der Ernährung der Weltbevölkerung einen Schritt weiterkommen kann, denn man darf nicht vergessen: 50 Prozent der hungernden Bevölkerung lebt auf dem Land.


Salzburger Nachrichten Wirtschaft / 17.02.2011

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